IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger (links) hat die Wirtschaftsredakteure Sabine Marquard und Walther Rosenberger von den Stuttgarter Nachrichten ausgezeichnet Foto: Köster

Leiharbeit und außertarifliche Beschäftigung: Für ihre „herausragende Berichterstattung“ sind die Redakteure Sabine Marquard und Walther Rosenberger am Mittwochabend ausgezeichnet worden.

Stuttgart - Menschlichkeit und Gerechtigkeit waren die Themen, die dem Stuttgarter Gewerkschafter Willi Bleicher bis zu seinem Tod im Juni 1981 am Herzen lagen. In der Landeshauptstadt arbeitete sich Bleicher bis zum Bezirksleiter der IG Metall hoch. Präsent bleibt der angesehene Gewerkschafter über seinen Tod hinaus. Deutschlandweit heißen Straßen nach ihm, Autoren und Regisseure verarbeiten sein Leben in Büchern und Filmen. Und seit drei Jahren verleiht die IG Metall den mit 1500 Euro dotierten Willi-Bleicher-Preis.

 

Die Gewerkschaft prämiert Beiträge, die sich kritisch mit dem Wandel der Arbeitswelt auseinandersetzen und eindrucksvoll die Konsequenzen und Herausforderungen für die Beschäftigten im Südwesten aufzeigen. Zwei Wirtschaftsredakteure der Stuttgarter Nachrichten haben in diesem Jahr die Ansprüche erfüllt: Sabine Marquard und Walther Rosenberger nahmen am Mittwochabend in der Stuttgarter Rosenau den Preis entgegen. Im Artikel „Der Hausmeister und die Landesbank“ (Thema: Streitfall Leiharbeit) bereichert Marquard aus Sicht der Jury Facetten der Leiharbeit (wie Missbrauch) um einen weiteren Aspekt: die Grauzone zwischen Werkverträgen und Leiharbeit. „Das gelingt ihr konsequent und sehr überzeugend am Beispiel eines bei der Landesbank LBBW eingesetzten Hausmeisters“, heißt es in der Begründung.

Welchen Preis die Top-Verdiener in der Wirtschaft – sogenannte außertariflich Beschäftigte – für Privilegien wie Dienstwagen, Firmen-Handy und weitere Vergünstigungen zu bezahlen haben, ist ein bislang vernachlässigter Aspekt in der Berichterstattung. Rosenberger beleuchtet ihn am Beispiel des Esslinger Maschinenbauers Festo im Beitrag „Mitarbeiter stellen Festo auf den Kopf“ (Thema: Neue Arbeitsregeln für Topleute). Ein Artikel, der nach Meinung der Jury „ein herausragendes Beispiel für „Constructive News“ ist: weil er Missstände unverblümt und nüchtern benennt. Und weil er zeigt, dass es auch anders geht, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber nur an einem Strang ziehen.

Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, sprach den ausgezeichneten Journalisten Anerkennung aus. „Die vielen Beiträge bestätigen unsere Auffassung, dass es richtig und notwendig ist, sich mit dem Arbeitsalltag der Menschen zu beschäftigen“, sagte er weiter. In Zukunft werde es noch wichtiger, solche Themenöffentlich zu machen: „Die Veränderungen in der Arbeitswelt werden nicht weniger, sondern mehr. Neue Technologien wie Industrie 4.0 stellen bisher ungekannte Flexibilitätsanforderungen an die Belegschaften – bei wachsendem Leistungsdruck“, sagte Zitzelsberger.

Die weiteren Preisträger: Kategorie Fernsehen: Claus Hanischdörfer, SWR/ARD, für „Deutschland ungerecht – Was Wähler ändern würden“ (Thema: Fleischbranche). Kategorie Hörfunk: Anna Koktsidou, SWR 2, für „In Würde altern, ohne Würde pflegen?“ (Thema: ausländische Frauen in deutschen Haushalten). Kategorie Nachwuchs: Lara Fritzsche, SZ-Magazin, für „Schritt für Schritt“ (Thema: Schlecker-Frauen gründen ihre eigene Drogeriekette).