Joe und Jill Biden wollen in Uvalde Trost spenden. Foto: AFP/MANDEL NGAN

Der US-Präsident reist zu jener Grundschule im texanischen Uvalde, an der ein Schütze vor wenigen Tagen 21 Leben auslöschte. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit treffen die Bidens die Familien der Opfer. Bei ihnen ist die Wut auf die Polizei groß.

Nach dem grausamen Massaker an einer Grundschule im Bundesstaat Texas hat US-Präsident Joe Biden die betroffene Gemeinde Uvalde besucht. Biden und seine Ehefrau Jill verbrachten am Sonntag (Ortszeit) mehrere Stunden mit Angehörigen der Todesopfer und mit Überlebenden des Amoklaufs. Das Treffen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die Bidens legten Blumen vor der Schule nieder, an der ein 18 Jahre alter Schütze am Dienstag 19 Kinder und zwei Lehrerinnen erschossen hatte. Außerdem trafen sie Einsatzkräfte und besuchten einen Gottesdienst in der Gemeinde, die unter Schock steht und in der sich angesichts dramatischer Versäumnisse bei dem Polizeieinsatz viel Wut breit macht. Das US-Justizministerium will das Vorgehen der Polizei nun untersuchen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Donald Trump will mehr Waffen an Schulen

Der Angreifer hatte sich am Dienstag mit Schülern und Lehrern in zwei miteinander verbundenen Klassenräumen eingeschlossen und dort mit einem Sturmgewehr das Blutbad angerichtet. 17 weitere Menschen wurden verletzt. Der Täter wurde am Ende von der Polizei erschossen. Über sein Motiv ist bislang nichts bekannt.

Vorgehen der Polizei wirft Fragen auf

Am Freitag hatte die Behörde für öffentliche Sicherheit in Texas neue Ermittlungsergebnisse vorgestellt, die für Fassungslosigkeit sorgten: Demnach waren bereits zu einem frühen Zeitpunkt 19 Polizisten im Flur vor dem Klassenraum postiert, in dem sich der Amokläufer mit Lehrern und Schülern verschanzt hatte. Die Beamten unternahmen aber mehr als 45 Minuten lang keinerlei Versuche, in den Raum einzudringen und den Amokläufer zu stoppen. Stattdessen warteten sie auf Verstärkung, obwohl Kinder aus dem Inneren des Raumes mehrfach verzweifelt bei der Polizei anriefen, um Hilfe zu bekommen. Erst mehr als 75 Minuten, nachdem der Schütze das Feuer eröffnet hatte, drangen Einsatzkräfte in das Klassenzimmer ein und töteten den Amokläufer.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Meghan Markle besucht Uvalde

Die neuen Erkenntnisse zum Ablauf sorgten für einen Aufschrei, vor allem bei den Familien der Opfer. Mehrere Angehörige warfen der Polizei vor, sie hätten Leben retten können, wenn sie nicht derart lange gewartet hätten. Der Direktor der Behörde für öffentliche Sicherheit in Texas, Steven McCraw, hatte am Freitag selbst eingeräumt, es sei ein Fehler der Beamten gewesen, nicht eher in den Klassenraum einzudringen. „Es war die falsche Entscheidung. Punkt“, sagte er. „Dafür gibt es keine Entschuldigung.“

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Warum der Horror niemanden überraschen darf

Das US-Justizministerium kündigte am Sonntag an, das Vorgehen der Polizei zu untersuchen. Der Bürgermeister von Uvalde, Don McLaughlin, habe darum gebeten. Ziel der Untersuchung sei es, einen unabhängigen Bericht über das Vorgehen der Sicherheitsbehörden an jenem Tag zu erstellen und Lehren daraus zu ziehen für andere Attacken. Der Bericht solle am Ende veröffentlicht werden. Um mögliche rechtliche Konsequenzen für einzelne Beamte geht es demnach also nicht.

„Tun Sie etwas“ – „Das werden wir“

Der Präsident und die First Lady trafen in Uvalde neben den Familien der Opfer auch Sanitäter, Psychologen, Feuerwehrleute und Polizisten. Biden hat sich bislang nicht zu den Erkenntnissen über den Polizeieinsatz geäußert. Der Demokrat machte bei seinem Besuch in Uvalde kein öffentliches Statement. Biden reagierte lediglich auf einen Zuruf. Als jemand aus der Menge rief „Tun Sie etwas“, entgegnete Biden: „Das werden wir.“

Der Amoklauf von Uvalde hat die Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA einmal mehr angefacht. Viele Republikaner sperren sich seit Jahren gegen strengere Regularien, wie etwa ein Verbot von Sturmgewehren. Die USA haben seit langem mit einem gewaltigen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen. Im Jahr 2020 waren Schusswaffenverletzungen Todesursache Nummer eins für Kinder und Jugendliche in den USA, noch vor Verkehrsunfällen.