Zölle sind ihm eine Herzensangelegenheit: Donald Trump Foto: dpa/Evan Vucci

Der künftige US-Präsident zeigt mit seiner jüngsten Zollankündigung, dass er seine protektionistische „America first“-Agenda knallhart durchsetzen will. Europa muss sich warm anziehen.

Donald Trump macht Ernst: Wer dachte, die Zolldrohungen des früheren und künftigen US-Präsidenten seien nur Verhandlungstaktik, muss umdenken. Mit der Ankündigung, am ersten Tag seiner Amtszeit den Zollhammer gegen China, vor allem aber gegen Kanada und Mexiko auszupacken, zeigt Trump, dass er nicht blufft.

 

„Rücksichtslosigkeit gegenüber Partnern der Freihandelszone“

Von einem „Schocker“ sprach LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer bei der Vorstellung des Wirtschafts- und Kapitalmarktausblicks der Landesbank in Frankfurt. „Es zeigt die Rücksichtslosigkeit gegenüber den Partnern in der Freihandelszone“.

Dass Trump mit Zollsätzen von 25 Prozent ausgerechnet gegen die Nachbarländer schießt, mit denen er selbst während seiner ersten Präsidentschaft einen neuen Handelspakt vereinbart hatte, finden Experten besonders alarmierend. „Freihandelsabkommen sind nicht sicher“, warnt Marktstratege George Saravelos von der Deutschen Bank.

Es scheine nun klar, dass Trump vor keinem bestehenden Deal zurückschreckt. Auch die Dimension der neuen Maßnahmen ist laut Saravelos nicht zu unterschätzen, auch wenn es nur um drei Länder gehe. Zusammen mit der angekündigten zehnprozentigen Zollanhebung auf Importe aus China würden die neuen Zölle 40 Prozent des US-Außenhandels umfassen, da sie die drei größten Handelspartner Amerikas nach der Eurozone betreffen.

Deutschland und Europa blieben zunächst verschont in der „neuen Staffel von Trumps Zollshow“, wie die Analysten der ING-Bank die jüngste Eskalation nennen. Allerdings sollte niemand davon ausgehen, dass das so bleibt. Die Befürchtung in der Politik sei, dass „es nur eine Frage der Zeit ist, bis Trump seine Aufmerksamkeit auf den europäischen Autosektor und Zölle darüber hinaus richtet“.

„Warnschuss“ und kleiner Vorgeschmack für Europa

Die Ankündigung von höheren Zöllen gegenüber Mexiko, Kanada und China sei für Europa ein „Warnschuss“ und gebe schon einmal einen kleinen Vorgeschmack auf das, was auch anderen Ländern drohen könnte, meint Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Heikel sei zudem, dass Trump die Aktionen gegen Kanada und Mexiko mit Einwanderungsfragen begründe, also Grenzen zwischen Verteidigung und Sicherheit und der Wirtschaftspolitik verwische. Das sei „eine neue Qualität in der Diplomatie“.

Bislang hörte man in Finanz- und Wirtschaftskreisen häufig, dass Trump nur Säbelrasseln betreibe, um anderen Regierungen Zugeständnisse abzuringen – nach dem Motto: Die Zollankündigungen sind nur Drohkulisse, so schlimm wird es am Ende schon nicht kommen. Ulrich Leuchtmann, Leiter der Devisenanalyse der Commerzbank, widerspricht deutlich: „Im Gegensatz zu den Szenarien, die uns die Beschwichtiger bislang präsentierten, dürfte es nicht so sein, dass es erst Verhandlungen über US-Forderungen gibt und erst bei ihrem Scheitern Zölle.“ Mit seiner jüngsten Attacke habe Trump gezeigt, dass er erst Zölle erheben und dann verhandeln werde. „Das scheint das zu sein, was uns in den nächsten vier Jahren bevorsteht“, so Leuchtmanns Prognose.

In Deutschland bangen vor allem die Autobauer vor Trumps Zollplänen und einer drohenden neuen Ära der Handelskriege. Die nordamerikanische Freihandelszone ist für viele Hersteller ein wichtiger Teil der internationalen Produktions- und Lieferketten. „Gerade die Zölle gegen Mexiko würden auch die deutsche Automobilindustrie treffen“, erklärt Thomas Altmann, Experte vom Frankfurter Vermögensverwalter QC Partners. Denn hiesige Hersteller produzierten häufig in Mexiko, um die fertigen Fahrzeuge anschließend in die USA zu verkaufen.

Da verwundert es kaum, dass Trumps Zolloffensive die europäischen Börsen absacken ließ und besonders die ohnehin schon schwächelnden Autoaktien noch einmal zusätzlich unter Druck brachte. Der Branchenindex Daxsector Automobile ist im vergangenen Monat um über zehn Prozent eingebrochen. Die Aktien von Daimler Truck, Porsche, BMW und Volkswagen gaben noch stärker nach. Bei Mercedes-Benz betrug der Kursrückgang in diesem Zeitraum gut neun Prozent. Laut Finanzprofi Altmann ist das Börsenschema seit Trumps Wahlsieg klar: „Die Aktienindizes der Länder, die hohe Exportanteile in die USA haben, haben sich bereits am schlechtesten entwickelt“.

Experte: „Katastrophe“ für US-Autoindustrie

Mittlerweile bekommen allerdings auch Anleger an der Wall Street Schattenseiten der protektionistischen Handelspolitik zu spüren. So waren unter den Leidtragenden der Zollankündigung gegen China, Mexiko und Kanada auch die großen US-Autohersteller General Motors und Ford sowie der internationale Autokonzern Stellantis, zu dem der dritte große US-Hersteller Chrysler gehört. Sollten Trumps Zölle in Kraft treten, wäre dies eine „Katastrophe“ für die US-Autoindustrie, schrieb Analyst Daniel Röska von der Investmentbank Bernstein.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum stellte bereits Vergeltungsmaßnahmen in Form von Gegenzöllen in Aussicht, machte jedoch zugleich klar, dass bei einer Eskalationsspirale niemand profitiere. „Auf einen Zoll folgt ein anderer als Antwort und so geht es weiter, bis wir gemeinsame Unternehmen in Gefahr bringen“, sagte die Staatschefin.