Mit ihrem Jahreskonzert nahm die Trachtenkapelle Niederwasser ihr Publikum am Samstagabend in der Hornberger Festhalle mit auf eine musikalische Reise. Das Konzert stand unter dem Motto „Nordische Welten“ und begann mit der „Rückkehr der Wikinger“.
Moderatorin Stefanie Kern leitete mit ihren mit zahlreichen Fremdworten aus der nordischen Mythologie gespickten Moderationen durch das Programm zwischen kraftstrotzenden Wikingern, durch Klimawandel gefährdeten Urlandschaften und fortschrittlichen skandinavischen Gesellschaftsmodellen.
Mit der kraftvollen „Rückkehr der Wikinger“ eröffneten Bässe und Trommeln das Konzert, feine Flötenmelodien lieferten im Mittelteil einen kontrastreichen Blick auf die Kultur der „Nordleute“, deren barbarische Raubzüge in Mitteleuropa gefürchtet waren. Wie zum Beweis drehte die Kapelle zum Finale das musikalische Schiff mit vollen Segeln und kraftvollem Dreifach-Forte noch einmal vor den Wind.
In „Scandinavia“ ließ Dirigent Wolfgang Borho die Musiker ein weicheres Bild des europäischen Nordens als Tourismus-Destination zeichnen. Über verspielte Flötenmotive zum nomadischen Leben der Samen an der Seite der großen Rentier-Herden, das dörfliche Idyll Mittelschwedens und satte Harmonien im Stil des Komponisten Edvard Grieg ging es quasi einmal entgegen des Uhrzeigersinns durch Skandinavien. Den touristischen Kurztrip beendete die Kapelle in Dänemark mit slawischen Tänzen.
„Schmelzende Riesen“ als dramatischer Moment
Im „nordischen“ Programm durfte die Musik aus dem Chorfilm „Wie im Himmel“ nicht fehlen. Kurt Gäble arrangierte „Gabriella’s Song“ für Blasorchester so, dass die Intention des Films auf wenige Minuten konzentriert wird, miteinander Musik zu machen, auf die (leisen) Stimmen im Orchester zu hören, zum gemeinsamen Klanghaushalt das Besondere des eigenen Instruments dosiert beizusteuern.
Damit blieb der dramatische Moment des Konzerts dem Stück „Schmelzende Riesen“ des österreichischen Komponisten Armin Kofler vorbehalten. Gleich zu Beginn setzt die Kapelle ein schönes Melodie-Motiv, das zunächst von den Bässen dominiert wird und die majestätische Schönheit der Alpengletscher wuchtig illustriert. Mit den Schmelzwassern des Frühlings bekommt das Bild durch die Läufe der Holzbläser weitere, zunächst fröhliche Farben beigemischt.
Im Mittelteil wechselt Kofler zu den großen Inlandsgletschern der skandinavischen Arktis. Er lässt sie unter dem steten, unerbittlichen Stakkato-Spiel der Klarinetten und Flöten schmelzen und macht so die Dramatik des Klimawandels musikalisch erlebbar. Aus dem Klagelied der Gletscher erwächst in den letzten Takten ein leises Motiv getragen vom Glockenspiel und den Flöten, das Anlass zur Hoffnung gibt.
Im charakteristischen, an der Gangart der Pferde orientierten Sechs-Achtel-Takt kam die Kapelle mit einem schwedischen Kavallerie-Marsch aus der Pause zurück.
Der Marsch fungierte gleichsam als Aufwärmrunde für das symphonische Klanggewitter des Stücks „Fate of the Gods“.
Da weder dieser englische Titel noch die deutsche Übersetzung „das endgültige Schicksal der Götter“ in der nordischen Mythologie die Wucht des Begriffs „Ragnarök“ abbilden können, musste die Trachtenkapelle diesen Part musikalisch übernehmen.
Vom Diktat der Marschmusik entfesselt, legten sich die Schlagzeuger flankiert von den Bässen auf der linken und den Posaunen auf der rechten Bühnenseite das Orchester zurecht, im epischen Kampf zwischen Gut und Böse behielt Dirigent Borho im wogenden Schlachtengemälde den Überblick, mit einer feinen, aber deutlich wahrzunehmenden Melodie sicherten Flöten und Glockenspiel einem Schößling der Welten-Esche Yggdrasil in der nordischen Mythologie das Überleben.
Von der Wucht des Meisterwerks der symphonischen Blasmusik konnten sich Kapelle und Publikum im Medley zum Disney-Film „Frozen“ erholen. Zum Finale überraschte Borho mit einem Tribut an die schwedische Pop-Band Roxette, überraschend dahingehend, dass am Ende eines skandinavischen Konzertabends wohl viele eher mit einem der vielen für Blasmusik arrangieren Abba-Medleys gerechnet hatten. Mit viel Spielfreude setzten alle Register zu den Roxette-Hits noch einmal pointiert ihre Akzente.
Mit einem furiosen Posaunen-Solo übernahmen Markus Schwer und Norman Ramsteiner zu „The Look“, damit die übrigen Musiker das Publikum zum Mitklatschen auffordern konnten, was sehr gut gelang und nahtlos in den begeisternden Schlussapplaus überging, dem die Kapelle zwei Zugaben (auf dänisch „Extra-Nummer“, so Wolfgang Borho in seinen auf Dänisch gehaltenen kurzen Dankesrede) folgen ließ.
Dank
Vorsitzende Claudia Lauble-Plewa dankte den Gastmusikern, die das Konzert erst möglich machten. An der Klarinette unterstützten Daniel Aberle (Trachtenkapelle Gutach) und Andrea Rank (Stadtkapelle Hornberg), am Tenorhorn Fabian Rank (Stadtkapelle Hornberg), am Schlagzeug Mario Schrenk (Trachtenkapelle Gutach), Niklas Götz (Stadtkapelle Schiltach), an der Posaune Norman Ramsteiner (Stadtkapelle Triberg). Die weiteste Anreise hatte Theo Schönmehl aus Worms am Schlagzeug. Über die Ehrungen werden wir noch berichten.