Innenminister Thomas de Maizière (CDU) Foto: dpa

Ganz offen und straflos konnten Anhänger des Islamischen Staats bisher in Deutschland dessen Symbole zeigen und Kämpfer werben. Das ist nun vorbei. Doch ob das Verbot die Radikalisierung eindämmt?

Deutschland geht den Kampf gegen die Terroristen des Islamischen Staats auch im eigenen Land an: Die IS wird verboten - mit ihren Symbolen wie der schwarzen Flagge.

Berlin - Die Bundesregierung hat der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) alle Aktivitäten in Deutschland verboten. „Wir müssen verhindern, dass radikalisierte Islamisten ihren Dschihad in unsere Städte tragen“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin. Der IS „ist eine Bedrohung - auch für die öffentliche Sicherheit in Deutschland“. Das Verbot betreffe jede Beteiligung am IS, auch Propaganda in sozialen Medien im Internet oder bei Demonstrationen und das Anwerben von Kämpfern. Auch das Tragen von Kennzeichen oder das Spendensammeln ist nun verboten.

De Maizière sprach von einem wichtigen Schritt im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und für die Sicherheit in Deutschland. Jeder Verstoß gegen das Verbot sei eine Straftat. IS-Symbole im Internet sollten gelöscht werden. Dazu sei man in Kontakt mit den Netzbetreibern. Über mögliche Razzien gegen IS-Anhänger oder andere Polizeimaßnahmen könne er nichts sagen.

"Wir wissen nicht, was sie tun"

Das Bedrohungsszenario in Deutschland habe sich durch die Rückkehr radikalisierter Kämpfer aus Syrien und dem Irak verändert, sagte der Minister. „Wir wissen nicht, was sie tun. Es könnte aber sein, dass sie hier Anschläge verüben.“ In Belgien habe es einen solchen Anschlag bereits gegeben. Es könne auch sein, dass sich durch das Verbot die Sicherheitslage in Deutschland verändere. „Aber das kann nicht das Kriterium für die Frage sein, ob man ein solches Verbot erlässt oder nicht.“

Auch in Deutschland sei menschenverachtende IS-Propaganda im Internet abrufbar, sagte de Maizière. Der IS werbe gezielt, aggressiv und auch in deutscher Sprache um Anhänger. Reisen junger Islamisten in Richtung Syrien und den Irak bereiteten große Sorgen. Von den 400 aus Deutschland ausgereisten Männern und Frauen habe sich ein großer Teil in den Machtbereich des IS begeben. Es gebe Hinweise, dass mehr als 40 von ihnen ums Leben gekommen seien, einige davon als Selbstmordattentäter im Irak. Über 100 Islamisten seien bisher zurückgekehrt, „viele frustriert, aber andere mit Kampferfahrung. Sie haben gelernt, zu hassen und zu töten“, warnte der Minister.

"Gutes und wichtiges Zeichen"

Das Verbot ersetze nicht die Auseinandersetzung mit den Gründen der Radikalisierung, sagte de Maizière. Alleine könnten die Sicherheitsbehörden den Kampf nicht gewinnen, weil sich die Radikalisierung oft unbemerkt im Stillen etwa im Internet vollziehe. „Deshalb sind alle gefordert: Eltern, Geschwister, Nachbarn, Freunde.“ Der Minister hob hervor, dass sich auch die großen muslimischen Verbände in Deutschland gegen den „barbarischen Terror“ des IS und den Missbrauch der Religion stellten, der dem Ansehen des Islam schade. „Das ist ein gutes und wichtiges Zeichen.“

Durch das Verbot ist der IS in Deutschland noch nicht als ausländische terroristische Vereinigung eingestuft - dazu ist ein Gerichtsurteil erforderlich. Das Verbot gehört zu einer Reihe von Maßnahmen der Bundesregierung im Kampf gegen die vor allem im Irak und in Syrien tätigen Terroristen. So hat sie neben humanitärer Hilfe für die Flüchtlinge im Irak auch Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak beschlossen, die gegen den IS kämpfen.

Nach Erkenntnissen des Geheimdienstes CIA hat der IS zwischen 20.000 und 31.500 Angehörige im Irak und in Syrien. Die Zahl sei durch eine verstärkte Rekrutierung seit Juni gestiegen, berichtete der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf einen CIA-Sprecher.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte im ARD-„Morgenmagazin“, der IS gehöre auf die Liste der terroristischen Vereinigungen, wofür die Europäische Union verantwortlich sei.

Betätigungsverbote wie gegen den IS sind von den Sicherheitsbehörden bisher etwa 1993 gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK sowie die Nationale Befreiungsfront Kurdistans ERNK verhängt worden - die europäische Führung der PKK. 2008 gab es ein solches Verbot gegen den PKK-Fernsehsender Roj-TV und seinen deutschen Ableger. Betätigungsverbote werden gegenüber ausländischen Vereinen erlassen, die in Deutschland nicht über gerichtsfest nachweisbare Strukturen verfügen, denen aber eine Betätigung im Inland nachweisbar ist.