In Bad Cannstatt sollen jetzt auch Schülerinnen und Schüler mit geistigem Handicap gemeinsam mit Gymnasiasten unterrichtet werden. Foto: dpa

Schüler mit geistiger Behinderung am Gymnasium zu unterrichten, war bislang nicht vorgesehen. In Bad Cannstatt will Schulleiter Norbert Edel es 2015 dennoch mit einer Klasse wagen.

Schüler mit geistiger Behinderung am Gymnasium zu unterrichten, war bislang nicht vorgesehen. In Bad Cannstatt will Schulleiter Norbert Edel es 2015 dennoch mit einer Klasse wagen.

Stuttgart - In Stuttgart lernen bereits 489 Schüler mit geistigem oder körperlichem Handicap an insgesamt 60 regulären Schulen. Tendenz steigend: Weitere 300 inklusive Schüler seien bereits für nächstes Jahr angemeldet, teilt das staatliche Schulamt mit. Geistig behinderte Schüler am Gymnasium gehören allerdings nicht dazu – bis jetzt. Das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium will fünf bis acht Schüler mit Handicap aufnehmen.

Herr Edel, Sie wollen von 2015 an erstmals geistig behinderte Schüler am Gymnasium unterrichten. Wie kann das funktionieren?
Wir wollen eine Außenklasse der Helene-Schöttle-Schule bei uns integrieren, eine Schule für geistig Behinderte. Die Schüler erhalten einen eigenen Kassenraum, haben aber eine Partnerklasse im „Elly“ und mit diesen Schülern ohne Handicap möglichst oft gemeinsam Unterricht.
Kann denn eine Lehrkraft allein diese besondere Aufgabe bewältigen?
Nein, das ist kaum zu schaffen. Deshalb soll bei dem gemeinsamen Unterricht immer ein Sonderpädagoge der Helene-Schöttle-Schule mit im Klassenzimmer sein, der den Stoff gemeinsam mit dem Fachlehrer aufbereitet.
Wissen Sie schon, in welchen Fächern und bei welchen Inhalten das klappen könnte?
Bis jetzt wissen wir das noch nicht ganz genau. Wir sind derzeit dabei, Erfahrungen zu sammeln und wollen dann ein Konzept erarbeiten. Schon jetzt haben wir ja am „Elly“ Schüler mit Handicap.
Das bedeutet konkret?
Rund fünf Prozent unserer Schüler haben die unterschiedlichsten Einschränkungen: Beispielsweise Seh- oder Hörbehinderungen, Diabetes oder eine Lese- und Rechtschreibschwäche. Auch bei denen versuchen wir, so gut wie möglich auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Die Außenklasse von der Helene-Schöttle-Schule wird allerdings einen zieldifferenten Unterricht bekommen. Das heißt, die inklusiven Schüler haben nicht das Abitur zum Ziel.
Wie reagieren denn die Eltern an ihrer Schule auf ihre Pläne mit der Inklusion?
Die Eltern, die noch keine Erfahrungen mit Inklusion haben, reagieren offen bis skeptisch darauf. Diejenigen, für die das Thema nicht neu ist, sind demgegenüber wesentlich aufgeschlossener. Sie wissen, wie positiv so eine Situation sein kann.
Haben Sie nicht auch Angst, dass der Versuch vielleicht scheitern könnte?
Womöglich werden wir auch Fehler machen, ja. Das gehört auch dazu. Aber wir gehen mit einer positiven Erwartung an das Projekt und wollen Erfahrungen gewinnen, die unser Zusammenleben weiter befördern.