Michael Bitzer, Ärztlicher Direktor des Zollernalbklinikums, legte dar, warum er ein Zentralklinikum für unverzichtbar hält. Foto: Kistner

Erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie hat wieder ein Informationsabend zum Projekt Zentralklinikum Zollernalb stattgefunden – diesmal in Laufen.

Albstadt-Laufen - Ende März hat der Kreistag grünes Licht für die Vorplanung des neuen Zentralklinikums gegeben; Projektmanager Markus Riester verspricht sich von dieser für das kommende Jahr eine Präzisierung und Unterfütterung der noch nicht sonderlich harten Kostenkalkulation, die derzeit bei 400 Millionen Euro liegt – das ist der aktuelle Stand der Dinge.

Wie es weitergehen könnte, sofern alles einigermaßen nach Plan läuft, das legte Riester im Anschluss an die einleitende Frontalinformation an einem von einem halben Dutzend Infoständen dar, an denen sich die Besucher des als "Bürgerdialog" konzipierten Infoabends in der Laufener Festhalle mit den Fachleuten unterhalten konnten. Die Vorplanung – derer es nicht zuletzt für die Zuschussanträge bedarf – soll 2024 abgeschlossen sein, Entwurfs- und Genehmigungsplanung 2025 vorliegen, sodass der Bauantrag Mitte 2025 eingereicht werden könnte. Zwei rote Rauten markierten auf seiner Tabelle, die an einer Stellwand hing, den Eingang der Baugenehmigung und den Beginn der ersten Baumaßnahmen – beide saßen auf der Trennlinie zwischen 2025 und 2026.

Verzug wäre fatal

Ob das auch so kommt, weiß heute natürlich noch niemand – es kann einiges dazwischen kommen, Klagen zum Beispiel. Riester wäre jede Verzögerung äußerst unlieb – nichts gehe mehr ins Geld als Verzug. Wobei noch andere Fährnisse die aktuellen Schätzungen zur Makulatur machen können, etwa wenn zwei Prozent Inflation einkalkuliert wurden, die Baupreise aber über einen längeren Zeitraum hinweg um sieben Prozent steigen. Wie viel von den Gesamtkosten der Zollernalbkreis respektive die Kommunen, die ihn per Umlage finanzieren, zahlen müsste, steht auch noch nicht felsenfest. Üblich sind laut Riester 50 Prozent Förderung, aber das gilt nur für die sogenannten "erforderlichen Module", nicht für die "ergänzenden". "Erforderlich" sind der Kostenschätzung zufolge derzeit 360 Millionen Euro; beim jetzigen Stand der Schätzung müsste der Kreis also 220 Millionen Euro aufbringen.

Mehr Interdisziplinarität

Muss das sein? Michael Bitzer, Ärztlicher Direktor des Zollernalbklinikums, hatte eingangs die zwingendsten Gründe dafür aufgelistet, weshalb die Zentralisierung unumgänglich sei. In einer Zeit, in der sich immer mehr Behandlungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich verlagern, komme die Klinik nicht umhin, ihr stationäres Angebot qualitativ aufzuwerten – versäume sie es, dann ende sie langfristig als "Portalklinikum". Mehr Qualität bedeute unter anderem mehr Interdisziplinarität: Kardiologe, Geriater und Diabetologe müssten gegebenenfalls bei der Behandlung des betagten und zuckerkranken Herzpatienten Hand in Hand arbeiten, Chirurg, Onkologe und Gastroenterologe gemeinsam am Bett des Darmpatienten stehen – wie solle das umstandslos funktionieren, wenn der eine in Balingen, der andere in Albstadt wirke.

Auch die ambulante Versorgung könnte leiden

Ein weiteres Argument: Personalplanung und Ausfallmanagement – in Pandemiezeiten eine extreme Herausforderung – fallen laut Bitzer wesentlich leichter, wenn alle Kräfte in einem Haus vereint sind. Überhaupt müsse das Zollernalbklinikum attraktiver fürs Personal werden – "mit den bestehenden Strukturen geht das nicht" – und auch für den Ärztenachwuchs. Erfahrungsgemäß komme gut und gern die Hälfte der niedergelassenen Ärzte aus dem Klinikum; wenn dieses seine Anziehungskraft auf den Nachwuchs einbüße, leide darunter mittelbar auch die ambulante Patientenbetreuung.

"Pro Kelleregert"

Widerworte dazu waren an diesem Abend nicht zu hören; die Gegner der Zentralisierung, von denen einige unter den rund 60 Gästen des Abends waren, verzichteten auf Debatten am Infostand. Dagegen wurde die Standortfrage engagiert diskutiert, und es waren auch Flugblätter "Pro Kelleregert" im Umlauf. Michael Wagner, der Balinger Baudezernent, räumte ein, dass "Kelleregert" in städtebaulicher Hinsicht womöglich der geeignetere Standort gewesen wäre und am Ende die politische Rücksicht auf die Albstädter Nachbarn den Ausschlag gegeben habe. Andererseits: Ungeeignet sei keiner der drei zur Debatte stehende Standorte gewesen und das ganze am Ende eine Ermessensfrage. So sah es auch Landrat Günther-Martin Pauli: "Im übrigen: Die Messe ist gelesen."