Handball-Bundesligist TVB Stuttgart hinkt vor der Winterpause den Erwartungen hinterher: Nur neun Punkte sind zu wenig. Weshalb auch die Vertragsverlängerung mit Trainer Markus Baur weiter offen ist.
Stuttgart - Eigentlich wollte Handball-Bundesligist TVB Stuttgart zur Winterpause schon Planungssicherheit haben. Doch auch im dritten Bundesligajahr ist Abstiegskampf angesagt – zum Leidwesen des Geschäftsführers Jürgen Schweikardt.
Herr Schweikardt, die 23:29-Niederlage gegen die Rhein-Neckar Löwen war eingeplant, die sieben zuvor hingegen nicht allesamt. Woran lag die letztendlich unbefriedigende Halbserienbilanz?
Natürlich haben die Verletzungen eine Rolle gespielt. Aber so einfach dürfen wir es uns letztendlich nicht machen und alles darauf schieben. Wir haben die guten Leistungen wie gegen Melsungen, in Göppingen oder auch im Pokal beim TBV Lemgo zu selten abgerufen, und das ist dann am Ende nicht konstant genug, um in der Bundesliga die nötigen Punkte zu holen. Genau daran müssen wir jetzt in der Vorbereitung arbeiten, damit wir diese Konstanz in der Rückrunde auf die Platte bringen.
Der TVB hat vor der Winterpause neun Punkte auf dem Konto, vergangenes Jahr war es – trotz eines Spiels weniger - einer mehr. Das heißt, die Lage im Abstiegskampf ist so kritisch wie in der Vorsaison.
Sie ist genau so kritisch, auch wenn dieses Mal nur zwei statt drei Teams absteigen. Aber wir hatten mit unserem Programm durchaus die Chance auf 15 Punkte, dann wären wir dem Ziel – frühzeitig nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben – ein großes Stück näher. Das sind wir nicht. Deshalb müssen wir die volle Konzentration auf die ersten Wochen der Rückrunde legen.
Was muss dafür getan werden?
Wir müssen zunächst einmal schauen, dass alle fit sind und da appelliere ich an jeden Spieler, im Urlaub und der Vorbereitung alles dafür zu tun, seine maximale Leistung abrufen zu können beim ersten Spiel in Nettelstedt – weil das für uns von extrem wichtiger Bedeutung sein wird.
Aktuell hat man Stagnation, das bedeutet im Sport gerne Rückschritt. Wie will man den stoppen?
Ich denke schon, dass wir unsere grundsätzliche Leistungsfähigkeit gesteigert haben – wir haben sie nur zu wenig abgerufen. Wenn wir sie abrufen, bin ich überzeugt davon, dass unsere Mannschaft stark genug ist, die nötigen Punkte für den Klassenverbleib zu holen.
Kraus muss mehr bringen
Bei den Verletzten wog besonders schwer der Ausfall der Leistungsträger Johannes Bitter und Michael Kraus. Heißt das für die Zukunft, das relativ hohe Budget für zwei solche Spieler künftig eventuell in die Breite und Tiefe des Kaders zu investieren, um für solche Ausfälle besser gewappnet zu sein?
Bei Jogi sehe ich das nicht so, er war jetzt bis auf die letzten fünf Spiele immer da und ein herausragender Spieler. Torhüter ist die wichtigste Position im Handball, deshalb haben wir da gezielt besonders investiert. Bei Mimi Kraus sieht das etwas anders aus, er stand und tatsächlich zu wenig zur Verfügung. Deshalb erwarten wir von ihm, dass er zur Rückrunde topfit zurückkommt und dann die ihm zugedachte Rolle auch erfüllt. Wir haben ja bewusst entschieden, dass wir junge Spieler wie Häfner, Röthlisberger, Salger und Orlowski in der Mannschaft haben, gespickt aber auch mit Führungsspielern, die die Jungen weiterbringen können. Bei den vielen Ausfällen ist die Frage sicher berechtigt, aber ich glaube, dass die Mischung aus jung und alt der richtige Weg für uns ist. Das werden wir nun beweisen müssen.
Das heißt, Sie wollen mit Jogi Bitter nochmals verlängern?
Wenn wir es schaffen, werden wir es auch tun. Weil er eben nicht nur auf dem Feld, sondern auch abseits davon eine absolute Führungspersönlichkeit ist.
In der Winterpause steht das Thema Vertragsverlängerungen auf dem Plan, die wichtigste wäre natürlich mit dem Trainer Markus Baur. Wie sieht es da aus?
Wir werden uns im Januar zusammensetzen und besprechen, wie die weitere Vorgehensweise aussieht. Es kann sein, dass wir diese Personalie im Januar entscheiden, es kann aber auch sein, dass die Entscheidung erst zu einem späteren Zeitpunkt fällt.
Aber es gibt nach der Hinrunde im Umfeld gewisse Vorbehalte gegen eine weitere Zusammenarbeit?
Das kommt darauf an, was man als Umfeld bezeichnet. Wenn man die Unmutsäußerungen in der Halle nimmt, dann mag das zutreffen, weil wir zuletzt acht Spiele verloren haben. Das müssen wir mit ins Kalkül ziehen, aber die Entscheidung liegt nachher bei uns.
Aber neun Punkte sind zu wenig.
Das ist Fakt.
Viele gute Gründe für Stuttgart
Andererseits wären Spieler wie Samuel Röthlisberger oder Stefan Salger ohne Baur möglicherweise nicht hier gelandet, sondern ein Salger vielleicht in Melsungen.
Das weiß ich nicht. Aber klar ist, dass es kein Nachteil ist, wenn Markus Baur mit den jungen Spielern schon in der Junioren-Nationalmannschaft zusammen gearbeitet hat und die sich kennen. Da ist er ein Faktor, aber auch Stuttgart als Standort. Hier lässt es sich ganz gut leben und der TVB hat noch Entwicklungspotenzial. Es gibt viele Gründe, die für uns sprechen.
Abgesehen vom Trainer – welche Personalien stehen noch an: Marian Orlowski, dessen Vertrag ausläuft?
Das ist richtig, aber es laufen viele andere auch aus. Relativ sicher werden wir zur neuen Saison im rechten Rückraum etwas verändern, damit Stefan Salger noch jemand an die Seite bekommt. Vielleicht können wir in den nächsten Tagen schon mehr dazu sagen.
Weg vom Sportlichen. Der TVB hat jetzt in der Porsche-Arena mehr als 250 000 Zuschauer begrüßen können, unterm Strich eine Auslastung von 95 Prozent. Wie wichtig ist der Standort für die Zukunft?
Extrem wichtig. Aber nur Porsche-Arena würde so auch nicht funktionieren. Dann hätten wir nicht diese Auslastung. Die Kombination mit der Scharrena ist sehr wichtig für uns. Wobei wir in der Porsche-Arena eben wenig Vermarktungsmöglichkeiten haben, so dass es ein vergleichsweise teurer Standort für uns ist. Wir haben „nur“ die Banden und Eintrittskarten, aber eben im Catering keine Möglichkeiten, etwas zu beeinflussen oder Einnahmen zu generieren. Deshalb ist es in gewisser Weise schwierig, da weitere Entwicklungspotenziale zu schaffen. Aber wir haben in den vergangenen zwei Jahren unseren Etat verdoppelt – also muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen.
Aber für die Planungssicherheit in der Porsche-Arena wäre es natürlich hilfreich, den Klassenverbleib frühzeitig sicher zu haben.
Wir haben uns das erhofft, jetzt müssen wir eben wieder zweigleisig planen. Wird sind das ja von den letzten sieben, acht Jahre her gewohnt. Wir tun uns aber in allen Bereichen leichter, wenn wir sportlichen Erfolg haben. Den haben wir momentan nicht. So gesehen spüren wir schon, dass die nächsten Schritte nicht so einfach sind.