Das Prysmian-Schiff Leonardo da Vinci verlegt Unterwasserkabel für Strom- und Datenleitungen. Foto: prysmian

Prysmian, die ehemalige Kabel-Sparte von Pirelli, ist weltweit ein zentraler Akteur für die Übertragung von Energie, digitale Lösungen und die Erneuerung veralteter Energienetze – und ein Börsenkrösus.

Ohne die Kabel von Prysmian wäre die Energiewende nicht machbar. Vor einigen Monaten hat der börsennotierte italienische Konzern in der Nähe des stillgelegten fränkischen Atomkraftwerks Bergrheinfeld mit der Verlegung von Hochspannungserdkabeln des Suedostlink-Projekts begonnen. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat Prysmian mit der Installation der Kabel für drei Korridore beauftragt, über die Energie aus Windkraftwerken in Norddeutschland über hunderte von Kilometern nach Bayern und Baden-Württemberg transportiert wird: SuedLink, SuedOstLink und NordOstLink.

 

„Durch die Energiewende sind wir zu einem zentralen Akteur geworden, denn unsere Hochleistungskabel sind ein zentrales Element dafür. Wir ermöglichen sie erst. Mit dem Krieg in der Ukraine haben wir noch an Bedeutung gewonnen“, sagt Chef Massimo Battaini im Gespräch mit unserer Zeitung.

Prysmian ist Weltmarktführer

Prysmian ist der Weltmarktführer im Bereich der zu Lande und zu Wasser verlegten Energie- und Telekommunikationskabel und –systeme. Doch die frühere Tochter des Reifenkonzerns Pirelli ist trotz eines Umsatzes von mehr als 17 Milliarden Euro und einem Börsenwert von fast 20 Milliarden Euro selbst in Italien wenig bekannt.

Die Hochleistungskabel werden in Frankreich, Finnland und in Neapel produziert, andere Kabel an 109 Standorten überall in der Welt. Pirelli hat die Kabel-Sparte 2005 an Goldman Sachs verkauft. 2007 folgte der Börsengang. Durch organisches Wachstum und drei große Akquisitionen ist Prysmian zu einem weltweit tätigen Multi geworden, der 40 Prozent seines Umsatzes und 55 Prozent seines Brutto-Betriebsergebnisses in den USA erwirtschaftet.

Geopolitische Veränderungen haben Prysmian in die Hände gespielt. Mit dem Ende der billigen russischen Gaslieferungen haben sich „die Investitionen in erneuerbare Energiequellen und den Ausbau der Leitungsnetze dafür in Europa innerhalb von fünf Jahren auf 30 Milliarden Euro verzehnfacht“, berichtet Battaini. Prysmian habe in den letzten fünf Jahren 2,5 Milliarden Euro investiert, um die Kapazitäten zu erhöhen.

Analysten sehen glänzende Perspektiven

Die Perspektiven sind glänzend – finden Analysten. Denn die Kabel von Prysmian sind auch im Hinblick auf die Digitalisierung, die Ertüchtigung von Leitungsnetzen und für die Telekommunikation von zentraler Bedeutung.

Im wichtigsten Markt, den USA, liegt der Schwerpunkt anders: „Mit der Wahl Trumps werden die USA noch wichtiger für uns. Dort ist die Erneuerung der völlig veralteten Energienetze für die Anbindung von Haushalten und Unternehmen, aber auch von Daten-Zentren, zentral. Trump will dafür mehr Geld zur Verfügung stellen. Wir sind durch die Übernahme von General Cable und Encore Wire mit mehr als 30 Fabriken in den USA ein lokaler Akteur“, so Battaini.

Schlechter lief es in den letzten Jahren im Telekom-Sektor, der nach einer starken Expansion bis 2022 in die Krise geriet. Doch Battaini sieht die Perspektiven auch hier grundsätzlich positiv. Die Nachfrage ziehe wieder an.

Battaini prüft eine Börsennotierung in New York. Battaini will „Zugang zu Investoren bekommen, die in Italien nicht präsent sind. Es kommt hinzu, dass der US-Markt besonders stark wächst und mit uns vergleichbare Unternehmen wesentlich höher bewertet werden als Prysmian.“ Doch es gibt auch Punkte, die dagegen sprechen: „Eine Notierung in den USA würde uns zur Einhaltung strengerer Regeln verpflichten, ist komplex und verursacht höhere Kosten.“

China spielt für Prysmian keine Rolle

Durch den Kauf der amerikanischen Encore Wire im April 2024 ist der Schuldenstand auf etwa 4,2 Milliarden Euro gestiegen. Doch Vorstandschef Battaini denkt an weitere Akquisitionen. Der Cash Flow sei sehr stark: „Wir haben keine Übernahme in der Pipeline, aber Akquisitionen von 1 bis 1,5 Milliarden Euro sind machbar.“ Bei Übernahmen denkt Battaini an Nordamerika und Europa, aber auch an den Mittleren Osten. Von China lässt er dagegen die Finger: Dort sei der Markt schwierig und sehr wettbewerbsintensiv.

Hauptkonkurrenten Prysmians sind die französische Nexans und die niederländische NKT, doch eine Übernahme schließt Battaini schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen aus.

Im März will Battaini auf einem neuen Kapitalmarkttag einen neuen Strategieplan vorstellen. „Wir müssen unsere Vorhersagen anpassen, denn durch die Übernahme von Encore Wire haben wir viele unserer für 2027 angepeilten Ziele schon 2024 erreicht.“ Battaini peilt für 2024 ein Betriebs-Ergebnis von zwei Milliarden Euro an.

Auftraggeber Deutschland

Zentral
Deutschland ist zentral für Prysmian. „Allein die drei Korridore in Deutschland haben für uns ein Auftragsvolumen von sechs Milliarden Euro“, berichtet Konzernchef Battaini. Prysmian stellt in Deutschland auch Kabel für die Verbindung von Offshore-Windparks in der Nordsee her und verlegt mit Spezialschiffen Unterseekabel nach Skandinavien.

Wichtig
Auf Deutschland entfällt etwa die Hälfte des gesamten Auftragsbestands von insgesamt 18 Milliarden Euro.