Zum Umbau von Eigenbestand stehen der Stadt Schramberg bezüglich der Unterbringung von Flüchtlingen nur noch wenige Wohnungen im Meierhof zur Verfügung. Foto: Fritsche

Jüngst haben die Gemeinderäte im Verwaltungsausschuss zur aktuelle Situation zu Ausländern und Geflüchteten diskutiert.

Juks³-Leiter Marcel Dreyer stellte den Integrationsbericht für 2022 vor. 4062 ausländische Mitbürger waren zum Jahreswechsel in der Gesamtstadt Schramberg gemeldet. Davon würden 59 Personen geduldet, 475 stünden unter Asylschutz, 338 seien aus der Ukraine Geflüchtete. Der Ausländeranteil habe sich in zehn Jahren von zehn auf nun knapp 20 Prozent fast verdoppelt – wovon aber nicht die beiden Flüchtlingswellen, sondern die EU-Erweiterung den größten Teil ausgemacht habe.

 

Konzentration in der Talstadt

Auffällig hoch sei der Ausländeranteil in der Talstadt mit 33 Prozent. In allen anderen Stadtteilen liege er unter dem Landesschnitt von 13,6 Prozent – in Tennenbronn sind es nur fünf Prozent. Auf Nachfrage von Ralf Rückert (Freie Liste), wo Schramberg-Tal im Landesvergleich liegt, konnte Dreyer keine genauen Zahlen nennen – es sei aber, eine „besondere Situation“, vergleichbar mit den „schwierigsten Bezirken in Mannheim oder Pforzheim“.

Effektive Arbeit bei Jungen

„Migration ist jung. Das prägt unsere Arbeit“, erklärte Dreyer, dass der Fokus oft auf der zweiten Generation liege. In den geförderten Sprach-Kitas Seilerwegle und Don Bosco würde in bis zu drei Viertel der Familien zuhause nicht deutsch gesprochen, eine „große Herausforderung“. Die Sprach-Kitas wurden nun nur befristet bis 2024 verlängert. „Da wünschen wir uns mehr Kontinuität“, sagte Dreyer.

Viele Angebote ermöglicht

Mit der VHS habe man es während Corona und Ukraine-Krieg geschafft, viele Sprach- und Integrationsangebote zu schaffen und zu verstetigen wie das Begegnungscafé oder den Markt der Kulturen. Das Familienzentrum Don Bosco biete eine Chance, flexible Angebote zu institutionalisieren. Das sei auch nötig: „Die demografische Krise wird sich verschärfen“, ist Dreyer sicher. Ein Schritt in die richtige Richtung sei das Chancen-Aufenthaltsgesetz, was klar regelt, was Geflüchtete für eine dauerhafte Arbeitserlaubnis binnen 18 Monaten erledigen müssen. So würden keine Personen mehr abgeschoben, die schon gut integriert sind.

Räte fordern dezentrale Unterbringung

Wie alle Stadträte dankte Ralf Rückert dem Juks³-Leiter und seinem Team und griff auf das weitere Vorgehen bei der Anschlussunterbringung vor. Genannte Zahlen hätten „massive Folgen“ für die Talstadt. Die Verwaltung müsse Wege finden, Flüchtlinge sicher und menschenwürdig dezentral unterbringen. Die Integration, gerade beim Spracherwerb, könne in den Teilorten in Vereinen gelingen. Auch Jürgen Winter (CDU) sah die Integration, bei der „Bewundernswertes erreicht worden“ sei in Gefahr, wenn sich alles auf die Talstadt konzentrieren würde.

„Extrem“ arbeitsintensive Situation

Die Situation sei „extrem“ und der Aufwand abteilungsübergreifend sehr hoch, sagte Dreyer. Nach wie vor werde man quasi für gute Integrationsarbeit bestraft, weil Personen, die als Mieter in Privatwohnungen vermittelt würden, aus der Anrechnungsquote fallen. Leistungen wie Beratungen nähmen diese aber weiterhin in Anspruch und binden Kapazitäten. Wie lange Ausnahmeregelungen, etwa bei Ukrainern mit SGB-II-Bezug, gelten, sei ebenso ungewiss.

Vieles unvorhersehbar

Herausfordernd sei auch, dass angekündigte Flüchtlinge oft nie vor Ort ankommen – etwa, weil sie andernorts unterkommen oder zurückreisen. „Der Verwaltungs- und Kommunikationsaufwand ist aber auch bei denen, die nicht ankommen, riesig“, erklärte Dreyer. Dezentral gelegene private Wohnungen, zu finden, gestalte sich trotz großer Bemühungen schwierig, zudem würden die Flüchtlinge meist eine Unterbringung dort vorziehen, wo sie fußläufig alles erreichen könnten. „Mit der Anmietung von Wohnraum werden wir an unsere Grenzen kommen“, betonte Dreyer. Deshalb stellte er die Überlegungen der Stadt zu möglichen Alternativen vor – inklusive Vorteile und Herausforderungen.

Alternativen vorgebracht

Neben der Funktion als Zwischenmieter (hoher Verwaltungsaufwand, aber dezentrale Unterbringung) gebe es den Ankauf leerer Objekte (teuer, muss man erst finden, aber effiziente Belegung möglich) oder den Umbau von Eigenbestand, was zwar günstig wäre, es aber „aktuell nur noch vier Wohnungen im Meierhof“ gäbe.

Möglich seien Modulbauten, was schnell geht und eine effiziente Unterbringung ermöglicht – aber teuer ist. „Das muss nicht, kann aber auch negativ das Stadtbild prägen. Es ist schwierig“, so Dreyer. Neubauten hingegen dauerten lange und seien ebenso teuer wie auch zuletzt, an Objekte externer Betreiber zu vermitteln. Alles werde geprüft, schloss Dreyer und stellte klar: „Wir werden richtig Fläche brauchen.“

Räte lehnen Meierhof ab

Dass der Meierhof das „komplett falsche“ Umfeld sei, waren sich die meisten Räte einig. Das sei sicher nicht die städtische Lieblingsstrategie, so Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr und bezeichnete es als Lösung „aus der Not heraus geboren“. Mittelfristig sei dort eher Rückbau angedacht.

22 Wohnungen habe die Stadt seit Sommer 2022 aktiviert, 59 aus verschiedenen Gründen verworfen, ergänzte Dreyer. Dabei hätten teils schon mehr Familien als geplant in einzelnen Wohnungen untergebracht werden müssen – „wir haben es aber geschafft, alle menschenwürdig unterzubringen“, betonte Dreyer. Ralf Rückert bat, nicht nur aus baulich-materieller Sicht, sondern konzeptuell zu planen.

Appell an Privat-Eigentümer

Tanja Witkowski erinnerte, dass SDP/Buntspecht bei jedem Neubaugebiet auf verdichtete Bauweisen oder Tiny Houses pochte, um Wohnraum zu schaffen. Sie warb dafür, Leerstände zu mobilisieren und appellierte an Eigentümer, Wohnraum zur Verfügung stellen. Die Stadt stehe dahinter, es sei sicher für Vermieter. Udo Neudeck (Freie Liste) wünschte sich mehr Förderungsprojekte von der „großen Politik“, um sozialen Wohnungsbau „massiv“ zu unterstützen. Da würde sich „jeder Euro lohnen“.