Oberndorf - Die Umweltschützer im Südwesten wollen die Liste der Tiere, die gejagt werden dürfen, ausdünnen und stattdessen ein Wildtiermanagement einführen. "Auf der Liste sollten nur noch die Tiere stehen, deren Fleisch oder Fell nachhaltig genutzt wird", sagte der Jagdexperte des Naturschutzbundes Nabu, Johannes Enssle, der Nachrichtenagentur dpa. Für alle anderen Tierarten etwa Krähen oder Luchse solle ein Wildtiermanagementplan erstellt werden. Darüber sollten in jedem Landkreis Gremien aus Jägern und Naturschützern entscheiden. Zurzeit wird in Baden-Württemberg ein neues Jagdgesetz erarbeitet. Es soll im nächsten Jahr in Kraft treten.

Auch bei den Tieren auf der Jagdliste, etwa den Wildschweinen, sollten diese neu zu schaffenden Ausschüsse mitreden. "Bislang entscheidet jeder einzelne Jäger, wie viele und welche Windschweine er schießt. Viel besser wäre aber ein regionales Konzept, um dem Problem Herr zu werden", sagte Enssle, der selbst Jäger ist. Dabei müssten auch wissenschaftliche Erkenntnisse einfließen, etwa dass bei der Bekämpfung der Wildschweine besser ganze Familienverbände ausgelöscht werden sollten, statt einzelne Tiere. "Aber Jäger wollen Keiler gerne groß werden lassen, weil sie dann größere Trophäen versprechen. Und Bachen fallen bei ihnen unter Mutterschutz."

Enssle warnte auch davor, den Wolf auf die Jagdliste zu nehmen. Für den Fall, dass er wieder nach Baden-Württemberg zurückkehrt, sei er damit den Jägern in die Hände gegeben. "Wir fürchten, dass er dann doch geschossen wird, etwa mit der Begründung, dass er krank war. Das ist alles schon vorgekommen." Auch für den Wolf müsse es dann einen Managementplan geben, um etwa sein Revier zu beschreiben und Schäden zu ersetzen.

Verschließen sich Jäger wissenschaftlichen Erkenntnissen?

- mehr als 6000 Reviere sind ausgewiesen

Enssle bedauerte, dass sich viele Jäger wissenschaftlichen Erkenntnissen verschlössen. "Hinzu kommt, dass die Lehrbücher veraltet sind und viele Fehler enthalten." Bei den Arbeitsgruppen, die zurzeit über die Reform des Jagdgesetzes beraten, fehle es deshalb auf Seiten der Jäger an fachlicher Kompetenz.

Hintergrund: Jäger im Südwesten

Die Jäger in Baden-Württemberg kommen nach Angaben des Landesjagdverbandes aus allen gesellschaftlichen Schichten. „Die Palette reicht von der Hausfrau über den Landwirt bis zum Professor“, sagte Sprecher Ulrich Baade. Die Häufung von Rechtsanwälten an der Spitze des Verbandes täusche. Dies sei den Anforderungen in dieser Position geschuldet. „Der Jägerverband ist
nicht elitär.“

Die Dimension der Jagd im Südwesten verdeutlichen folgende Zahlen:

- rund 38.000 Jagdscheine

- rund 29.000 Jäger sind im Verband organisiert

- rund 30 Jäger sind hauptamtlich in Privatwäldern angestellt

- mehr als 6000 Reviere sind ausgewiesen

- 56 Jahre ist der Jäger im Durchschnitt alt

- 7 Prozent der Jäger im Verband sind weiblich - Tendenz steigend

- 2000 bis 3000 Euro kostet der Erwerb des Jagdscheins

Die am häufigsten geschossenen Tierarten sind:

- Rehwild mit 150.000 bis 160.000 Stück pro Jahr

- Schwarzwild mit 20.000 bis 60.000 Stück pro Jahr

- Rotfüchse mit 70.000 bis 80.000 Stück pro Jahr

- Hasen mit 10.000 Stück pro Jahr