Zuletzt fehlte Jeff Chabot nach kurzer Krankheit zweimal in der Startelf des VfB – doch nach der Länderspielpause meldet er sich topfit zurück. Foto: Imago//Harald Bremes

Jeff Chabot ist beim VfB zum Fixpunkt in der Abwehr gereift. Nun geht es am Samstag (18.30 Uhr) zu seinem Jugendclub Eintracht Frankfurt, wo die Stuttgarter hinten drin wieder stabiler stehen wollen.

Als Neuzugang vom 1. FC Köln hat Jeff Chabot beim VfB Stuttgart von Saisonbeginn an sofort Verantwortung in der Viererkette übernehmen müssen. „Ich bin seit dem Sommer hier, habe schon sehr viel mitgenommen – und will mich noch steigern, schauen, wo das Limit ist“, sagt der 27-jährige Verteidiger vor dem Bundesliga-Spiel an diesem Samstag (18.30 Uhr) bei seinem einstigen Club Eintracht Frankfurt.

 

Herr Chabot, nach der Ergebniskrise mit nur fünf von 24 möglichen Punkten hatten Sie mit dem VfB etwas Abstand vom Bundesliga-Alltag. Hat die Länderspielpause gutgetan?

Von der Gefühlslage her war es ein Mix aus zwei Dingen: Einerseits wollten wir als Mannschaft nach dem bitteren 3:4 gegen Leverkusen sofort wieder loslegen, um die Dinge geradezurücken. Auf der anderen Seite war es gut, dass wir ein wenig durchschnaufen konnten. Unsere Nationalspieler sind fit und gesund zurückgekommen – und wir haben alle die Köpfe wieder für die Bundesliga frei.

Zuletzt gab es gegen Bayer Leverkusen zwar ein Spektakel mit sieben Toren, aber keine Punkte. Woran hat es im Schlussspurt gelegen?

Wir wussten alle, dass man Leverkusen nie abschreiben darf; egal, wie hoch man führt. Im Fußball entscheiden sich viele Dinge in Millisekunden – und es war in einigen Szenen auch Pech dabei. Trotzdem darf uns so etwas nicht passieren. Mindestens einen Punkt müssen wir mitnehmen. Das wird uns eine Lehre für die Zukunft sein.

Jetzt spielen Sie in Frankfurt. Im Hinspiel ging es ebenfalls knapp zu.

In der Tat. Wir lagen gegen die Eintracht zwar vor eigenem Publikum ruck, zuck mit 0:3 hinten, sind dann aber auf 2:3 rangekommen – und hatten noch das knappe Abseitstor von Chris Führich zum vermeintlichen 3:3. Die Aufholjagd hat gezeigt, dass wir eine Mannschaft mit Charakter sind. Für mich hatten wir trotz der Niederlage den besseren Tag als Frankfurt.

Ihr Vater ist Berliner, Ihre Mutter Französin – doch aufgewachsen sind Sie im Hessischen, nämlich in Darmstadt. Dann ging es früh zur Eintracht nach Frankfurt. Was bedeutet der Verein für Sie?

Ich habe dort als kleiner Junge sehr viele schöne Dinge erlebt – und Freundschaften fürs Leben geschlossen. Bereits in der E-Jugend bin ich zur Eintracht gewechselt, habe dort Kleinfeld- und Hallenturniere gespielt. Das war einfach schön. Mit 15 Jahren ging es dann nach Leipzig ins Internat. Dort war damals die Verbindung zwischen Schule und Fußball bereits kompakter organisiert. Das war meinen Eltern sehr wichtig.

Wie würden Sie den VfB und die Eintracht vergleichen?

Rund um die Eintracht ist vieles ähnlich wie beim VfB. Beide Vereine haben große Fankulturen – und die Städte leben für ihren Verein. Auch in Frankfurt wird sehr gute Arbeit geleistet. Das sieht man ja allein am Gewinn der Europa League 2022.

Beim VfB hakte es zuletzt. 43 Gegentore hat man bislang kassiert – nur fünf Teams sind in der Bundesliga schlechter. Woran liegt das?

Wir hatten am Anfang in der Abwehr eine Findungsphase, haben gebraucht, um in die Abläufe zu kommen. Wichtige Spieler wie Dan-Axel Zagadou sind ja verletzt ausgefallen. Dann hatten wir eine Zeit, in der es recht gut lief. Wir haben mehrere junge Spieler hinten drin, die alle ein sehr hohes Niveau besitzen, was das Verteidigen und das Spiel mit dem Ball angeht. Es sind oft ein, zwei Details, die zu den Gegentoren führen. Aber wir besitzen das Potenzial, um es besser zu machen.

Trainer Sebastian Hoeneß hat seinen Vertrag bis 2028 verlängert. Ist das ein wichtiges Signal für Sie?

Ich habe bereits in der Vorsaison häufiger von Köln aus in Richtung Stuttgart geschaut. Was die Jungs unter dem Trainer auf den Rasen gebracht haben, das war schon beeindruckend. Jetzt darf ich selbst mit Sebastian Hoeneß und seinem Team auf ganz hohem Level arbeiten. Das freut mich. Ich komme mit dem Trainer sehr gut klar.

Hoeneß hat Sie jüngst mit einem Schmunzeln im Gesicht als einen „ganz feinen Kerl“ bezeichnet, dem er aber als Unbekanntem besser nicht nachts auf der Straße begegnen wolle.

Ich habe das mitbekommen – und musste grinsen, weil ich ja weiß, wie es gemeint ist. Ich bin schon immer ein Wandler zwischen zwei Welten gewesen: Privat bin ich ein anderer Mensch als auf dem Platz. Da bin ich ein ganz ruhiger und entspannter Typ. Ich weiß, dass ich oft anders eingeschätzt werde. Vermutlich, weil ich auf dem Platz weniger lache.

Sie gelten als zweikampfstarke Abwehrkante, sind gut im Kopfballspiel, haben in Dortmund Ihr erstes Bundesliga-Tor geschossen. Würden Sie sagen, dass Sie ein Anführer beim VfB sind?

Man kann ein Anführer auf unterschiedliche Weise sein: Es ist gibt laute und leise Leader. Im Spiel bin ich lautstark. Abseits des Platzes, in der Kabine, ist es für mich aber nicht wichtig, ob man viel oder wenig redet. Man muss zum richtigen Zeitpunkt reden. Wenn du am Ende vom Team und vom Staff das Gefühl vermittelt bekommst, ein Anführer zu sein, ist dies das Wichtigste. Ich weiß, dass ich mit meiner Art vorangehen kann.

Jeff Chabot (Nummer 24) schießt beim 2:1-Sieg in Dortmund sein erstes Bundesliga-Tor im 76. Spiel. Foto: Imag0//Eibner/Fabian Friese

Dank Ihrer Saisonleistungen sind Sie der Abwehrchef des VfB – für einige auch „Jeff, le Chef“.

Das Wortspiel „Jeff, le Chef“ gefällt mir, weil es witzig und speziell ist. Die Bezeichnung Abwehrchef finde ich dagegen generell überbewertet. Ich bin nicht der Typ, der schaut, wo er im Teamgefüge steht. Mir ist wichtig, der Mannschaft zu helfen. Intern ist das ohnehin ganz anders: Hinten drin in der Viererkette sind alle gleichermaßen mit der Aufgabe beschäftigt, kein Gegentor zuzulassen. Da sind alle Rollen gleich wichtig, keiner steht über dem anderen.

Nach der Jugendzeit in Frankfurt folgten bei Ihnen Stationen bei Sparta Rotterdam, dem FC Groningen und Sampdoria Genua. Brauchten Sie diese Zeit, um als Fußballer zu reifen?

Hundertprozentig. Ich habe in den Niederlanden sofort gemerkt, dass das eine sehr gute Liga für mich ist. Es gibt dort viele junge Spieler. Spielintelligenz und Körperlichkeit sind schon da – aber noch nicht so ausgeprägt wie in den Topligen. Dann kam ich nach Italien und habe gleich gemerkt: Jetzt musst du eine Schippe drauflegen, was mir gelungen ist. Die Spieler sind körperlich robuster, im Kopf handlungsschneller – und bringen mehr Erfahrung mit. Es wird schneller gespielt, getackelt, und die Fehler werden gnadenloser bestraft.

Sie sind in dieser Zeit mit Ciro Immobilie, Cristiano Ronaldo oder Zlatan Ibrahimovic auf große Stars des internationalen Fußballs getroffen.

Solche Gegenspieler sind das Nonplusultra. Gegen sie merkt man schnell: Es gibt für dich immer noch ein paar Schritte zu gehen. Ciro Immobile hat sich ganz clever bewegt. Über die Qualitäten von Ronaldo, gerade zu der Zeit, müssen wir ja nicht reden. Er hat mir im direkten Duell zwei Kopfballtore eingeschenkt. Und die Aura und Führungsqualitäten von Ibrahimovic – die bekommst du auch als Spieler der gegnerischen Mannschaft mit. Das war lehrreich für die Karriere und fürs Leben.

Was bringt die Zukunft für Sie und den VfB?

Ich bin seit dem Sommer hier, habe schon sehr viel mitgenommen – und will mich noch steigern, schauen, wo das Limit ist. Ich glaube, da geht für mich noch einiges. Als Team wollen wir natürlich am liebsten international spielen. Weil wir wissen, dass wir die Qualität dazu haben. Im DFB-Pokal spielen wir nächsten Mittwoch im Halbfinale gegen RB Leipzig. Da wollen wir alles tun, um uns und den Fans das Erlebnis Pokalfinale in Berlin zu schenken.