Arash Rahafar hat in Tübingen eine Demonstration gegen das iranische Regime mitorganisiert. Foto: Kaske

Arash Rahafar ist Iraner und hat in Tübingen eine Demonstration gegen das iranische Regime mitorganisiert. Er hat keine Angst mehr, seinen echten Namen zu nennen und erzählt, was er damit erreichen möchte.

Tübingen - Wir sitzen bei einem Kaffee in der Wilhelmstraße in Tübingen, als Arash Rahafar mir das Bild einer ehemaligen Lebensgefährtin aus dem Iran zeigt, bei dem sie auf dem OP-Tisch liegt: Sie hat eine quer über die Stirn verlaufende Platzwunde. Zugefügt wurde ihr sie von einem Gummigeschoss.

Arash Rahafar ist ein Doktor der Psychologie, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen: "Hier arbeite ich. Die Uni Tübingen hat einen guten Ruf und Tübingen ist ruhig und friedlich." Sein Heimatland Iran steht aktuell im Kontrast dazu. Viele Menschen protestieren dort seit mehr als 40 Tagen gegen ihr Regime, ausgelöst durch einen Mord an einer Kurdin, einer jungen Frau, die ihr Kopftuch nicht wie vorgeschrieben trug und dann in Polizeigewahrsam starb.

Szenen des Protests gegen das iranische Regime: Eine Frau läuft ohne Kopftuch durch die Straßen

Rahafar sind die Hände gebunden, was die Proteste angeht im Iran. Dass ihm die Hände "gebunden" sind, ist nur zum Teil eine Metapher, aber dazu später mehr.

Eine Rede vor 350 Menschen

Trotzdem versucht er, was möglich ist: Vor kurzem hat er eine Demonstration in Tübingen auf dem Holzmarkt mitorganisiert, er hat eine Rede gehalten vor circa 350 Menschen. Die Botschaft war, dass die westlichen Staaten als Protest die iranischen Botschafter ausweisen sollen, dass sie jede Verhandlung in Sachen Atomabkommen abbrechen sollen. Aber hauptsächlich sollte es ein Zeichen der Solidarität sein.

Polizeiverhör im Iran

Auf dem Podest, wie auch hier im Artikel, steht Arash Rahafar mit seinem echten Namen. Das ist kein geringes Risiko. Es gibt informelle Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes, die ihn verraten können, sagt er.

Die deutsch-iranische Journalistin Natalie Amiri über die Lage im Iran, die Rolle Deutschlands und die Wirksamkeit der verhängten Sanktionen:

Und das kann drastische Konsequenzen haben: Im Zuge des Arabischen Frühlings protestierte er schon einmal in Solidarität mit den anderen Protestierenden, damals noch im Iran. "Ich bekam einen Anruf, dass ich zur Polizei-Station kommen sollte. Mir blieb keine Wahl. Sie fesselten mich, wickelten mir eine Augenbinde um den Kopf und verhörten mich zwölf Stunden", erzählt Arash Rahafar. Als er entlassen wurde, musste er unterschreiben, dass er nicht wieder zu den Protesten geht. Und dass er allen seinen Mitstreiterinnen von dem Verhör erzählt – "sie wollten die Angst durch uns verteilen".

Schluss mit der Angst

Mit dieser Angst soll nun Schluss sein. Deswegen tritt er unter Klarnamen auf Demos auf, deswegen hat er ein niederländisches Radio gebeten, seine politischen Beiträge, die dort veröffentlich wurden, nun unter Klarnamen zu veröffentlichen. "Denn dieses Regime ernährt sich von Angst. Wenn wir Ihnen das nehmen, kann es nicht überleben", meint Rahafar. Er richtet sich aber auch direkt an die Unterdrücker. Mit Videos auf Instagram unter dem Namen Dr. Arash Rahafar appelliert er direkt an die Angestellten im Staatsdienst, die die Unterdrückung ausüben und fragt sie, "ob sie morgens noch in den Spiegel gucken können".

Regime schreibt alles vor

Denn dass irgendwann Schluss sein muss mit diesem Regime, das steht fest für ihn: "Sie schreiben dir vor, was du tragen musst, was du essen darfst, wo du hingehen darfst – einfach alle Aspekte des Privatlebens. So kann es nicht weitergehen." Und mit Protesten umzugehen, da sei ihre einzige Lösung, die Protestierenden zu töten und zu unterdrücken. Er hält dagegen: "Man kann die Leute töten, aber die Idee kann man nicht töten." Seiner politischen Einstellung wegen will er sich künftig auch in Deutschland für die Demokratie engagieren – Omid Nouripour von den Grünen ist auch Iraner und ihm dabei ein Vorbild.