Rollendebüt: Pablo von Sternenfels als Petruccio in „Der Widerspenstigen Zähmung“ Foto: Ballett

Klassiker in neuem Licht: Das Stuttgarter Ballett zeigt als Wiederaufnahme John Crankos „Der Widerspenstigen Zähmung“ mit Pablo von Sternenfels in der männlichen Hauptrolle.

Stuttgart -

So spritzig dargeboten wie bei der Abendvorstellung am vergangenen Samstag sieht man John Crankos Ballettkomödie „Der Widerspenstigen Zähmung“ nicht alle Tage. Auch wenn das Opernhaus-Publikum dabei erstmals auf ein frisch gemaltes Bühnenbild nach den Originalentwürfen von Elisabeth Dalton schaute und die veränderte Lichtregie (Steen Bjarke) die früher etwas staubig-matte Szenerie mit sepiabraunem Glanz überzog: An dieser Verjüngungskur lag der Erfolg weit weniger als an Pablo von Sternenfels, der als Petrucchio debütierte.

Dieser Petrucchio schafft sie alle. Mit rasantem Tempo, hohen Sprüngen und maskuliner Zielsetzung bricht er zu guter Letzt selbst den Starrsinn von Katharina. Die Tänzerin Elisa Badenes macht mit ihrem jugendlichen Elan aus der weiblichen Hauptfigur eine rebellisches Göre, die unter die Haube gebracht werden muss.

Dass der aus Mexiko stammende Erste Solist, der schon als Spross der Cranko-Schule die Blicke auf sich zog, für die Rolle des machohaften Haudegens mit dem Herz auf dem rechten Fleck geeignet sein würde, war keine Frage. Doch wie selbstverständlich Pablo von Sternenfels die so lässige wirkende, aber hoch anspruchsvolle Choreografie mit seiner Bühnenfigur verknüpft, ist schlicht eine Meisterleistung.

Mit Schinken im Orchestergraben

Mit wegwerfenden Kopfbewegungen und forschenden Blicken macht er klar, dass hier einer agiert, der die eitle Hofgesellschaft mit Lust an der Nase herumführt, aber doch Manns genug ist, seine Liebe zu einer Außenseiterin zu bekennen. So ungebremst wirbelt dieser Petrucchio im zweiten Akt durch seine frisch renovierte Behausung, dass er einen Teller Schinken versehentlich bis in den Orchestergraben schleudert.

Die Musiker unter der Leitung von James Tuggle sind Profis genug, ihrem Spiel den Schreck nicht anmerken zu lassen. Ein Schreck, der auch Pablo von Sternenfels in den Knochen steckt. Nachdem der Vorhang gefallen ist und der neue Petrucchio vom Publikum gefeiert wird, entschuldigt sich von Sternenfels bei den Musikern nicht nur pro forma. Sein Missgeschick scheint ihm die Freude über diesen Erfolg zu trüben.

Weitere Debüts des Abends: Die aus Australien stammende Jessica Fyfe, seit Februar 2016 in der Stuttgarter Kompanie und erstmals als Bianca zu sehen, gestaltet ihren Part mit prickelnder Fußarbeit detailreich und mit großer Spielfreude. Von Adhonay Soares da Silvia als Lucentio wünscht man sich zur superben Technik mit weiten Spreizsprüngen etwas weniger Strahlkraft in Richtung Publikum, dafür mehr Eintauchen in die Rolle. Adam Russell-Jones mimt mit komischem Ernst den heiser flötenden Gremio, und Fabio Adorisio unterhält als Hortensio mit selbstverliebtem Lautenspiel. Treten die drei im Verbund auf, ist bei der synchronen Ausführung ihrer Sprünge mit geflexten Füßen noch Luft nach oben.

Unter den Freudenmädchen beweist vor allem Katarzyna Kozielska ihr komödiantisches Talent. Nicht nur in der Tavernen-Szene wird deutlich, dass auch die Kostüme und Perücken moderat verändert wurden: Weniger Material und weniger grell die Farbgebung – das bekommt dem Gesamtbild. Bleibt die Frage, warum die zierlichen Bistrotische mit ihren Sonnenschirm-Attrappen plötzlich so französisch anmuten? Täuscht man sich? Oder waren sie früher tatsächlich einmal aus Holz und machten sich im derben Geschehen weit besser?

Weitere Aufführungen am 20. Oktober und 27. November sowie am 3., 8., 10., 11. und 13. Dezember.