Derzeit laufen in der jüdischen Gemeinde die Vorbereitungen für Purim auf Hochtouren, vor allem Süßes, steht am 16. März hoch im Kurs, wie Tatjana Malafy zeigt. Foto: Siegmeier

Die Sorge um die Menschen in der Ukraine treibt Tatjana Malafy, Geschäftsführerin der Israelitischen Kultusgemeinde, um. Die Drähte laufen heiß, damit geholfen werden kann.

Rottweil - Am 16. März feiert die jüdische Gemeinde Purim – ein Fest der Freude. Die Vorbereitungen in der Synagoge laufen, sagt Tatjana Malafy, deren Telefon dieser Tage nahezu permanent klingelt.

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Tatjana Malafy, Geschäftsführerin der Israelitischen Kultusgemeinde, stehen die Strapazen der vergangenen Tage und die Sorge um die Menschen in der Ukraine förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie kommt kaum zur Ruhe. Gespräche mit Geflüchteten, Bekannten aus ihrer ukrainischen Heimat, Menschen, die helfen möchten und vieles mehr bestimmen ihren Alltag. Die Sorgen um Bekannte, Freunde und Familie in der Ukraine sind groß. "Ich habe inzwischen meine Tochter und meinen Sohn mit in die Organisation eingebunden, da ich es allein nicht mehr schaffe", sagt sie.

Purim-Fest in Vorbereitung

Ganz nebenbei wird dieser Tage aber auch das Purim-Fest in der Gemeinde vorbereitet, das am 16. März gefeiert wird. Alle Hoffnung ruht auf Purim, erzählt Malafy, denn Purim gibt Juden Zuversicht, wenn sie in Bedrängnis geraten. Vordergründig gleicht das jüdische Fest eher dem Karneval. Man verkleidet sich, es wird Wein getrunken und Süßes gegessen. Doch das Fest ist tiefgründig und erinnert an Ereignisse, die das biblische Buch Esther schildert. Esther gelingt es, das vom Judenfein Haman geplante Pogrom abzuwenden und die Juden vor der Vernichtung zu retten. Esther hatte, so heißt es in der Schrift, gefastet, um sich auf die große Aufgabe vorzubereiten.

So wird auch in diesem Jahr an Purim zunächst gefastet, bevor dann das Wunder gefeiert wird. "Purim ist ein Fest der Wunder, bei dem sich Böses in Gutes wandelt", erklärt Malafy. Und in diesem Jahr ist die Hoffnung der Gemeinde auf ein solches Wunder besonders groß.

Geflüchtete werden aufgenommen

Zur jüdischen Gemeinde in Rottweil zählen Russen und Ukrainer – angesichts des Kriegs eine prekäre Konstellation? "Nein, das ist es überhaupt nicht. Unsere Gemeinde ist gut gewachsen und zusammengewachsen. Wir kommen alle sehr gut und friedlich miteinander aus", betont Malafy. Alle würden derzeit zusammenhelfen, um Spenden zu sammeln und anzunehmen, Geflüchtete aufzunehmen und manches mehr.

Während des Pressegesprächs wird die Situation der Geflüchteten plötzlich hautnah erlebbar. Malafys Sohn Michael hat eine kleine Familie nach der langen Flucht aus der Ukraine in Stuttgart abgeholt und nach Rottweil gebracht. Tatjana Malafy begrüßt sie herzlich, als sie vor der Synagoge aus dem Auto steigen.

Die junge Frau mit ihrem Sohn und dem kleinen Hund hat lediglich ihre Papiere aus der Ukraine mitnehmen können, sonst nichts. Keine Kleidung, keine persönlichen Sachen. Alles blieb zurück. "Es waren noch zwei Plätze im Bus frei. Es musste ganz schnell gehen", erzählt Malafy, froh und sichtlich glücklich darüber, dass alles geklappt hat und sie in Sicherheit sind. Was aus der Wohnung und den Habseligkeiten der Familie wird, das weiß keiner.