Ab 15. März werden sich die modernen Wagen, die im Oktober zehn Jahre auf der damals generalüberholten Anlage im Einsatz sind, wieder auf den Gleisen der Sommerbergbahn bergauf und bergab bewegen. Foto: Schabert

Bis Mitte des Monats steht in der Bäderstadt die Bergbahn still. Ins Auge fallende rote Plakate verkünden an den Stationen: "Revision 01.-14.3.2021 – Ersatzverkehr wird eingerichtet". Die Überprüfung der Sicherheit von Schienen, Aggregaten und Wagen ist jährlich vorgeschrieben und nichts Neues.

Bad Wildbad - Durch die Corona-Maßnahmen wird der Sommerberg derzeit nicht von Besuchern regelrecht überrannt, wie dies beim Sturm zu Baumwipfelpfad, Hängebrücke und in die Erholungslandschaft zuvor an schönen Tagen mit langen Warteschlangen in Berg und Tal die Regel war. Deshalb muss der Ersatzverkehr mit dem Bus zwischen König-Karl-Straße bei der Talstation und der Bergstation auch nicht gar so häufig fahren. Abfahrt ist werktags wie sonntags um 8.30, 9.30 und 10.30 Uhr sowie 13, 14, 15 und 17 Uhr im Tal. 15 Minuten nach jeder Bergfahrt besteht die Fahrmöglichkeit von oben in die Stadt.

Bilder belegen, dass solche Untersuchungen und Unterbrechungen des Bergbahnbetriebs wie gegenwärtig schon vor 100 Jahren während des Betriebs mit der ersten Wagen-Generation stattgefunden haben. Diese befuhr die Strecke von 1908 bis 1928. Ältere Wildbader und Besucher der Stadt kennen die zweiten, ersten richtig geschlossenen, nachfolgenden Wagen noch: Diese waren bis 1968 volle 40 Jahre lang auf der 738 Meter langen Strecke, die rund 300 Höhenmeter überwindet. Wer sich ein Bild von den dann folgenden Fahrzeugen machen möchte, der kann zwischen Kreisel und Bahnhof ein Exemplar anschauen. Auch dieses und der zugehörige Zwilling standen 40 Jahre in Dienst.

In Kurzfassung beschreibt ein Schild daneben die Wildbader Bergbahngeschichte. Was nicht dabei steht: Treibende Kraft zur Gründung war der schon 1904 zwecks Verbindung von Klima- und Badekur für ein solches Projekt werbende Kurarzt Wilhelm Josenhans. Stadtschultheiß Karl Baetzner konnte er vom Sinn des Vorhabens überzeugen und wie den damaligen Papierfabrik-Direktor Bernhard Schnitzer – später Chef des Bergbahn-Unternehmens – als treibende Kräfte gewinnen. Sie erreichten, dass eine Aktiengesellschaft mit mehr als 50 Beteiligten die nötigen 200 000 Euro aufbrachte. Aktionäre waren 49 Wildbader, der Calmbacher Sägewerksbesitzer Friedrich Keppler, der Höfener Fabrikant Karl Comerell und einige weitere Wildbad-Freunde von auswärts.

Etwas mehr als ein Jahr Bauzeit

Nach kaum mehr als einem Jahr Bauzeit startete die Sommerbergbahn am 23. Mai 1908 den Betrieb. Die Baukosten lagen um 46 000 über dem Voranschlag von 483 000 Mark. Die Stadt zahlte 1910 die Aktionäre aus und übernahm die Bahn. Die letzte große Grundsanierung und Modernisierung der Gesamtanlage sowie das Einsetzen neuer Wagen wurde nach 44 Wochen Bauzeit im Oktober 2011 abgeschlossen. Gewissermaßen ein kleiner runder Geburtstag kann somit in diesem Jahr begangen werden. Die Kosten von sieben Millionen Euro waren nur tragbar, weil gutes Verhandeln von Stadtoberhaupt Klaus Mack aus dem Konjunkturprogramm von Land und Bund damals Zuschussmittel in Höhe von vier Millionen Euro in die Kasse spülte.

Das 50-jährige Jubiläum der Bahn wurde am 22. und 23. Mai 1958 gebührend gefeiert. Donnerstagabends gab es einen Lampionumzug der Schulkinder und ein Platzkonzert, freitags einen Festakt in der Bergstation und einen Heimatabend in der Neuen Trinkhalle, an dem Musikverein, Liederkranz und Wildbader Schülergruppen mitwirkten. Zur Sprache kam, dass 1955 ein Rekordjahr war, in dem 680 511 Fahrgäste die Bahn nutzten.

In einem Leserbrief schilderte die Bäckerstochter "L. Ruhland geb., Krauß" damals kurzweilig ihre Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Bau: "Als Schulkind erlebte ich die Gründung dieses für Wildbad so wichtigen Projekts aus nächster Nähe. Mein Vater kam in jener Zeit oft recht aufgeregt vom ›Viertele‹ heim, denn der Bau einer Bergbahn auf den Sommerberg erregte die Gemüter der Stammtische in hohem Maße! Eines Morgens erschien Herr Dr. Josenhans persönlich bei meinem Vater in der Backstube, um ihn zum Erwerb einer Aktie zu bewegen. 1000 Mark waren damals eine Menge Geld und schwer mit der Hände Arbeit verdient. Aber der Lokalpatriotismus siegte sofort und in kürzester Zeit waren sich die Herren einig. So wurde das Geld von den Bürgern zusammengetragen. […] Als es soweit war, entstanden längs des Panoramaweges Bauhütten recht primitiver Art und bald darauf wurden diese von italienischen Arbeitern bezogen. Für uns Kinder war dies ein Anreiz, alles aus nächster Nähe mitzuerleben. […] Früh am Morgen ging es mit vollen Körben (damals Zainen genannt) noch warmen Weißbroten den Waasen hinauf; meist schlossen sich noch die Lieferanten des Metzgers an. […] Die Italiener waren ungemein lebhaft und stets zu Scherzen aufgelegt, außerdem waren sie besonders kinderlieb. Mir schmeckte besonders der […] Bohnenkaffee, den wir daheim nie bekamen und der daher jeden Morgen aus einer alten Blechschüssel herrlich schmeckte! Oft gingen wir auch zum Feierabend noch einmal hinauf, das war dann noch romantischer, wie oft durften wir dann die heimischen Spezialitäten kosten wie Ravioli und Spaghetti…"