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Der Anschluss an das Bahnnetz brachte den Gemeinden im Kinzigtal viele Vorteile. Die Erschließung durch die Bahn ist vor allem einem Mann zu verdanken: Robert Gerwig. Er war der Ingenieur, der den Ausbau anleitete.
Heute gehört es zum Alltag, dass Züge durchs Kinzigtal rollen. Ohne sie kämen viele Jugendliche und Pendler nicht zur Arbeit oder in die Schule und auch Touristen wären allein auf das Auto angewiesen. Die Erschließung des Kinzigtals durch die Bahn ist vor allem einem Mann zu verdanken: Robert Gerwig.
Er war der Ingenieur, der den Ausbau anleitete. Erste Planungen für den Bau einer Bahnstrecke, die den Schwarzwald zentral queren sollte, gab es bereits in den 1840er Jahren. Allerdings wurden diese wieder verworfen, da die damals nur zur Verfügung stehenden, noch relativ leistungsschwachen Lokomotiven eine flache, technisch hoch aufwendig zu bauende und unbezahlbar teure Streckenführung erfordert hätten.
Der Ausbau begann dann zunächst eingleisig; im Juli 1866 wurde die Strecke Offenburg-Hausach freigegeben, im Oktober 1866 wurde der Haslacher Bahnhof gebaut. Die meisten Menschen im Tal jubelten, es gab aber auch viele Stimmen, die dem „Dampfross“ kritisch gegenüberstanden. Trotz des großen Schritts in die Zukunft war den Menschen nicht nach Feiern – die Schlacht bei Königgrätz stand bevor, die Soldaten standen sich bereits gegenüber, der Ausgang war offen. Der schnelle Bau der Strecke war möglich, da die Züge noch mit niedrigen Geschwindigkeiten fuhren und dem Unterbau deshalb keine besondere Beachtung geschenkt wurde. Die Zeiten änderten sich jedoch rasch, die Züge wurden schneller, erforderten ein sicheres Gleisbett, und zum Schutz gegen Hochwasser wurden die Schienen später, wo es erforderlich war, auf einen Damm verlegt. Von der damals auf der Talsohle erbauten Strecke künden heute noch zahlreiche Bahnwartshäuschen, etwa am Hechtsberg bei der Kläranlage, das Haus Kech im Dorf, wo am Damm noch Reste der Schranke zu sehen sind und das Haus im Bahnhofsbereich, wo einst die Hauptstraße verlief. Die Bahnwärter und ihre Frauen hatten die Schranken zu bedienen – bei den anfangs sehr wenigen Zügen keine Stressaufgabe. Zugleich waren die Männer auch Streckenläufer, die auf die Sicherheit achteten und mit langen Schraubenschlüsseln nötigenfalls die Schrauben anzogen, mit denen die Schienen befestigt waren.
Viele Vorteile durch Anschluss an das Bahnnetz
Die Bahnwartshäuser enthielten auch eine Stallung, denn von dem geringen Verdienst konnten die Familien nicht leben. In den Stallungen wurden die „Bahnwartskühe“ – dabei handelte es sich um Ziegen – gehalten, die entlang der Strecke kostenlos grasen konnten.
Wie dankbar die Menschen das neue Verkehrsmittel annahmen, zeigen die Zahlen: Allein im ersten Monat nach der Inbetriebnahme wurden 16 287 Personen befördert. Die Bahnstrecke sollte weiter bis nach Villingen ausgebaut werden. Das dauerte aber länger als geplant, denn die Geländeverhältnisse waren schwierig. Erst 1873 waren die Arbeiten beendet. Erst 1887 wurde die Strecke Offenburg-Hausach zweigleisig und erst 1878 wurde die Strecke Hausach-Wolfach eröffnet.
Der Anschluss an das Bahnnetz brachte den Gemeinden im Kinzigtal viele Vorteile. Die Bevölkerungszahl wuchs, nicht nur, weil die Bahn Arbeitsplätze schuf. Durch den Bau der Schwarzwaldbahn konnte sich auch die Industrie weiter entwickeln. Insbesondere das Hammerwerk Haiss profitierte und wurde zum größten Industriebetrieb im Kinzigtal. Auch in Hausach ging es aufwärts: Stark nahm nach dem Bahnbau auch der Holzhandel zu, früher ein Privileg der Flößer von Wolfach und Schiltach. Auf der Nordseite der Bahn wurde ein großer Holzplatz mit direktem Gleisanschluss angelegt. Hier konnten die Säger ihre Schnittware bis zum Versand zwischenlagern. Dies brachte den Sägern und dem Fuhrgewerbe der Region großen Auftrieb. Hausach war über einige Jahre Endstation der Bahn, was zum Bau des damaligen Bahnhofshotels und der Bahnwirtschaft, dem Bau des Gasthauses Blume 1870 sowie zu einer starken Zunahme des Fuhrverkehrs führte.
Heute gilt die Badische Schwarzwaldbahn in ihrer gesamten Länge als ein Kulturdenkmal. Im vergangenen Jahr wurden auf ihr rund elf Millionen Fahrgäste befördert.
Robert Gerwig
Der Beamtensohn Robert Gerwig wuchs in Karlsruhe auf. Das Ingenieursexamen legte er 1841 an der Großherzoglichen Polytechnischen Schule – spätere Technische Universität – in Karlsruhe ab. Nach dem Abschluss trat er in den Dienst der Oberdirektion für Wasser- und Straßenbau ein und war sein ganzes Berufsleben lang mit dem Bau von Eisenbahnen und Straßen befasst.