Hornbergers Bürgermeister Marc Winzer tauschte sich im Gespräch mit Schulleiterin Anja Strittmatter, FSJlerin Nesibe Daglar und Bundessprecher der Caritas Thorsten Moser zum Thema Freiwilligendienste aus. Vor allem die geringe Planungssicherheit beschäftigte die Teilnehmer.
Freiwilligendienste besitzen hohe gesellschaftliche Bedeutung. Nach Ansicht von Bürgermeister Marc Winzer steht deren Relevanz auch für die Kommunen viel zu wenig im öffentlichen Fokus.
Der Einladung zu einem Interview im Rathaus folgten Anja Strittmatter, Schulleiterin der Wilhelm-Hausenstein-Schule, und Nesibe Daglar, die dort derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) leistet. Fragen stellte Thorsten Moser, Bundessprecher der Caritas-Freiwilligendienste. Im Mittelpunkt standen Bedeutung und Konzept der Freiwilligendienste und Details zum FSJ an einer Grundschule.
„Beim FSJ wird das Gefühl für das Gemeinwohl gestärkt, eröffnet zugleich neue Perspektiven für den jungen Menschen, der es leistet,“ beantwortete Strittmatter die Frage, was FSJ für sie bedeutet. Zu den Aufgaben der 19-jährigen Daglar gehören unter anderem Förderung von Schülern, Pausenaufsicht und Hausaufgaben-Hilfe. Auf eigene Initiative hin gründete sie eine Lese-AG, die von den Kindern angenommen wird. „Die Lehrkräfte sind verplant. Nesibe Daglar kann sich den Kindern als Ansprechpartnerin ganz anders widmen,“ erklärte die Schulleiterin. Ein Wegfall dieses Angebots wäre für alle ein großer Verlust. Das aber ist im Bereich des Möglichen, wie Moser feststellte. „Auch wenn die angekündigte Kürzung der Mittel für 2024 zurückgenommen wurde, besteht keine Planungssicherheit für die kommenden Jahre,“ so Moser. Für ihn sei es zu kurz gegriffen, Familienministerin Lisa Paus anzuprangern. Es gehe insgesamt um die Gewichtung dessen, wofür vorhandenes Geld ausgegeben werde. Die bisherigen Aktionen sollen fortgesetzt werden und möglichst einen Ausbau und Stärkung der Freiwilligendienste bewirken.
„Wir wünschen uns mehr Wertschätzung unseres Engagements, dazu gehört auch die Bereitstellung von Geld,“ erklärte Moser. Junge Menschen aus einkommensschwachen Familien können trotz Interesse keinen Freiwilligendienst leisten. Nesibe muss mit 400 Euro im Monat auskommen, was nur funktioniert, weil sie zu Hause wohnen kann. Geld benötigt wird auch für die personelle Besetzung der Einsatzstellen. Die pädagogischen Seminargruppen vermitteln wichtige Kompetenzen wie den Umgang mit brenzligen Situationen, etwa häuslicher Gewalt, beschreibt Nesibe Daglar.
Immerhin ergreifen über 50 Prozent junger Leute nach dem FSJ einen Beruf im sozialen Bereich, wo ohnehin Fachkräftemangel herrscht. Die Zahlen würden laut Moser kaum bei einem Pflichtdienst, der schon thematisiert wurde, erreicht. Auf seine Frage an den Bürgermeister, wie er den Pflichtdienst sehe, antwortete dieser: „Es ist die einfachere Variante, günstiges Personal an Brennpunkten einzusetzen. Meiner Meinung nach ist das nicht zielführend.“ Auch wenn Städte und Gemeinden von Freiwilligendiensten profitieren, schätzte Winzer den Handlungsspielraum gering ein. Viel mehr als Sensibilisierung der Öffentlichkeit und Kontaktvermittlung mit Politikern gebe es nicht.
BUndesfreiwilligendienst
Das Freiwillige Soziale Jahr wurde 1964 eingeführt. In den 1990ern kam das Freiwillige Ökologische Jahr hinzu. Nach Aussetzung der Wehrpflicht und Wegfall des Zivildienstes 2011 wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Weiterhin bestehen internationale und kulturpolitische Freiwilligendienste und das Europäische Solidaritätskorps.