So fühlt sich Ute Tatzel-Nowel manchmal, wenn sie mit ihren Anliegen für mehr Barrierefreiheit in Burladingen auf taube Ohren stößt. Aber sie findet im Gespräch mit unserer Redaktion auch lobende Worte.
„Warum müssen wir immer so stark kämpfen, damit wir auch dabei sein dürfen?“, fragt Ute Tatzel-Nowel etwas verzweifelt im Gespräch mit unserer Redaktion. Als Leiterin der Selbsthilfegruppe „Barrierefrei on Tour“ setzt sie sich ehrenamtlich für alle diejenigen ein, die aus verschiedensten Gründen in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens ausgeschlossen werden. „Es gibt viele Menschen, darunter auch viele junge Menschen, die sich kaum oder auch gar nicht aus dem Haus trauen“, weiß sie.
Vor allem im ländlichen Raum gebe es noch nicht so viele Angebote, die so geplant sind, dass alle sie wahrnehmen können. Doch dabei bedeute „barrierefrei“ nicht nur, dass Rollstuhlfahrer eine Rampe bekommen. Von barrierefreien Konzepten profitieren auch Menschen mit Rollatoren oder Kinderwägen. „Barrierefrei ist auch familienfreundlich“, sagt Tatzel-Nowel. „Das ist nicht nur für Kranke, sondern auch für Alte und für Familien wichtig.“
Kleine Änderungen, große Wirkung
„In Burladingen ist die Situation noch deutlich verbesserungswürdig“, findet sie. Ideen, kleine sowie große, hat die 58-Jährige viele, um das Leben in Burladingen so zu gestalten, dass jeder daran teilhaben kann. „Das muss nicht immer gleich extrem teuer sein“, sagt sie. Häufig könnten bereits kleine Änderungen Großes bewirken. „Oft würde es schon helfen, wenn man einfach miteinander redet.“
„Ich bin auch nur ein Mensch“
Dabei gehe es nicht darum, andere zu kritisieren. „Aber ich muss doch sagen, wenn etwas nicht klappt oder verbessert werden muss.“ Denn wer nicht selbst mit diesen Herausforderungen konfrontiert ist, denke meist nur wenig darüber nach. „Das soll kein Vorwurf sein, aber deswegen weise ich eben darauf hin“, sagt die an Multipler Sklerose erkrankte Hausenerin. „Manchmal fühle ich mich aber eher wie der Feind im eigenen Nest, wenn ich versuche meine Anregungen einzubringen.“ Das macht ihr merklich zu schaffen. „Ich bin auch nur ein Mensch“, sagt sie. „Wenn ich dann als nervig empfunden und abgetan werde, ist das auch auf menschlicher Ebene nicht immer so einfach wegzustecken.“
Top Thema: Toiletten für alle
Ein Thema das sie immer wieder beschäftigt: barrierefreie Toiletten. „Wenn ich in einer Gaststätte nicht die Toilette benutzen kann, dann kann ich dort einfach nicht hin.“ In Burladingen sei das ein besonders relevantes Thema, denn dort habe nicht eine einzige Gaststätte eine barrierefreie Toilette.
Geburtstage, besondere Feiern oder mal gemütlich mit der Familie Essen gehen sind für Tatzel-Nowel und ihre Familie in Burladingen demnach entweder nicht möglich oder eben, nur dann, wenn sie zuhause bleibt.
Psychisch belastend
„Das ist einfach kein schönes Gefühl“, weiß die 58-Jährige nicht nur aus eigener Erfahrung. „Das geht vielen auf die Psyche, man fühlt sich oft wie eine Belastung für andere.“ Dabei müsse das nicht sein. „Es finden sich oft gute Lösungen, um die Teilhabe für alle zu ermöglichen.“ Wenn es beispielsweise an der Finanzierung hadert, wären Fördergelder, Spendenaktionen oder andere Projekte mögliche Ansätze.
Lob für Umdenken auch im Rathaus
Glücklich stimmt sie, dass in der Fehlastadt langsam ein gewisses Umdenken stattfindet. „Mit der Stadt und insbesondere mit unserem Bürgermeister bin ich immer wieder im Austausch“, berichtet sie. „Der neue Marktplatz ist auch toll geworden und der Tante M Laden“, erzählt sie.
Ort der Zusammenkunft in Burladingen
Zumindest im Sommer freut sie sich außerdem über das Eiscafé Puro, welches – unter anderem wegen der vorhandenen barrierefreien Toilette – ein beliebter Treffpunkt für Tatzel-Nowel geworden ist. Und auch der Wanderweg entlang der Lauchert, welcher auch für Menschen mit Gehbehinderung oder Kinderwagen nutzbar ist, sei eine tolle Bereicherung. „Selbst im Winter war dort einiges los“, erzählt sie.
Für die Zukunft wünscht sie sich einen Ort der Zusammenkunft in Burladingen, der für alle zugänglich ist. „Und vielleicht könnten wie mal ein inklusives Stadtfest veranstalten“, überlegt sie. „Das wäre sicher schön. Man könnte das gemeinsam angehen.“ Natürlich unter dem Motto: „Wenn man immer für alle plant, ist es auch für alle geeignet.“