Das Sportzentrum des TSV Calw  Foto: TSV Calw

Herzlichen Glückwunsch! Der mit Abstand größte Verein im Sportkreis, der TSV Calw, feiert an diesem Samstag seinen 175. Geburtstag. Ausgehend vom Gründungstag, dem 18. September, startet ein ganzes Festjahr, in dem jeden Monat etwas anderes geboten sein soll.

Calw - Eigentlich war alles ganz anders geplant gewesen. Eigentlich. Bereits früh wurde aber klar: "Corona macht uns einen Strich durch die Rechnung", erzählt Benjamin Knoll, Geschäftsführer des TSV Calw, im Gespräch mit unserer Redaktion. Und das Festjahr zum 175-jährigen Bestehen des Vereins würde nicht 2021 sein. Zumindest nicht von Januar bis Dezember.

So fiel die Entscheidung, am Tag der Gründung, dem 18. September, zu beginnen – und sich bis zum 17. September 2022 monatlich etwas Neues einfallen zu lassen. Der Auftakt ist nun gemacht. Nicht mit dem Festakt, wie zeitweise angedacht (angesichts der Pandemie erschien das schlicht zu unsicher), dafür aber mit einer groß angelegten Flyer-Aktion: An diesem Samstagmorgen dürfte in jedem Calwer Haushalt ein Handzettel eingetroffen sein; verteilt in der Nacht, von rund 40 Helfern.

Ein Handzettel, der auf ein buntes Programm verweist. Denn statt eines großen Festes soll es viele verschiedene feierliche Momente geben – stets mit dem Blick auf die Möglichkeiten, die Corona den Organisatoren lässt. Eine Herausforderung auch für den achtköpfigen Festausschuss, der unter Umständen flexibel reagieren muss. Bei der Umsetzung wiederum sind alle Mitglieder gefragt, querbeet durch alle Abteilungen.

Viele Details stehen noch nicht abschließend fest

Viele Details stehen bislang noch nicht abschließend fest. Der Fahrplan ist dagegen klar. Im Oktober ist ein Wandertag vorgesehen. Der November hält eine Überraschung bereit, zu der momentan noch keine Informationen preisgegeben werden. Im Dezember soll es ein eigenes TSV-Kochbuch geben, gefüllt mit den Lieblings-Rezepten der Mitglieder. Der Januar wartet mit der "TSV-Hüttengaudi" auf, die rund ums Sportzentrum geplant ist. Für Februar wird eine Geschichts-Ausstellung zum Verein konzipiert, im März eine TSV-Jugendskiausfahrt auf die Beine gestellt. Der tatsächliche Festakt ist für April angesetzt. Im Mai steht ein Spendenlauf für die DKMS auf dem Programm. Die DKMS betätigt sich vor allem auf dem Feld der Registrierung von Stammzellspendern, um weltweit Blutkrebspatienten zu helfen. In diesem Zuge ist daher auch eine Typisierungs-Aktion in Calw vorgesehen. Im Juni ist eine Gesundheitsmesse geplant und im Juli wird für einen längeren Zeitraum ein TSV-Biergarten hinter dem Sportzentrum aufgebaut. Ausgefallene Sportarten, die der Verein bislang nicht im Portfolio hat, sollen bei einer Trendsportwoche im August ausprobiert werden können. Seinen Abschluss findet das Festjahr dann bei einer Party am 17. September 2022.

Insgesamt, so berichtet Knoll, solle das Jubiläumsjahr auch dazu beitragen, "dass die einzelnen Abteilungen mehr miteinander zu tun haben". Das sei zwar einerseits durch das gemeinsame Sportzentrum in den vergangenen Jahren bereits geschehen. Dennoch hätten viele den Wunsch geäußert, dies noch zu verstärken.

So sehr ein Jubiläum die Möglichkeit bietet, um zurückzublicken, so sehr drängt sich doch auch der Blick in die Zukunft auf. Trotz aller Professionalität gelte es, noch professioneller zu werden, skizziert Knoll im Gespräch. Auch Kooperationen mit anderen Vereinen zu stärken gehöre zu seinen Visionen. Und, nicht zuletzt, das Thema Jugendarbeit. "Wie bringen wir uns in den Schulen ein?", sei dabei eine wichtige Frage. Angesichts voller Terminkalender bereits im jungen Alter werde es immer schwieriger, dass die "Kinder zu uns kommen. Deshalb müssen wir zu den Kindern kommen", sagt Knoll. Irgendwann, so schwebt ihm vor, solle auch ein selbst betriebener Kindergarten mit dem Schwerpunkt Sport hinzukommen.

Verein will Ansprechpartner in allen Lagen werden

Kurzum: Wenn es um Sport gehe, möchte der TSV zum umfassenden Ansprechpartner in allen Lagen werden – während zugleich auch der sportliche Erfolg bei Wettbewerben nicht vernachlässigt werden dürfe.

Überhaupt: Wie zukunftsfähig Sport sein dürfte, habe nicht zuletzt die Pandemie gezeigt. Insbesondere nach dem zweiten Lockdown sei die Nachfrage riesig gewesen, berichtet Knoll. "Ich kann mich nicht erinnern, je so viele Anfragen nach Angeboten bekommen zu haben", sagt er. Vielleicht gerade weil Sport bei den meisten Corona-Verordnungen gar keine Rolle gespielt habe. Obwohl erwiesen sei, wie wichtig Bewegung für die Gesundheit sei.

Zu den Mitgliedern habe man in dieser schwierigen Zeit indes trotz allem den Kontakt halten können. Von diesen wiederum durfte der Verein "eine extrem hohe Solidarität erfahren". Ein gutes Zeichen zum runden Geburtstag. Scheint, als könnten die nächsten 175 Jahre kommen.

Meilensteine des Vereins

14. März 2020: Die Zäsur Corona: "Mit sofortiger Wirkung", so erzählt Benjamin Knoll, Geschäftsführer des TSV Calw, werden alle Angebote des Vereins eingestellt; zwei Tage später schließt auch das TSV-Sportzentrum. Es ist wohl das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass beim TSV alle Räder still stehen.

 10. bis 12. November 2017: Das TSV Sportzentrum wird mit einem Festwochenende eingeweiht – nach rund 20 Jahren der Planung und einjähriger Bauzeit.

 27. Juni 2008: Die Faustballanlage zwischen Alzenberg und Altburg eröffnet den Betrieb. In der Folgezeit erringen die Sportler spektakuläre Erfolge. 2019 holen die Frauen erstmals den Titel des Deutschen Meisters.

 1996: Die Kindersportschule (KiSS) wird gegründet – und startet mit gerade Mal fünf Kindern. Heute sind es rund 330 Jungen und Mädchen in 22 Klassen.

 1994: Hugo Bott übernimmt den Posten des TSV-Vorsitzenden, kurz darauf wird die Hauptamtlichkeit eingeführt. Ein außergewöhnlicher Schritt für die damalige Zeit. 27 Jahre lang fungiert er als "Visionär, Ideengeber, Macher und er hatte für jeden im Verein immer ein offenes Ohr", schreibt der TSV auf seiner Homepage – als Nachruf, als Hugo Bott im April dieses Jahres verstirbt. Die Trauer ist groß.

 1971: Der TV Calw und der TSV Alzenberg fusionieren; fortan trägt der gemeinsame Verein den Namen TSV Calw.

1945: Mit dem Einmarsch französischer Soldaten endet der Zweite Weltkrieg in Calw. Für einige Jahre müssen praktisch alle Aktivitäten eingestellt werden, erst ab Frühjahr 1950 kommt das Vereins leben wieder in Schwung.n 1926: Zwischen Calw und Hirsau entsteht ein Sportgelände mit Halle und Freibad. Der Platz kostet 6000, der Ausbau des Geländes 15 000 Mark. Die Stadt beteiligt sich mit einer Summe von 2000 Mark. 1999 wird das alte Sportheim abgerissen, das Gelände im Jahr 2006 an die Stadt verkauft. Der Erlös fließt später als Finanzierungsbaustein in die Errichtung des Sportzentrums.

 18. Februar 1870: Die neue Turnhalle am Brühl wird ihrer Bestimmung übergeben. Der Bau war im Jahr zuvor beschlossen worden und schlägt mit rund 8000 Gulden zu Buche. Der Verein steuert dazu 2500 Gulden bei – gegen das Recht auf Mitbenutzung. Erst im Jahr 2013 wird dort der Betrieb eingestellt, 2014 zieht der Gastronomiebetrieb Brauhaus Schönbuch ein.

 18. September 1846: 16 Männer – darunter Kaufmänner, Apotheker, ein Lehrer und ein Postpraktikant – gründen den Turnverein Calw. Zunächst stehen Turnen und Fechten auf dem Programm.

Der TSV in Zahlen

2451 Mitglieder zählte der TSV Calw zum 1. Januar 2021. Der Verein rangiert damit mit einigem Abstand auf Platz eins in Sachen Mitgliederstärke im Sportkreis Calw.

 Knapp 200 Trainer sind für den TSV im Einsatz, rund 80 Prozent davon engagieren sich ehrenamtlich.

 Drei eigene Anlagen betreibt der TSV: das Sportzentrum in der Bahnhofstraße, die Faustball-Anlage zwischen Altburg und Alzenberg und eine Jugendskihütte im Poppeltal.

 17 Abteilungen sind unter dem Dach des TSV vereint – von Ballsportarten bis Boxen, von Freizeitsport bis Fechten, von Triathlon bis Taekwondo.

 300 Stunden Sport bietet der TSV quer durch alle Abteilungen pro Woche an.

n Zwei vereinseigene Busse sind für den TSV unterwegs – und fahren pro Jahr rund 40 000 Kilometer.

n Neun Vereine haben mittlerweile Kooperationsvereinbarungen mit dem Verein. Diese ermöglichen deren Mitgliedern, im Sportzentrum des TSV zu trainieren.