Das Halacha-Institut in Jerusalem entwickelt Ideen, um Arbeitsverbot am Sabbat zu umgehen.

Jerusalem - Der Sabbat ist den Juden heilig und ein Tag, an dem keine Arbeit verrichtet werden darf. Die Regeln der Halacha sind streng, daher entwickelt das gleichnamige Institut in Jerusalem Tricks und Techniken, wie die Verbote umgangen werden können.

Die Männer stehen, die Frauen sitzen. Alle Anwesenden sind elegant gekleidet: die Männer in Schwarz, die Frauen lang. Ein Abendessen in einem Jerusalemer Hotel an einem Freitagabend. Einer der Männer hält ein Glas süßen Weins in der Hand, betet. In dem Hotel kochen und bedienen an diesem Abend nur Nichtjuden. Die Sonne ist untergegangen, der Sabbat hat begonnen - und damit der Tag, an dem Juden keine Arbeit verrichten dürfen. Schon das Einschalten einer Lampe oder eines Elektrogeräts gilt dabei als Arbeit.

Zeitschaltuhren und verblassende Tinte

Seit einigen Jahren werden eigens für den Sabbat Techniken entwickelt, die den jüdischen Religionsgesetzen entsprechen. So gibt es Zeitschaltuhren für Lampen und Geschirrspüler oder Tinte, die nach zwei Tagen verblasst: für Ärzte, die eigentlich an Sabbat keine Rezepte schreiben dürfen. Die verblassende Tinte ist so nicht mehr "dauerhaft" und somit aus Sicht der Halacha unbedenklich.

Bevor strenggläubige Juden derartige Technologien am Sabbat einsetzen können, werden diese Hilfsmittel von Rabbiner Levi Yitzchak Halperin auf ihre Halacha-Tauglichkeit überprüft oder manchmal sogar selbst von ihm entwickelt. Der 77-jährige Rabbiner ist Direktor am Jerusalemer "Institut für Wissenschaft und Halacha" und gilt in der Auslegung der Halacha international als Kapazität. Halacha ist der Name für die rund 1500 Jahre alten Religionsgesetze des Judentums, und Rabbi Halperins Aufgabe besteht darin, orthodoxes Judentum und moderne Welt in Einklang zu bringen.

"Wir erhalten Anfragen aus aller Welt, um zu überprüfen, ob eine Tätigkeit wie beispielsweise das Bedienen eines bestimmten Geräts an Sabbat verboten ist oder nicht", erklärt der Rabbi, in dessen Büro sich alte Schriften des Judentums türmen. "Diese Anfragen kommen von Juden und auch Nichtjuden. Je besser wir die Halacha kennen und auslegen, um so besser verstehen wir auch moderne Technologien."


So kam vor einigen Jahren auch eine Anfrage der Nasa aus den USA. Dort wollte man wissen, was ein jüdischer Astronaut machen muss, um während einer Erdumrundung die religiösen Gebote einhalten zu können. Rabbiner Halperin verfasste als Antwort auf diese komplexe Anfrage ein ganzes Buch, indem er für diesen Fall auch den für orthodoxe Jüdinnen wichtigen Punkt ritueller Waschungen behandelte. Der Rabbiner entschied, dass Astronautinnen mit ihren rituellen Waschungen durchaus bis zu ihrer Rückkehr auf die Erde warten können.

In der Regel beschäftigen sich Halperin und seine Mitarbeiter aber mit ganz alltäglichen Anfragen. Einer seiner Mitarbeiter ist Rabbiner Shmuel Strauss. "Die wichtigsten Institutionen, mit denen wir zusammenarbeiten sind die Nasa, das israelische Verteidigungsministerium und das israelische Raumfahrtzentrum", erklärt Strauss. "Aber auch Lebensmittelunternehmen und Produzenten technischer Geräte wenden sich an uns. Viele Unternehmen schicken uns ihre Produkte, um zu wissen, ob sie Sabbat-tauglich sind".

Kuriose Erfindungen helfen beim Einhalten der Gebote

Ist etwas nicht Sabbat-tauglich machen Strauss und seine Kollegen Änderungsvorschläge. Strauss führt die Besucher in den Flur des Instituts. Dort werden an einigen Beispielen die Erfindungen und Veränderungen an technischen Geräten verdeutlicht. "Ein Unternehmer schickte uns beispielsweise dieses Gerät hier, das uns helfen kann, an Sabbat bestimmte Tätigkeiten durchzuführen." Es handelt sich um ein kurioses Gerät, das am Knie angebracht wird. "Durch entsprechende Beinbewegungen geben Sensoren dann Informationen an die Kaffee- oder Waschmaschine oder das Telefon, und so wird vermieden, dass man die religiösen Gebote am Sabbat verletzt."

Das Institut entwickelt aber auch immer wieder eigene Erfindungen. Darunter befindet sich auch der inzwischen berühmt gewordene Sabbat-Lift, der in zahlreichen israelischen Hotels genutzt wird. Dieser ist eine Erfindung des Instituts. Halperin fand vor etwa 30 Jahren heraus, dass die Bremsen eines Aufzugs beim Herunterfahren Energie erzeugen, was nach der Halacha verboten ist. Die bis dahin gebräuchlichen Aufzüge für orthodoxe Juden hielten automatisch in jedem Stockwerk, damit Strenggläubige nicht auf Knöpfe drücken müssen - denn beim Knopfdruck entsteht ein elektrischer Impuls, was gleichbedeutend ist mit dem Entzünden eines Feuers. Nach Halperins Auslegung verstieß diese Technik gegen die Regeln der Halacha. Halperin ließ deshalb einen Lift entwickeln, bei dem der erzeugte Strom nicht zurück ins Netz fließt.

So gibt es nun schon seit Jahren weltweit eine Reihe von Hotels, in denen dieser "gottgefällige Aufzug" im Einsatz ist, erklärt der Rabbi stolz und verschenkt zum Abschied ein Standardwerk seines Instituts. Titel: "Sabbat und Elektrizität".