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Experten seien zu dem Schluss gekommen, "dass keine Veränderung der Gefährdungslage in Deutschland besteht", sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Samstag.

Berlin - Im Internet ist eine Anschlagsdrohung für deutsche Großstädte aufgetaucht, die von Sicherheitsbehörden aber in Zweifel gezogen wird. Experten seien zu dem Schluss gekommen, "dass keine Veränderung der Gefährdungslage in Deutschland besteht", sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Samstag am Rande einer Tagung der Berliner SPD-Fraktion im mecklenburgischen Göhren-Lebbin.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums war die mysteriöse Video-Botschaft mit Drohungen gegen Berlin, Köln und Bremen auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht, aber bereits am 12. Januar wieder entfernt worden. Körting zufolge sind die Zweifel an der Echtheit dadurch begründet, dass die sonst üblichen Hinweise auf eine bestimmte Gruppe und ihre Symbole fehlten.

Erst am vergangenen Wochenende war ein Video mit Warnungen ausschließlich an Deutschland aufgetaucht. Dieses hatten die Sicherheitsbehörden eindeutig Islamisten zugeordnet, weil darin ein ihnen bekannter Mann mit Zugang zu Führungskreisen des Terrornetzwerks El Kaida auftritt.

In dem nunmehr bekanntgewordenen Film heißt es laut dem Magazin "Focus" auf eingeblendeten Texttafeln: "Wir werden eine Armee senden mitten in eure Stadt, besonders Berlin, Köln und Bremen." Im Hintergrund seien Maschinengewehr-Salven und explodierende Granaten zu hören. "Deutschland und vier andere Länder werden ab Februar '09 Probleme kriegen", heißt es demnach weiter.

Das Innenministerium erklärte: "Beide Videos fügen sich in unsere Bewertung ein, wonach die dschihadistische Propaganda gegen Deutschland eine neue Qualität erreicht hat. Deutschland wird in solchen Botschaften explizit bedroht, auch in deutscher Sprache und mit deutschen Inhalten." Zunehmend würden auch Botschaften von islamischen Extremisten, sogenannten Dschihadisten, aus Deutschland verlesen.

Der Terrorismus-Experte Guido Steinberg von der Stiftung für Politik und Wissenschaft sieht die Gefahr von Anschlägen besonders vor der Bundestagswahl Ende September. "Man kann davon ausgehen, dass El Kaida, wenn sie die Möglichkeiten dazu hat, in den nächsten Monaten deutsche Ziele angreifen wird, um die Wahlen zu beeinflussen, um die Debatte zu Afghanistan zu beeinflussen und damit möglicherweise einen Rückzug deutscher Truppen zu bewirken", sagte er dem ARD-"Bericht aus Berlin". Dies sei auch bei den Anschlägen von Madrid 2004 so gewesen.

Der Sprecher des Videos vom vergangenen Wochenende, der in Marokko geborene Bundesbürger Bekkay H., ist laut "Spiegel" nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden innerhalb von El Kaida an führender Stelle mit Anschlagsplanungen betraut. An seinem mutmaßlichen Aufenthaltsort im nordpakistanischen Waziristan soll er unter dem Schutz eines örtlichen Kriegsherrn stehen. Ein Kommandeur aus dessen Clan sagte dem Magazin, der Deutsche sei in fast alle größeren Anschlagsplanungen in der Region eingebunden.

H. wurde vom derzeit in Koblenz vor Gericht stehenden Islamisten Aleem N. der El Kaida vermittelt, wie Bundesanwalt Rainer Griesbaum der ARD sagte. "Er bekam Empfehlungsschreiben für die El-Kaida- Führung und wurde dann erfolgreich geschleust in Richtung Pakistan- Afghanistan." Den Nachrichtenmagazinen zufolge haben auch H.s zum Islam konvertierte Frau und sein kleiner Sohn Deutschland verlassen.