Karsten Lemmer (von links), Stefan Rudi, Steffen Bilger und Tobias König präsentieren das Balis-Modell. Foto: Lück

Josef Kallo, Chef der Firma H2Fly, steht mit vielen Gästen auf dem Innovationscampus Empfingen. Sein großes Projekt: 2025 soll das erste große klimaneutrale Passagierflugzeug abheben. Die Technik soll in Empfingen serienreif gemacht werden.

Empfingen - Steffen Bilger, Karsten Lemmer, Stefan Rudi und Tobias König halten das Modell mit den knallbunten Elementen unter Plexiglas stolz hoch. Die Erde für den Spatenstich wurde gerade ausgehoben. Ende nächsten Jahres soll die Anlage dann stehen – und dafür sorgen, dass die megastarke Brennstoffzelle mit 1,5 Megawatt bald abheben kann.

Steffen Bilger ist parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Ob Spatenstich für die Hochbrücke, Gäubahnausbau oder Umfahrung Hohenberg – er ist der Mann, der viele auch für den Landkreis Freudenstadt wichtige Verkehrsprojekte betreut. Bilger: "Ich freue mich als Baden-Württemberger, dass das mit 26 Millionen Euro größte Förderobjekt hier in Empfingen umgesetzt wird! Ich wünsche viel Erfolg, und, dass Forschung und Industrie viele Lehren daraus ziehen können."

Wird Empfingen weltberühmt? Karsten Lemmer ist im Innovationsvorstand der Deutschen Luft- und Raumfahrt DLR. Er sagt: "Die XXL-Brennstoffzelle, die hier in Empfingen marktreif gemacht werden soll, hat das Potenzial, nicht nur den Luftverkehr, sondern auch den Verkehr auf Straße und Schiene klimaneutral zu machen."

Stärke für den Standort

Stefan Rudi vom Forschungszentrum Jülich: "Ich hoffe, dass die Anlage hier in Empfingen erfolgreich ist und damit der Name Empfingen deutschland-, europa- und weltweit zum Symbol werden kann!" Tobias König von der Now Gmbh: "Das Projekt trägt hoffentlich dazu bei, dass Forschung und Wirtschaft es schaffen, ein Wasserstoff-Flugzeug in die Luft zu bringen. Das stärkt den Standort Deutschland und sichert hier den Wohlstand."

Doch was passiert in den bunten Modulen, die von den vier Männern auf dem Modell mit dem knallgrünen Rasen präsentiert werden? Die Anlage heißt Balis. In den einzelnen Modulen wird einmal die bisher stärkste Brennstoffzelle mit 1,5 Megawatt aufgebaut. Daneben kommen die Akku-Packs, die Kühl-Einheit, der Wasserstoff-Tank, der Elektro-Motor und der Kontroll-Raum. Alles in verschiedenen Gebäuden.

Tobias König: "Das ganze ist der komplette Antriebsstrang, der dann später in Flugzeuge eingebaut wird. Durch die einzelnen Module können die jeweiligen Hersteller ihre Produkte ausprobieren und schauen, ob sie und wie sie im Gesamtsystem funktionieren!"

Und einer, der ganz stark auf die neue Anlage setzt, ist Josef Kallo. Der Hobbypilot war dabei, als vor knapp fünf Jahren am Flughafen Stuttgart der erste Brennstoffzellenflieger Hy4 (vier Passagiere) abhob. Jetzt hat er große Pläne: In fünf Jahren soll das erste große Passierflugzeug mit Wasserstoffantrieben seinen Jungfernflug haben. Platz für 40 bis 60 Passagiere, Propellerantrieb, 600 km/h schnell. Im Jahr 2030 soll dieser Flieger dann serienreif sein. Kallo: "Damit können Strecken wie Berlin-Paris bedient werden. Das Tanken mit Wasserstoff geht genauso schnell wie mit Kerosin – 25 Minuten. Mit einer Reichweite pro Tankfüllung von 2000 Kilometern können wir 55 Prozent der klimaschädlichen Emissionen im Luftverkehr mit diesem Flugzeugkonzept vermeiden!"

Und Kallo ist von der High-Tech überzeugt: "Zwar kostet die Entwicklung bis zur Serienreife geschätzt eine Milliarde Euro. Die Gesamtkosten des Betriebs sind aber um 400 Milliarden Euro geringer, als wenn man die Flugzeuge mit synthetischen Kraftstoffen tanken würde!"

Truffner, Rückert und Mack

Und damit dieser Plan klappt, brauchen Firmen wie H2Fly von Kallo die neue "BALIS"-Anlage auf dem Innovationscampus Empfingen. Denn was sicher auf Empfinger Boden steht, kann – bis alles hundert Prozent sicher ist und reibungslos funktioniert – nicht abstürzen. Kein Wunder, dass auch Empfingens Bürgermeister Ferdinand Truffner, Landrat Klaus-Michael Rückert und der frischgewählte Bundestagsabgeordnete Klaus Mack (CDU) beim Spatenstich dabei sind.

Truffner erhofft sich vom Testgelände für die "fliegende Brennstoffzelle" Impulse für die heimischen Firmen wie SACS. Und natürlich auch den Ruhm, wenn die Macher es schaffen, in Empfingen den Wasserstoff-Propeller zum fliegen zu bringen. Rückert ist gespannt auf die Entwicklung des Projektes, weil der Campus Freudenstadt jetzt eine Förderung über Regio Win für die Entwicklung von Wasserstoff aus Bio-Material bekommen hat. Und Mack freut sich, weil er auch schon bei der Weichenstellung für das von Boysen geplante Wasserstoffzentrum in Simmersfeld dabei war.