Ein Schlag ins Gesicht für Svenja Würth und Co.: Die Kombination der Frauen bleibt bis auf Weiteres nicht-olympisch. Foto: Hildenbrand

Die Entscheidung ist gefallen: Das IOC nimmt die Nordische Kombination der Damen nicht ins Programm der Winterspiele 2026 auf. Auch die Herren mussten zittern.

Alle geforderten Voraussetzungen erfüllt – und deshalb die Zulassung nur Formsache: So hatten es sich die Verantwortlichen um Horst Hüttel, den Sportdirektor Nordische Kombination im Deutschen Skiverband und eine der Triebfedern für die Gleichberechtigung der Damen bei den weltweiten Kombinierer-Events, so ausgemalt, als sie beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) den Antrag gestellt hatten, ab 2026 auch Frauen-Wettkämpfe ins olympische Programm aufzunehmen. Schließlich hatte das IOC im Zuge seiner eigenen Gleichberechtigungs-Kampagne gerade das von den Nordischen Kombinierern gefordert: „Endlich gleiche Strukturen für Damen und Herren, sonst keine olympische Zukunft!“

IOC: kaum Weltcups, kaum Nationen, kaum Interesse

Und dann das: Kurz vor der Bekanntgabe am Freitag sickerte plötzlich durch, dass das IOC die Leistungsdichte der Damen kritisch sieht, ebenso wie die begrenzte Anzahl an Ländern, die an der durch Corona auch noch verzögert angelaufenen Weltcupserie teilnehmen. Schließlich fand 2020/21 nur ein einziger Weltcup statt, alle anderen wurden gekippt, in der Saison 2021/22 waren es immerhin neun. Auch das gemessene TV-Interesse bei den Spielen von Peking 2022 war in den Männerwettbewerben – bis auf in Deutschland – sehr mäßig.

Ganze Sportart vor dem Aus

Plötzlich ging die Angst um: Die gesamte Kombination kippt aus dem Programm. "Die Gespräche der letzten drei Wochen haben vieles bewirkt", ging Hüttel beruhigt in die Verkündung der Entscheidung. Zumindest die Männer-Wettbewerbe waren gesichert, auch wenn ihnen ins Stammbuch geschrieben wurde: "Außerhalb Europas findet man keine Athleten. Die Sportart muss an der Universalität arbeiten: mehr Athleten, mehr Nationen", erläuterte Karl Stoss, IOC-Direktor für das olympische Programm. Nach langen Diskussionen blieben die Männer dabei – aber nur "weil wir es unfair gefunden hätten, die Athleten, die sich jetzt bereits auf Cortina Milano vorbereiten, so kurzfristig aus dem Programm zu kippen", wie IOC-Sportdirektor Kit McConnell erläuterte.

FIS kämpft bis zum Schluss

Die Verantwortlichen hatten also hinter den Kulissen eine Menge Arbeit zu leisten und Vorurteile abzubauen, Daten zu erklären. Die Wettbewerbe in China waren gänzlich unter der Woche, zu ungünstigen TV-Zeiten, die Anzahl der Nationen, die ihre aktiven Frauen zu den Weltcups schicken, ist ähnlich hoch wie bei den Herren ... Bis zum Ende kämpften die Abgesandten des Weltskiverbands FIS beim IOC um die Kombination – mit Erfolg. Und um die Aufnahme der Frauenwettkämpfe – ohne Erfolg.


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IOC fordert bis 2030 "außerordentlich positive Entwicklung"

"Die Situation bei Männern und Frauen ist nicht vergleichbar", erläuterte Stoss, "bei den Damen gab es bisher erst eine WM, es gibt nur zehn teilnehmende Nationen." Daher habe man kontrovers und lange diskutiert, aber die Damen nicht ins Programm aufnehmen können. Die Männer erhalten eine Schonfrist, auch weil der Antrag auf Aufnahme der Damen für 2030 wieder geprüft werde. "Aber die mögliche Aufnahme ist abhängig von einer außerordentlich positiven Entwicklung", erläuterte Stoss, der ankündigte, dass das IOC diese Entwicklung sehr genau prüfen werde.

Svenja Würth rührt die Werbetrommel

Die Baiersbronnerin Svenja Würth, die 2017 WM-Mannschafts-Gold im Mixed der Spezialspringer gewonnen hat und zur Kombination wechselte, war "bis vor ein paar Wochen guter Dinge", was die Aufnahme der Damen-Wettkämpfe ins olympische Programm anging, "doch die letzten Stimmen, die man so gehört hat, waren nicht mehr so positiv". Daher hat sie zusammen mit den anderen Kombiniererinnen auch die Werbetrommel gerührt, "was man aus Athletensicht eben tun kann".

Anzahl der Athleten ein Knackpunkt

Ein Knackpunkt war auch die Anzahl der Sportlerinnen und Sportler, die das IOC für die Winterspiele auf 2900 deckeln will. "Das fiel uns ein wenig auf die Füße", sagt Svenja Würth, "denn wir wären dann 30 Sportlerinnen plus Trainer. Das wäre dann auf jeden Fall so, dass die Athletenzahl höher wird, und das soll wohl auf jeden Fall vermieden werden." Zwar wies die Baiersbronnerin immer wieder auf den Widerspruch hin, "dass in der Agenda 2020 des IOC drinsteht, dass bis 2026 die Gleichberechtigung mit der gleichen Anzahl von weiblichen und männlichen Athleten erreicht sein soll". Doch auch wenn 2026 in der Gesamtheit die "beste Genderbalance" (Stoss) erreicht sein wird – den Kombiniererinnen wird es nichts nutzen. Sie bleiben draußen vor der Tür.