Die Muscheln beschädigen auch die Netze der Fischer. Foto: Ulrich Fricker

Die Bodensee-Wasserversorgung in Sipplingen investiert Millionen gegen die Quagga-Muschel. Auch die Fischer leiden unter der Invasion.

Kleine Ursache, große Wirkung – auf diese Formel lässt sich die massenhafte Ausbreitung der Quagga-Muschel bringen. Vor etwa acht Jahren wurde die braun gestreifte Muschel erstmals am Grund des Bodensee beobachtet. Allmählich werden nun die Folgen für Fischer und Grundversorger deutlich. Die Bodensee Wasserversorgung hat deshalb ein ehrgeiziges Programm aufgelegt, um ihre Infrastruktur gegen den Eindringling zu schützen.

„Die Quagga-Muschel macht uns große Probleme“, sagt Teresa Brehme, Sprecherin der Wasserversorgungsunternehmens. Für vier Millionen Verbraucher in Baden-Württemberg stellt die Einrichtung mit Sitz in Sipplingen Trinkwasser zu Versorgung. Die kleinen Muscheln kleben an den Rohren der Entnahmestelle in etwa 60 Meter Tiefe. Dadurch werden diese verstopft und verunreinigt und die Korrosion beschleunigt.

Umbauten kosten einen dreistelligen Millionenbetrag

Von 2024 an wird die überwiegend unsichtbare Infrastruktur erneuert. Durch das Programm „Zukunftsquelle“ wird laut Brehme ein dreistelliger Millionenbetrag in den Bau auch neuer Rohren fließen. Außerdem werde eine zweite Pumpstelle in der Tiefe errichtet. Die Rohre selbst werden das Wasser feiner filtern. Dadurch soll auch verhindert werden, dass die Larven der Muschel ins Trinkwasser geraten.

Die Verfeinerung des Verfahren wird auch die Verbraucher etwas kosten, kündigt Brehme an. „Der Preis für Trinkwasser dürfte in Zukunft steigen.“ Zwar sind es die lokalen Einrichtungen, die die Wassergebühr festlegen. Doch werden diese zentral von Sipplingen aus beliefert. Das verzweigte Rohrnetz hat eine Länge von insgesamt 1700 Kilometer.

Ein anderer Berufszweig leidet ebenfalls unter der Muschel, die ursprünglich aus dem Schwarzen Meer stammt. Die Fischer zwischen Bregenz und Stein am Rhein in der Schweiz können den Eindringling deutlich an ihren Netzen ablesen. Die Weichtiere setzen sich am Grund des Sees ab und bilden dort schnell Kolonien. Stefan Riebel, Fischer auf der Insel Reichenau, beobachtet das rasante Wachstum der Quagga sorgfältig. „Sie setzen sich auf alles drauf und bilden Klumpen.“ An seinen Netzen kann er es jeden Tag ablesen. Beim Leeren der Netze findet er immer wieder Klumpen der Muscheln im Gewebe.

Für manche Fische ist das Wasser zu sauber geworden

Das erschwert nicht nur die Arbeit. Auch die Lebensdauer der Netze verkürzt sich dadurch. Den Ertrag sehen Fischer durch die Muschel bisher nicht beeinträchtigt. Zwar geht die Fangmenge jedes Jahr zurück. Doch sorgen andere Faktoren dafür, dass immer weniger Kretzer oder Felchen gefangen werden. Der Bodensee ist seit dem Bau der Kläranlagen in den 70er und 80er Jahren immer sauberer geworden – zu sauber für die meisten Fischarten, die sich von Plankton ernähren. Ein anderer Fischjäger hat ebenfalls Anteil: Der Kormoran, einst fast ausgestorben, feiert fröhliche Urstände am Bodensee. Der schwarze Vogel siedelt auf Bäumen und stürzt sich von dort auf Fische. Da er geschützt ist, darf der Kormoran nur im Ausnahmefall bejagt werden.

Einen Lichtblick sieht Riebel indes: Einige Weißfische können die Muscheln knacken und sich von deren Innereien ernähren. Das Rotauge zum Beispiel verfügt über Schlundzähne, die ihm dabei behilflich sind. Am Obersee – dem größten Teil des Bodensee – steigt der Bestand von Rotaugen und Barben. Damit hat die Quagga einen Fressfeind.