Muss sich auf Anordnung der Justiz um Senioren kümmern: Silvio Berlusconi. Foto: dpa

Silvio Berlusconi ist glimpflich davongekommen. Kein Hausarrest im Luxusheim, gerade einmal vier Stunden Sozialdienst in der Woche bei Senioren. Zwischendurch darf er auch nach Rom.

Silvio Berlusconi ist glimpflich davongekommen. Kein Hausarrest im Luxusheim, gerade einmal vier Stunden Sozialdienst in der Woche bei Senioren. Zwischendurch darf er auch nach Rom.

Rom/Mailand - Aufs Altenteil will er politisch immer noch nicht, in ein Seniorenheim muss Silvio Berlusconi jetzt aber doch. Denn die Mailänder Richter ersparen dem dreifachen italienischen Regierungschef zwar die engen Fesseln eines Hausarrests. Abbüßen muss der skandalumwitterte Medienzar und Milliardär, rechtskräftig verurteilt wegen Steuerbetrugs, seine Strafe aber irgendwie doch.

Also schloss sich die Justiz, von der sich der überführte Straftäter seit Jahrzehnten politisch verfolgt fühlt, der Verteidigung wie den Staatsanwälten an: Berlusconi wird für ein Jahr zum sozialen Dienst an älteren Menschen beordert, in ein Zentrum der katholischen Stiftung Sacra Famiglia in Cesano Boscone. Das liegt nur etwa 40 Minuten von seiner Villa entfernt, Schauplatz der als wild beschriebenen Bunga-Bunga-Feste. Alles in allem kommt Berlusconi damit also doch recht gut weg.

Nicht unter vier Stunden am Stück

„Mindestens einmal in der Woche und dabei nicht unter vier Stunden am Stück“: Diese Pflicht legte nun das Tribunal für den prominenten Verurteilten fest. Bei guter Führung dürfte sich der Dienst auf zehneinhalb Monate verkürzen. Zudem hat das Verbot, die Lombardei in dieser Zeit zu verlassen, große Schlupflöcher: Berlusconi kann auf Antrag von Dienstag bis Donnerstag sein Domizil in Rom aufsuchen.

Damit ist sichergestellt, dass die Leitfigur des rechten Lagers weiterhin am Tiber politisch mitmischen kann. Regierungschef Matteo Renzi braucht ja die Unterstützung der Berlusconi-Partei Forza Italia, um sein Reformprogramm zu verwirklichen.

„Die Entscheidung des Mailänder Tribunals erscheint ausgewogen und zufriedenstellend, auch was die Anforderungen durch die politischen Aktivitäten Berlusconis betrifft“, erklärten seine Anwälte Niccolò Ghedini und Franco Coppi. Und die Parteifrau Michaela Biancofiore fügte hinzu: „Nun wird er sich darauf konzentrieren, uns die bestmöglichen Listen für die Europawahlen im Mai aufzustellen.“ Das ist auch bitter nötig. Denn Italiens Rechte leidet unter den Wirren um den Leitwolf, der keine politischen Ämter übernehmen darf.

Schließlich war Silvio mal Entertainer

Was Berlusconi im Altenheim zu tun hat, ist noch unklar. Ein Mitarbeiter der Stiftung meinte: „Wir erhoffen uns, dass er sich mit unseren behinderten alten Menschen beschäftigt und sie aufheitert.“ Dazu müsste Berlusconi in der Lage sein, kommentierte das linke Blatt „Il Manifesto“. „Schließlich verdiente er sich sein erstes Geld als Entertainer auf Kreuzfahrtschiffen.“  

Aufheiterung hat wahrscheinlich aber auch Berlusconi nötig. Sein einstmals engster Mitarbeiter, der ehemalige Forza-Italia-Senator Marcello Dell’Utri, sitzt in Beirut in Polizeigewahrsam. Ob er nach Italien ausgeliefert wird, ist noch unklar. Libanesische Behörden untersuchen den Fall. Zwischen Italien und dem Libanon besteht allerdings kein Auslieferungsabkommen.  

Dell’Utri drohen in einem Prozess vor dem Gericht im sizilianischen Palermo sieben Jahre Haft wegen Zusammenarbeit mit der sizilianischen Mafia. Doch Ende vergangener Woche floh Dell’Utri nach Beirut – dort machte er einen dummen Fehler: Er nutzte ein altes Handy und seine Kreditkarte. Prompt wurden die Fahnder auf ihn aufmerksam und überraschten ihn in seiner Hotelsuite, wo Dell’Utri jetzt festsitzt.

Enge Kontakte zur Cosa Nostra

Er ist eine der schillerndsten und geheimnisvollsten Persönlichkeiten Italiens.   Der ehemalige Chef des Werbeunternehmens Publitalia gründete Ende 1993 in nur wenigen Monaten für seinen Freund Berlusconi die Partei Forza Italia. Der Sizilianer Dell’Utri wurde schnell auch aus einem anderen Grund für Berlusconi unverzichtbar.   Polizeiliche Ermittlungen und Prozesse offenbarten, dass Dell’Utri zum Kontaktmann zwischen dem Medienzaren und den wichtigsten Bossen der Cosa Nostra wurde. Berlusconi zahlte, und die Bosse sorgten dafür, dass der norditalienische Medienunternehmer in Süditalien ungestört Geschäfte und Politik treiben konnte.

Dell’Utri, so die Urteile in den vergangenen Prozessen, brachte in Berlusconis Schloss bei Mailand auch den international gesuchten Mafiaboss Vittorio Magnano, unter.   Der Medienzar erklärte später, er habe nichts von alledem gewusst, Magnano sei doch nur ein Stallknecht gewesen.

In Wirklichkeit versteckte sich der Boss bei Berlusconi vor der Polizei. Anti-Mafia-Ermittler sind überzeugt: Dell’Utri sorgte dafür, dass Berlusconi die volle Unterstützung der Cosa Nostra genoss.   Eine Unterstützung, die Berlusconi jetzt neue Schwierigkeiten bereiten kann.

Auch finanziell läuft es für Berlusconi nicht mehr so gut wie früher: Im Jahr 2012 sank sein Einkommen auf rund 4,5 Millionen Euro, nachdem der Medienzar im Jahr zuvor noch etwa 35,5 Millionen Euro verdient hatte. Das zeigen jetzt veröffentlichte offizielle Dokumente. Berlusconi bleibt damit zwar weiter einer der reichsten Italiener, doch die Rezession geht auch an seinem Medienunternehmen nicht spurlos vorüber.