Bürgermeister Wolfgang Fahrner (rechts) und Oberbürgermeister Adrian Sonder (Zweiter von rechts) im Gespräch mit den Besucherinnen im Begegnungscafé Salvete. Foto: Stadtverwaltung/Rath

Integrationsarbeit ganz konkret: Oberbürgermeister Adrian Sonder und Bürgermeister Wolfgang Fahrner haben das Internationale Begegnungscafé Salvete im Familienzentrum besucht. Was die Mitarbeiter des Vereins dort leisten, hat sie tief beeindruckt.

Das „Salvete“ ist Teil des Stärke-Programms im Familienzentrum. Offene Integrationsarbeit ist dabei nur eines von vielen sozialen Angeboten, die das Familienzentrum (FZF) im Mehrgenerationenhaus in der Reichsstraße 16 leistet, aber eine wichtige, heißt es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung über den Besuch. Die integrativen Bildungs- und Begegnungsangebote des FZF seien unkompliziert, niedrigschwellig und bedarfsorientiert ausgerichtet.

 

Am Tag des Besuchs geht es vielsprachig zu. Frauen aus schätzungsweise zehn bis 15 Ländern sind an diesem Tag gekommen, um Hilfe bei Alltagsproblemen zu suchen, die deutsche Sprache zu lernen oder einfach nur in Gesellschaft zu sein. Auf den Tischen stehen kostenfrei Tee, Wasser, Kaffee und selbst gebackener Kuchen. Nebenan machen ältere Kinder Schularbeiten und werden dabei von ehrenamtlich tätigen Seniorinnen unterstützt.

Einen Tisch weiter spielt ein Bundesfreiwilligendienstler mit anderen Kindern Spiele und übt so ganz nebenbei mit ihnen die deutsche Sprache. Ein afrikanisches Mädchen will auf den Schoß seiner Mutter.

„Was es bedeutet, seine Heimat verlassen zu müssen und sich in einem fremden Land eine neue Existenz aufzubauen, lässt sich hier sehr gut erleben. Ich danke dem Verein FZF für seine wertvolle Arbeit. Dieses Engagement ist wichtig für den Erfolg der Integration in unserer Stadt“, so Sonder.

Von den Hindernissen

Integration ist ein langer Weg. Die Vertreter der Stadt erhalten bei dem Besuch Einblicke, welche großen und kleinen Hindernisse sich dabei auftürmen: Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede, Sorgen um die Angehörigen im Heimatland, offene Asylverfahren, fehlende Kinderbetreuung während der Sprachkurszeiten. Manchmal fehlt einfach das Geld für ein Lehrbuch oder eine passende Busverbindung in die Umlandgemeinden, in denen einige der Flüchtlingsfamilien wohnen.

Eine Frau aus Afghanistan lebt seit vier Jahren mit ihren fünf Kindern in zwei Zimmern in einer Sammelunterkunft, obwohl ein Teil mittlerweile fast erwachsen ist und bereits das Kepler-Gymnasium oder die Eduard-Spranger-Schule besucht.

Sie würde gerne mit ihren Kindern in eine geeignetere Wohnung ziehen, findet aber keine. „Wohnungsnot ist immer ein großes Thema“, sagt Claudia Lehmann vom FZF. Umso bemerkenswerter sei der Ehrgeiz und Leistungswille der Kinder, die nicht nur perfekt Deutsch sprechen, sondern auch gute Noten mit nach Hause bringen.

Der Schlüssel zur Sprache

Dass auch die Frauen Deutsch können, ist für Lehmann entscheidend: „Mütter sind der Schlüssel zur Sprache.“ Eine, die es geschafft hat und sich heute selbst im FZF engagiert, ist Zarah aus dem Iran. In der Heimat war sie nach eigener Auskunft Rechtsanwältin. Das wäre hier nicht möglich. Stattdessen hat die Mutter von zwei Kindern nebenbei drei Jahre lang eine Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin absolviert. „Es war oft schwierig. Aber die Leute hier im FZF haben mir viel geholfen“, sagt sie. Mit ihrem heutigen Leben ist sie zufrieden. „Alles ist in Ordnung.“ Lehmann nennt ihren Weg eine „Story mit Happy End“. Viele andere seien jedoch noch nicht am Ziel.

Eine Etage höher gibt eine pensionierte Lehrerin einer bunt gemischten Gruppe aus der Ukraine kostenfreien, vom Verein bezuschussten Sprachunterricht. „Deutsch ist nicht einfach. Aber wir müssen schnell lernen“, sagt einer. Der Oberbürgermeister fragt, was ihnen an Freudenstadt am besten gefällt. „Der Marktplatz ist toll“, erklärt ein anderer, von Beruf Architekt. Was sie eint, ist der Wunsch, in der Gesellschaft anzukommen und Arbeit zu finden.

Fahrner zeigt sich nach dem Besuch beeindruckt: „Es berührt einen, die Menschen mit ihren Geschichten und Einzelschicksalen zu sehen, die hinter den Zahlen und Statistiken stehen. Das verändert die Sicht auf viele Dinge.“Sonder ergänzt: „Ich kann jedem einen Besuch im FZF nur empfehlen und würde mir wünschen, dass sich mehr Leute dort engagieren, ob als Helfer oder als Förderer.“

Keine Planungssicherheit

Das Familienzentrum
Das Mehrgenerationenhaus existiert seit 33 Jahren als Non-Profit-Unternehmen im Ehrenamt geführt. 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im FZF beschäftigt, zwei Drittel davon ehrenamtlich. Die Einrichtung finanziert sich überwiegend über Spenden und Projektzuschüsse. Das FZF hoffe auf weitere Unterstützung, so Verwaltungsleiterin Marion Reich. „Wir haben bis heute keine finanzielle Planungssicherheit.“ Weitere Informationen gibt es unter www.familien-zentrum.de.