Nach Praktiker ist nun auch Max Bahr insolvent Foto: dpa

Die Rabatt-Strategie der Praktiker Baumärkte hat in die Pleite geführt. Nun ist auch der Versuch, über die höherwertige Marke Max Bahr wieder ins Geschäft zu kommen, gescheitert.

Hamburg/Gerlingen - Bei Praktiker in Gerlingen herrscht Ratlosigkeit. Vor gut zwei Wochen wurde bekannt, dass die Baumarkt-Kette Insolvenz angemeldet hat. Alle Hoffnungen ruhten deshalb auf der ertragsstärkeren Praktiker-Tochter Max Bahr. Am 10. Oktober sollte der Markt in Gerlingen unter dem Namen der Praktiker-Tochter wiedereröffnet werden. Doch jetzt hat auch Max Bahr Insolvenz angemeldet, wie das Amtsgericht Hamburg mitteilte. Als vorläufige Insolvenzverwalter wurden der Hamburger Rechtsanwalt Jens-Sören Schröder und der Heidelberger Anwalt Christopher Seagon eingesetzt.

„Wir haben von der Insolvenz auch nur aus den Medien erfahren“, heißt es bei Praktiker in Gerlingen. Mehr will man dazu nicht sagen.

Grund für den Insolvenzantrag war, dass der Warenkreditversicherer Coface, nicht mehr bereit war, Lieferungen an Max Bahr zu versichern. „Wir sind von dieser Entscheidung völlig überrascht worden“, sagt Max Bahr-Sprecher Rolf-Dieter Grass .

Bisher konnte Max Bahr gute Zahlen vorweisen

Anders als das Mutterunternehmen Praktiker, setzt Max Bahr nicht auf eine Rabattstrategie, sondern auf gute Beratung und eine größere Auswahl – und konnte damit bislang gute Geschäftszahlen vorweisen, heißt es bei dem Unternehmen.

Zuletzt sollten 120 der bundesweit 234 Praktikermärkte in Max Bahr-Filialen umgewandelt werden. In Stuttgart sollte sogar ein neuer Max Bahr-Markt an der Heilbronner Straße entstehen. Nun müssen deutschlandweit zusätzlich etwa 6800 Beschäftigte des Praktiker-Konzerns um ihre Jobs bangen. Verdi-Sprecher Christoph Schmitz bezeichnet das Vorgehen von Coface als rücksichtslos und äußert Unverständnis über die Entscheidung. „Es gibt dafür keinen ersichtlichen Grund, Max Bahr ist ein solides Unternehmen“, sagt Schmitz. Coface-Sprecher Erich Hieronimus will zum konkreten Fall keine Angaben machen, wehrt sich aber gegen den Vorwurf, der Versicherer würde Unternehmen in die Insolvenz treiben. „Nur in Ausnahmefällen kommt es vor, dass ein Unternehmen von jetzt auf gleich aus der Deckung genommen wird“, sagt er.

Doch genau das wirft man Coface bei Max Bahr nun vor. „Wir hatten bis vor kurzem die Zusage, dass der Warenkreditversicherer unsere Zulieferer absichert, das ist jetzt gekippt worden“, sagt Grass. Coface beschäftigt etwa 300 Risikoanalysten, die weltweit die Zahlungsfähigkeit von Firmen prüfen. Viele Zulieferer verlassen sich auf die Angaben des Versicherers und liefern im Zweifelsfall nur noch gegen Vorkasse. „Das bringt jedes Unternehmen in Schwierigkeiten“, sagt Rolf-Dieter Grass. Coface-Sprecher Hieronimus hält eine solche Darstellung für zu stark vereinfacht. „Man kann nicht den letzten Mosaikstein in einem Prozess für die ganze Entwicklung verantwortlich machen“, sagt er. „Wir tragen in erster Linie Verantwortung für unsere Kunden.“

Keine Rabattverkäufe mehr bei Praktiker

Der Betrieb soll bei beiden Baumarkt-Ketten aufrecht erhalten bleiben. Rabattverkäufe bei Praktiker soll es aber, von Anfang nächster Woche an, nicht mehr geben, weil der Umbau von Praktikermärkten in Max Bahr-Filialen gestoppt wurde. Zur Zukunft des Praktiker-Konzerns äußerten sich die Insolvenzverwalter nur vage. Die Märkte seien geöffnet, die Gespräche mit den Gläubigern liefen gut, ließ ein Sprecher von Christopher Seagon wissen.

Doch viele Anleger bangen um ihr Geld. „Die Gefahr einer Zerschlagung ist eher größer geworden“, sagte der Frankfurter Anwalt Ingo Scholz. Er vertritt die größte Gläubigergruppe. Der Gläubigerausschuss hatte sich am Vortag getroffen und über die Lage bei Praktiker beraten. Zu den Zeichnern der Anleihe aus dem Februar 2011 gehören auch viele Kleinanleger, die vermutlich einen Großteil ihres Geldes verlieren werden.