Die Inklusion Behinderter in den Unterricht sorgt im Landtag weiterhin für Unstimmigkeiten zwischen Grün-Rot und der Opposition. Foto: dpa

Wie schnell kann man gemeinsamen Unterricht für Schüler mit und ohne Behinderung organisieren? Darüber gehen die Meinungen im Landtag weit auseinander. Je nach politischer Couleur stehen Sorgfalt oder Tempo im Fokus.

Wie schnell kann man gemeinsamen Unterricht für Schüler mit und ohne Behinderung organisieren? Darüber gehen die Meinungen im Landtag weit auseinander. Je nach politischer Couleur stehen Sorgfalt oder Tempo im Fokus.

Stuttgart - Die Opposition im Landtag hat der grün-roten Koalition Untätigkeit bei der Integration Behinderter vorgehalten. „Wir vermissen bei der Landesregierung den konkreten Ehrgeiz, hier wirklich weiterzukommen“, sagte die CDU-Abgeordnete Monika Stolz (CDU) am Mittwoch in Stuttgart. Auch in den Schulen werde die UN-Konvention zur Teilhabe behinderter Menschen kaum umgesetzt. Grün-Rot drücke sich vor Antworten auf die Frage, welche Ressourcen für die sogenannte Inklusion bereitstehen. Der Schulexperte der FDP, Timm Kern, sprach von Stillstand. Grün-Rot wies die Vorwürfe zurück und warb für Sorgfalt und Bedacht bei dem komplexen Thema.

Auch die Elterninitiative „Gemeinsam leben - gemeinsam lernen“ mahnte Rechtssicherheit bei der Inklusion an. Sonst lehnten sich vor allem die weiterführenden Schulen wieder zurück. „Dringend nötig ist auch eine Einigung des Landes mit den Kommunen über die Kostenverteilung für die Inklusion in der Schule“, forderte Kirsten Ehrhardt von der Landesarbeitsgemeinschaft. Das Land strebt dazu einen Konsens mit den Kommunen an, wie es dies schon beim Ausbau der Ganztagsschulen getan hat.

Im Südwesten gehen rund 52 000 behinderte Kinder (Schuljahr 2012/13) auf eine Sonderschule. Derzeit besuchen 1600 Schüler mit Handicap Regelschulen.

Die Grünen warnen vor "Schwarzmalerei"

Thomas Poreski von den Grünen warnte vor „Schwarzmalerei“. Schließlich habe Grün-Rot mit der Gemeinschaftsschule erstmals einen Schultyp eingeführt, bei dem Behinderte integriert werden. Derzeit gehen über 600 auf die 129 Gemeinschaftsschulen im Südwesten. „So weit ist die heutige Opposition nie gekommen“, sagte er mit Blick auf ehemalige schwarz-gelbe Regierung.

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) erinnerte daran, dass die Eckpunkte für ein Inklusions-Gesetz an Schulen in Kürze vom Kabinett verabschiedet werden. Auch wenn das Gesetz auf das Schuljahr 2015/16 verschoben worden sei, heiße das nicht, das vorher keine Integration möglich sei. Wichtig sei aber vor allem, dass die Familien für ihre behinderten Kinder die Wahl zwischen qualitativ hochwertigen Angeboten sowohl an Regel- als auch an Sonderschulen haben. Nur dann sei der Anteil der Eltern behinderter Kinder, die sich für eine Regelschule entscheiden, von derzeit gut einem Viertel zu steigern.

Auch Klaus Käppeler (SPD) warf der Opposition vor, das Thema Inklusion jahrzehntelange verschleppt zu haben und jetzt von Grün-Rot Veränderungen im Schnelldurchgang zu verlangen. Das sei „beinahe infam“. Stoch betonte: „Wer glaubt, dass man Inklusion mit der Brechstange durchsetzen kann, der irrt.“ Parteipolitische Besserwisserei helfe da nicht weiter.

Auch Stolz wies darauf hin, dass die Quote der an Regelschulen einbezogenen Kinder und Jugendlichen allein nicht viel aussage. So liege diese etwa in Berlin schön über 50 Prozent, doch sowohl Lehrer als auch Eltern und Schüler beklagten mangelnde Vorbereitung und fehlende Ressourcen. Qualität statt Quantität sei gefragt.