Der Auftritt des Bundesjazzorchesters in der Stallhalle sorgte für den beim Rottweiler Jazzfest gewohnt hohen Unterhaltungswert. Gleichsam machte sich Nachdenklichkeit breit.
Die 24-köpfige Bigband unter Leitung von Niels Klein sandte mit ihrem Programm „Irgendwo auf der Welt“ ein klares politisches Signal an Gegner von Demokratie und an Populisten. Erinnert wurde an diesem Abend an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, als etliche Musiker und Komponisten jüdischer Abstammung von den Nationalsozialisten verfolgt wurden.
Die talentierten Musiker auf der Bühne interpretierten neu arrangierte Werke einiger von den Nazis vertriebener Musiker aus den 1920er- und 1930er- Jahren und betrieben damit eindrucksvoll Erinnerungskultur.
Ursprung der musikalischen Bearbeitungen für das Programm „Irgendwo auf der Welt“ waren Klaviersätze, die man in den Entschädigungsakten dieser Künstler gefunden hatte. Stellvertretend für den von den Nazis verfolgten Personenkreis wurde aus den Akten des Komponisten und Musikers Curt Lewinnek zitiert. Er hatte unter anderem den Titel „Einmal glaubt’ ich an deine Liebe“ für den damals bekannten Tenor Joseph Schmidt komponiert.
Es seien zeitgenössische Arrangements, „keine musealen Stücke“, kündigte Projektleiter Henning Vetter an. Davon konnten sich die Zuhörer schnell überzeugen. Nur ansatzweise waren die Originalmelodien noch herauszuhören.
Moderne Stücke
Vorgetragen wurden neue moderne Jazzstücke. Immer wieder brillierten Solisten aus den einzelnen Registern. Auch die Gesangspassagen – vom Vokalensemble stimmsicher vorgetragen – waren größtenteils verfremdet. Zu hören waren Arrangements zu bekannten Schlagerevergreens wie „Schöne Frau, du gehst an mir vorbei“, „Irgendwo auf der Welt“, „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ und „While My Lady Sleeps“.
Als Zugabe erklatschte sich das Publikum den Titel „Warum bist auch du wie die anderen“ von Curt Lewinnek.
Seit einigen Jahren habe man versucht, das Bundesjazzorchester nach Rottweil zu bekommen, jetzt habe es endlich geklappt, sagte Simon Busch bei der Begrüßung. Die Rottweiler Jazz-Lokalmatadoren Magnus und Ferenc Mehl starteten vor etlichen Jahren ihre Musikerkarrieren im Bundesjazzorchester.