Zwei begeisterte Wohltätigkeits-Boxer: Ex-Profi Luan Krasniqi (li.) und der Porsche-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Uwe Hück Foto: dpa

Im StN-Interview äußert sich Ex-Schwergewichtler Luan Krasniqi über die Krise im deutschen Boxen, geldgierige Promoter und Wladimir Klitschko.

- Herr Krasniqi, Sie haben mal gesagt, dass ein Schwergewichts-Boxer in jedem Kampf seine Gesundheit aufs Spiel setzt. Warum kehren Sie trotzdem in den Ring zurück?
Weil ich eine Verpflichtung habe.
Welche?
So viel Geld wie möglich für die SOS-Kinderdörfer in Albanien, Kosovo und Mazedonien zu sammeln, für die ich mich engagiere.
Ihr Duell gegen Danny Williams ist also nur Schattenboxen?
Auf keinen Fall. Es ist ein Kampf für einen guten Zweck. Aber es gibt keine Absprachen. Und wenn zwei echte Boxer aufeinandertreffen, dann weiß man nie, ob es beim Charity-Gedanken bleibt. Das kann auch ein richtiger Kampf werden.
Hätten Sie dann ein Problem? Danny Williams hat vor elf Jahren Mike Tyson zu Boden geschlagen und gewonnen.
Mike Tyson k. o. zu schlagen, das hat schon was. Hut ab! Ich kenne Danny Williams bereits lange. Er ist ein lieber Kerl und als Boxer unberechenbar. Er kann gegen Weltmeister bestehen, aber auch gegen Hausmeister verlieren. Und heute ist er sportlich nicht mehr der, der er einmal war – auch wenn er immer noch aktiv ist und zuletzt im Juni im Ring stand. Wenn er mich zu viel ärgert, verpasse ich ihm einen Knockout.
Besteht diese Gefahr für Sie auch?
Ich bin mir darüber bewusst, dass der Kampf ausarten und auch für mich auf dem Boden enden kann. Aber das nehme ich für mein soziales Projekt in Kauf.
Wie viel haben Sie noch drauf?
Ich laufe viel, mache Krafttraining – die Grundkondition ist noch da. Boxhandschuhe hatte ich seit 2013 nicht mehr an, erst vor vier Wochen habe ich wieder am Sandsack begonnen. Es ist mühsam, aber ich gebe keine ganz schlechte Figur ab.
Reicht das für Danny Williams?
Stand heute nicht. Deshalb werde ich vor dem Kampf gemeinsam mit meinem besten Freund Firat Arslan vier Wochen ins Trainingslager gehen und richtig hart arbeiten.
Um nach dem Auftritt gegen Danny Williams ein richtiges Comeback anzustreben?
(lacht) Ich bin jetzt 44 Jahre alt, und mir tut es in der Seele weh, wenn ich das schwache Niveau im Schwergewicht sehe. Aber mein Verstand bremst mich zum Glück aus.
Sie schließen eine ernsthafte Rückkehr in den Ring aus?
Ich schließe gar nichts aus, denn ich bin ein Typ, der das, was er ausschließt, als nächstes tut. Aber ich weiß, dass meine Zeit als Boxer abgelaufen ist.
Ihr letzter Kampf endete 2008 durch einen Leberhaken von Alexander Dimitrenko.
Was damals passiert ist, tut heute noch weh. Innerlich habe ich mit dieser Niederlage immer noch nicht abgeschlossen. Aber vielleicht gibt es ja mal einen Rückkampf – beim Wohltätigkeits- Boxen.
2008 war Wladimir Klitschko schon vier Jahre Weltmeister, er ist es immer noch. Wie lange wird er das Schwergewicht dominieren?
Das weiß ich nicht. Aber eines weiß ich sicher: Irgendwann kommt jemand, der ihn schlägt. Ein Boxer ohne großen Namen, dafür mit Mut und Herz, wird ihn an seinem Kinn treffen, und dann ist der Spuk endlich vorbei.
Sie gelten nicht als großer Freund des Kampfstils von Wladimir Klitschko, der alles dafür tut, um möglichst wenig getroffen zu werden. Warum glauben Sie nicht, dass er als großer Held des Schwergewichts abtreten wird?
Weil die Geschichte lehrt, dass nur große Menschen als große Sportler abtreten können. Wladimir Klitschko wird am Ende sein Antrieb, immer noch mehr Geld verdienen zu müssen, zur Strecke bringen. Im Duell gegen irgendeinen Unbekannten.
Im nächsten Kampf trifft Klitschko am 24. Oktober in Düsseldorf auf den britischen 2,06-Meter-Riesen Tyson Fury.
Klitschko wird ihn überrennen. Fury hat nur dann eine Chance, wenn er die Gefahrenzone überbrückt und ihn trifft. Dafür muss er mutiger sein als dessen letzte Gegner. Aber daran glaube ich nicht.
Wo steht das deutsche Profi-Boxen aktuell?
Bei weitem nicht mehr so gut da wie früher.
Warum?
Schuld sind die Promoter, die nur ans Geld denken. Sie haben live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Samstag für Samstag No-Name-Boxer gegeneinander antreten lassen. Da darf einen dieser Abstieg nicht verwundern.
Was passierte mit dem Geld?
Zumindest wurde es nicht in die Entwicklung von Nachwuchsleuten gesteckt. Keiner hat an der Substanz gearbeitet. Und die Talente, die es gab, wurden nicht richtig geformt. Ergebnis ist, dass es dem deutschen Boxsport an Persönlichkeiten fehlt.
Es gibt doch noch interessante Namen.
Welche?
Arthur Abraham.
Er hat noch einiges drauf, aber er ist eben kein ganz junger Boxer mehr.
Felix Sturm.
Eine Antwort darauf erübrigt sich.
Marco Huck.
Sein Sauerland-Stall hat ihn jahrelang vor Niederlagen bewahrt. Nach seiner Kündigung hat er gleich den ersten Kampf verloren. Ich glaube nicht, dass er es nochmals zurückschafft. Marco versteht einfach nicht, wem er etwas zu verdanken hat und glaubt, alleine mit allem fertig zu werden. Das ist im Boxsport allerdings ein großer Irrtum.
Jack Culcay.
Schön ist er, ja.
Tyron Zeuge.
Muss sich erst noch bewähren.
Jürgen Brähmer.
Er hat an Reife und Cleverness gewonnen, hat sich vom Knastboxer zur Persönlichkeit entwickelt. Er ist ein gutes Zugpferd für das deutsche Boxen – allerdings das einzige, das mir derzeit einfällt.
Was Sie zum Schluss bringt. . .
. . . dass es im deutschen Boxen schon geniale und goldene Zeiten gab. Und dass wir davon derzeit leider weit entfernt sind.