„Jahrhunderthochwasser“ sind in Deutschland mittlerweile keine Ausnahme mehr. Viele Politiker wollen die Versicherungen in die Pflicht nehmen - Deutschlands größter Versicherer dreht den Spieß um.
Die Allianz prangert nach dem Juni-Hochwasser Mängel im deutschen und bayerischen Hochwasserschutz an. Vorstandschef Oliver Bäte zog in München einen negativen Vergleich zu den Niederlanden: „Am wichtigsten, auch in Bayern, ist es, dass wir besser bei der Schadenvorbeugung werden“, sagte Bäte bei der Vorlage der Halbjahreszahlen des Dax-Konzerns und größten deutschen Versicherers. „Sie können sich fragen, warum wir in Deutschland fortgesetzt diese hohen Schäden haben.“ Andere Länder wie die Niederlande, „die seit Jahrhunderten unter dem Meeresspiegel leben“, seien besser in der Vorbeugung.
Bei der Allianz allein gingen nach Angaben des Unternehmens nach dem Juni-Hochwasser entlang der Donau und mehrerer ihrer Zuflüsse 11.500 Schadensmeldungen der Kunden ein, die Kosten bezifferte der Konzern auf 292 Millionen Euro.
Insgesamt hat das Juni-Hochwasser nach Schätzungen etwa zwei Milliarden Euro versicherter Schäden verursacht. Inklusive der nicht versicherten Schäden dürfte die Gesamtsumme erfahrungsgemäß noch einmal erheblich höher sein.
Bundesländer fordern Pflichtversicherung
Bätes Kritik bezieht sich unter anderem darauf, dass etliche Kommunen entlang der Donau in den vergangenen Jahrzehnten Baugebiete in Überschwemmungsgebieten ausgewiesen haben. Abgesehen davon hat die bayerische Staatsregierung von sieben seit über zwanzig Jahren geplanten großen Flutpoldern erst zwei fertiggestellt. Bayern und die 15 anderen Bundesländer fordern wiederum die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Hochwasser, die wegen der befürchteten hohen Kosten von vielen Unternehmen einschließlich der Allianz abgelehnt wird.
Was die Geschäftszahlen betrifft, so schnitt die Allianz im ersten Halbjahr besser ab als erwartet. Das operative Ergebnis im zweiten Quartal stieg um vier Prozent auf 3,93 Milliarden Euro, im ersten Halbjahr insgesamt waren es 7,9 Milliarden. Alle drei Geschäftsbereiche - Schaden- und Unfallversicherung, Lebens- und private Krankenversicherung sowie die Vermögensverwaltung legten zu.
Ziel für das ganze Jahr sind 13,8 bis 15,8 Milliarden operativer Gewinn. Die Allianz will aber - ebenso wie die benachbarte Munich Re - vorsichtig bleiben. Für eine Änderung des Ausblicks sei es zu früh, sagte Finanzvorständin Claire Coste-Lapoutre.