Ein Imam sitz in einer Moschee Foto: dpa

Die Unis in Heidelberg und Tübingen wollen Imame ausbilden - das sorgt für kritische Reaktionen.

Stuttgart - Imame sollen an deutschen Hochschulen ausgebildet werden, hat der Wissenschaftsrat kürzlich empfohlen. Die Universitäten Tübingen und Heidelberg haben Interesse, entsprechende Studiengänge einzurichten.

Als vor fünf Jahren in der Katholischen Akademie in Hohenheim Vertreter von Politik und christlichen Kirchen mit Imamen debattierten, waren die meisten der 30 islamischen Religionsgelehrten auf Übersetzer angewiesen. Der Grund: Sie waren in der Türkei ausgebildet und wurden von der türkischen Religionsbehörde entsandt, um in den Moscheen der Ditib, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion, in Deutschland als Vorbeter zu arbeiten. Mittlerweile gehören zur Vorbereitung der Imame auf ihren vierjährigen Auslandseinsatz auch ein Deutschkurs und Landeskunde. Dabei leisten die Konrad-Adenauer-Stiftung und das Goethe-Institut in der Türkei Unterstützung.

Geht es nach dem Wissenschaftsrat, dann sollen in Zukunft die Imame für Moscheen in Deutschland nicht mehr aus dem Ausland kommen. An zwei bis drei Hochschulen sollten Zentren für islamische Studien eingerichtet werden, die Religionslehrer, Imame und islamische Theologen ausbilden, empfahl kürzlich das Gremium, dem Wissenschaftler und Vertreter von Bund und Ländern angehören. Damit könne eine fundierte Ausbildung der islamischen Geistlichen sichergestellt werden. Um entsprechende Studiengänge einzurichten, sollten ¸¸theologisch kompetente Beiräte' gebildet werden, denen Verbände, Religionsgelehrte und muslimische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören.

Unter den muslimischen Verbänden sind die Reaktionen unterschiedlich. Während der Zentralrat der Muslime und der Islamrat den Vorschlag als einen längst fälligen Schritt begrüßen, will Ditib, ein Ableger der türkischen Religionsbehörde, seine Imame weiterhin aus der Türkei holen.

Großes Interesse an der Einrichtung eines Instituts für Islamwissenschaften haben hingegen die Universitäten Tübingen und Heidelberg. ¸¸Wir verfügen über beste Voraussetzungen, um ein wissenschaftliches Studium für Muslime anbieten zu können', sagte Bernd Engler, Rektor der Universität Tübingen, am Donnerstag. Die evangelische und die katholische Theologie, die Religionswissenschaften und die Orientalistik hätten eine lange Tradition und an der Universität seinen auch die nötigen Experten. Auch an Kontakten zu islamischen Wissenschaftlern und Würdenträgern im In- und Ausland fehle es nicht. Zudem wirkt in Tübingen die Stiftung Weltethos, die der katholische Theologe Hans Küng ins Leben gerufen hat und die den Austausch und die Verständigung zwischen den Religionen anstrebt.

¸¸Wir wollen in nächster Zeit Gespräche mit den islamischen Gemeinden und Verbänden führen', sagte Engler. Denn ohne ihre Unterstützung sei ein solches Ausbildungs- und Kompetenzzentrum zum Scheitern verurteilt. ¸¸Wir brauchen eine möglichst breite Basis, damit sich die unterschiedlichen Strömungen wiederfinden.' Nach den Vorstellungen des Wissenschaftsrats sollte jedes Institut vier bis sechs Professuren und zusätzliche Mitarbeiter erhalten. Die Kosten dafür dürften bei mindestens einer Million Euro jährlich je Einrichtung liegen. Bund und Länder sollten sie sich teilen, so die Empfehlung des Rates.

Auch die Universität Heidelberg hat Interesse angemeldet. Die Islamwissenschaften und die theologische Fakultät seien sehr erfolgreich, sagte eine Sprecherin. Auch kooperiere die Universität mit der Jüdischen Hochschule. Außerdem lebten im nahe gelegenen Mannheim viele Muslime.

Wann die Entscheidung über einen Standort fällt, ist noch unklar. Das Wissenschaftsministerium werde in den nächsten Wochen einen Fahrplan erarbeiten, sagte Sprecher Joachim Laun. Auch in anderen Bundesländern gibt es Interessenten, etwa die Universität Münster, die bereits einen Lehrstuhl für Islamwissenschaften hat.

Einen großen Schub könnte eine solche Einrichtung für den islamischen Religionsunterricht in öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg bringen. Derzeit erhalten etwa 900 von 70 000 muslimischen Schülern Islamunterricht. Im nächsten Schuljahr soll der Modellversuch ausgeweitet werden, von zwölf auf 22 Standorte, sagte Corinna Olnhoff vom Kultusministerium. Dass es nicht mehr sind, hängt auch damit zusammen, dass es an qualifizierten Lehrern mangelt.