Sozialministerin Katrin Altpeter will in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen und den Landesbeirat für Armutsbekämpfung und -prävention zur Dauereinrichtung machen. Foto: dpa

Im grün-roten Koalitionsvertrag war der Armuts- und Reichtumsbericht für Baden-Württemberg angekündigt. Sozialministerin Altpeter (SPD) will jetzt Nägel mit Köpfen machen.

Stuttgart - Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) will den Kampf gegen die Armut im Südwesten verstärken. So will sie nicht nur in jeder Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht vorlegen, sondern auch den Landesbeirat für Armutsbekämpfung und -prävention zur Dauereinrichtung machen. „Die Situation der sozial Schwächeren ist kein Thema, das uns nur alle paar Jahre beschäftigen sollte“, sagte Altpeter der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Jeder siebte Baden-Württemberger gilt als arm.

Die Vertreter von Kirchen, Verbänden, Kommunen, Gewerkschaften und Arbeitgebern hatten bislang nur die Aufgabe, den Bericht mitzugestalten. Darüber hinaus sollen sie jetzt aber mindestens einmal jährlich tagen. Neben den bislang Beteiligten sollen dann auch die Sozialpolitiker aus dem Landtag dazukommen.

"Charta zur Armutsbekämpfung"

Genau 14,7 Prozent (Stand: 2011) der Baden-Württemberger fallen in die Kategorie arm, wenn man als Maßstab die mittleren Einkommensverhältnisse (Landesmedian) in der Bevölkerung anwendet. Der Wert ist im Vergleich zu 2010 mit 0,7 Prozentpunkten stärker gestiegen als im Bund (0,2 Prozentpunkte). Dabei sind die Frauen mit 15,7 Prozent, die Senioren mit 16,6 Prozent, die unter 18-Jährigen mit 18 Prozent und die 18- bis 25-Jährigen mit 22,1 Prozent besonders von Armut bedroht.

Die Armutsgrenzen werden je nach Familienstand festgelegt: Als arm kann demnach im Südwesten ein Single bezeichnet werden, der weniger als 925 Euro netto zur Verfügung hat. Bei Paaren mit einem Kind liegt dieser Schwellenwert bei 1665 Euro, mit drei Kindern bei 2200 und bei Alleinerziehenden mit einem Kind bei 1203 Euro.

Altpeter kündigte auch eine „Charta zur Armutsbekämpfung“ an. „Wir wollen damit alle Beteiligten - von Land bis zu den Wohlfahrtsverbänden - in die Pflicht nehmen, in ihrem Zuständigkeitsbereich die beschlossenen Ziele zu erfüllen.“ Darunter fallen nach ihren Worten Schritte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bildungs- und Ausbildungsangebote sowie Hilfe bei der Integration in den Arbeitsmarkt. „Schwerpunkt ist für mich die Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut“, sagte die Mutter einer Tochter. „Denn oft wird Armut von einer Generation zur nächsten vererbt - wir wollen diesen Teufelskreis durchbrechen.“

Allerdings sei im Land schon Einiges angestoßen worden: Der millionenschwere „Pakt für Familien“ verbessere Kleinkindbetreuung, Sprachförderung und Schulsozialarbeit. Mit einer in diesem Jahr um 22,5 Millionen auf 40 Millionen erhöhten Förderung des sozialen Wohnungsbaus werde bezahlbarer Wohnraum geschaffen. „Davon werden insbesondere Familien mit geringem Einkommen profitieren.“ Die Sozialdemokratin nannte auch das Landesprogramm „Gute und sichere Arbeit“ unter anderem mit dem Passiv-Aktiv-Tausch für schwer vermittelbare Arbeitslose und Angebote für Teilzeitausbildungen.

Erster Bericht soll 2015 fertig sein

Der erste Armuts- und Reichtumsbericht wird derzeit vorbereitet und soll 2015 mit dem Schwerpunkt Kinderarmut fertig sein. Neben Statistiken sollen darin auch Förderinstrumente analysiert und auf Zielgenauigkeit und Wirksamkeit hin unter die Lupe genommen werden. Auf dieser Basis sollen Handlungsempfehlungen erarbeitet werden. Auch das Thema Reichtum und seine Verteilung im Südwesten soll beleuchtet werden.