Ja, ein bisschen „aus der Zeit gefallen“ sei die Sache mit dem Konklave zur Papstwahl schon, räumt der Münsterdekan Josef Fischer im Gespräch ein. Dabei erläutert er aber auch, warum er das genau so für richtig hält – und wofür es heute noch einen Papst braucht.
Es ist Tag Eins nach dem weißen Rauch über der Sixtinischen Kapelle. Hat er sich auch längst verzogen, hat sich die Aufregung um Papst Leo XIV. aber noch längst nicht gelegt.
Und auch der Dekan Josef Fischer blickt von seinem Villinger Münster aus neugierig, nachdenklich und auch reichlich hoffnungsvoll nach Rom.
Er gehörte zu jenen, die das Konklave wachen Auges verfolgten. Aber eine ganze Gruppe Kardinäle, die sich für die Wahl eines Kirchenoberhauptes womöglich tagelang wegsperren lassen und lediglich mit Rauchzeichen mit der Außenwelt kommunizieren, ist das heute wirklich noch zeitgemäß?
Eine Scheibe von der Kirche abschneiden
Josef Fischer muss lächeln. Aus der Zeit gefallen scheine dieses Prozedere in „unserer modernen Zeit und Welt“ durchaus, gibt er zu. Aber: Gerade jetzt sei die Wahl des Papstes in seinen Augen „eine sehr gute Sache.“
„Wir erleben ja gerade wie Gesellschaften durch die Art, wie bei uns gewählt wird,
zunehmend in ihrer demokratischen Grundstruktur und in ihrer Aufgabe
eine soziale, gerechte und freiheitliche Verantwortungs- und Lebensgemeinschaft
zu bilden, gefährdet sind.“ Seiner Argumentation folgend könnte sich die politische Welt also von der Herangehensweise der Kirche gewissermaßen eine dicke Scheibe abschneiden: „Da hat die römisch-katholische Kirche mit ihrer Ordnung zur Wahl eines Papstes eine sehr interessante, andere Tradition“, findet Fischer nämlich.
Philosophisches über das Moderne
Braucht man heute überhaupt noch einen Papst? Für Fischer steht das offenbar außer Frage. Schließlich werde das enorme Gewicht des Konklave und des Papstamtes nicht zuletzt durch das weltweite Medieninteresse belegt. „Unsere moderne Zeit und Welt spürt immer stärker, dass sie nicht mehr allein sich selbst genügen kann. Deshalb ist etwas, das aus der Zeit gefallen ist, gerade deshalb von großer Wichtigkeit, weil es aus der Zeit gefallen ist“, schlägt Fischer schließlich nachdenklichere Töne an. Und dann fügt er hinzu: „Oder anders gesagt: Das eigentlich Moderne ist nicht das, was unserer Zeit entspricht, sondern das, was sie in ihrem Denken und in ihren Abläufen herausfordert.“
So schätzt er das neue Kirchenoberhaupt ein
Er selbst habe den jetzt zum Papst Leo XIV. gewählten Kardinal Robert Francis Prevost nicht gekannt. „Deshalb kann ich nicht sagen, was für ein Mensch er ist und welche Wahl getroffen wurde.“ Aber der Eindruck, den der neue Papst auf ihn mache, sei „freundlich, ruhig, konzentriert, etwas angespannt und doch selbstbewusst“. Unterm Strich: „Es war gut, dass er bei seinem ersten Auftreten nicht Franziskus kopiert hat, sondern bewusst
als er selbst, als ein anderer Mensch und ein anderer Papst das stand. Trotzdem hat er die Verbindung zu seinem Vorgänger aufgezeigt.“
Welch große Hoffnung und Erwartung auch der Münsterdekan aus Villingen in den neuen Pontifex legt, wird abschließend deutlich. Nach allem, was er lese, höre und selbst gesehen habe, sei Papst Leo ein Mann, „der das weiter entwickeln kann und zum Wachsen bringen kann was Franziskus gesät und gepflanzt hat. Sicher wird er das aber auf andere, auf die ihm eigene Weise tun. Und so wird es, da bin ich zuversichtlich, auch gut und richtig sein.“