Bahnexperte Roland Morlok (mitte) in der Diskussion um den geplanten Tunnel in Sulz. Jürgen Resch (Deutsche Umwelthilfe, links) und Wolfgang Grohe (Gäubahnkomitee Stuttgart) hören zu. Foto: Lück

Warum der jetzt neu geplante Tunnel die Stadt verändert könnte. Gibt es bald zwei Bahnhöfe? Wird er überhaupt gebaut? Bei einer Veranstaltung von Pro Gäubahn sprach Bahnexperte Roland Morlok.

Die Bahn hat jetzt ihre Planungen für den Gäubahn-Ausbau verändert. Der Tunnel in Sulz wird anders geplant. Bei der Info-Veranstaltung von Pro Gäubahn im Rathaus gab es konkrete Informationen. Mit im Publikum: Hauptamtsleiter Hartmut Walter.

 

Der berichtet die Fakten, die im Sulzer Rathaus bekannt sind: „Uns wurden von der Bahn her Bodenuntersuchungen angekündigt. Einmal für ein gut 700 bis 800 Meter langes Viadukt in Höhe der Kläranlage Neckarhausen, denn der mögliche Standort des neuen Tunnelmundes: Er soll jetzt frühestens in der Breslauer Straße aus dem Berg herauskommen. Ursprünglich sollte der Tunnelmund an der Stuttgarter Straße herauskommen und hätte dann den Bahnhof erschlossen.“

Allerdings, so Walter: „Nach dem Feuer 2001 lag das Gebäude gut 20 Jahre lang brach. Dann wurde es zurückgebaut, das Angelika-Wössner-Stift gebaut.“ Irgendwann hat das dann die Bahn in ihren Planungen auch bemerkt.

Manfred Stocker von Pro Gäubahn zeigt, wo der alte und der neue Tunnelausgang in Sulz geplant sind. Foto: Jürgen Lück

Manfred Stocker aus Sulz gehört zu Pro Gäubahn. Die Bewegung, die den Info-Abend im Rathaus organisiert hatte. Er erklärt anhand der Karte, dass der neue Tunnelausgang 1500 Meter weiter südlich liegt. Und 750 Meter vom jetzigen Bahnhof entfernt.

Ein Zuhörer: „Wenn der Haltepunkt von Sulz ganz an den Rand verlegt wird, wird Sulz nicht mehr erschlossen.“

Ist der Tunnel rausgeschmissenes Geld?

Bahnexperte Roland Morlok vom Deutschen Bahnkundenverband: „Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Bei der Kosten-Nutzen-Berechnung wird ein Radius rund um den Haltepunkt gezogen. Wenn dort zu wenig Menschen wohnen, gibt das natürlich Abzüge.“

Er kritisiert an diesem neuen Tunnel, dass das „rausgeschmissenes Geld“ sei. Morlok: „Nimmt man die Kostenschätzung aus dem Jahr 2021 für den Gäubahn-Ausbau Rietheim-Tuttlingen, kommt man auf 13,3 Millionen Euro pro Kilometer. Rechnet man diese Kosten auf die Streckenlänge der Gäubahn um, würde ein komplett zweigleisiger Ausbau gut 600 Millionen Euro zusätzlich kosten. Allein der Pfaffensteigtunnel, der die Gäubahn über den Flughafen Stuttgart zum Hauptbahnhof führen soll, wird mit real 2,7 Milliarden Euro Baukosten geschätzt.“

Unter den Zuhörern: Hartmut Walter, Hauptamtsleiter im Rathaus Sulz. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Zweigleisiger Schienenausbau viel günstiger

Zweigleisiger Ausbau statt Tunnel – auch in Sulz? Morlok: „Der neue Sulzer Tunnel soll eine Fahrzeitverkürzung von insgesamt 2,5 Minuten bringen – alle Umbaumaßnahmen sechs Minuten. Der Sulzer Tunnel wurde bisher mit 244 Millionen Euro Baukosten geschätzt. Schaut man sich allerdings den Gutachterentwurf für den zukünftigen Deutschland-Takt in Stuttgart an, sieht man, dass die Gäubahn aus Sulz zur Minute 19 ankommt und zur Minute 25 Richtung Nürnberg weiterfahren soll. Perfekt wäre ein Umstieg zur Minute 30 in Stuttgart, um den Deutschland-Takt einhalten zu können. Rechnet man die sechs Minuten ohne Tunnel dazu, dann würde das genau passen.“

Dazu kommt: Den zweigleisige Ausbau der Gäubahn um Sulz ohne Tunnel schätzt Bahnexperte Morlok auf 100 Millionen Euro.

Gibt es keinen Fernverkehrshalt mehr?

Hauptamtsleiter Walter: „Ich fahre meistens Richtung Stuttgart. Da ist es natürlich gut, wenn man mit dem Fernverkehr einen Stunden-Takt hat.“

Bahnexperte Morlok: „Da sehe ich schwarz. Der Fernverkehr dürfte dann fast ganz weg sein. Stündlich wird der Regionalverkehr wohl in Sulz halten. Bisher übernimmt das Land einen Teil der Kosten für die Gültigkeit des Nahverkehrstickets im Fernverkehr auf der Gäubahn. Wenn das wegfällt, ist die Frage, ob das Land stattdessen stündliche Nahverkehrszüge mit Halt in Sulz bestellt.“

Roland Morlok ist Bahnexperte vom vom Deutschen Bahnkundenverband. Foto: Jürgen Lück/Juergen Lueck

Wird es nach Süden mit dem Tunnel besser?

Morlok: „Es ist eine Direktverbindung ohne Umsteigen nach Villingen-Schwenningen geplant. Allerdings müssen die Sulzer dafür in Rottweil umsteigen. Und haben dort eine Wartezeit zwischen 30 und 34 Minuten. Das heißt: Die Fahrt zwischen Sulz und Singen dauert heute eine Stunde neun Minuten. Mit Tunnel werden es mit dem Umstieg in Rottweil dann eine Stunden und 30 Minuten sein!“

Und dieser Tunnel hätte auch Konsequenzen für den Güterverkehr. Bahnexperte Morlok: „In Horb steht jetzt das Black Forest Terminal. Singen als Terminal ist schon bis an die Grenze ausgelastet. Auch der Güterbahn hilft ein eingleisiger Tunnel in Sulz nicht.“

Droht Bahnhofs-Chaos bei zwei Haltepunkten?

Am Haltepunkt Breslauer Straße parken und einsteigen? Auf der Rückfahrt dann am Bahnhof Sulz? Bahnexperte Morlok befürchtet, dass die absehbare Bahnhofs-Konstruktion mit einem Haltepunkt am Ortsrand und in der Ortsmitte, wenn die bisherige Gäubahn-Schienen liegen und erhalten bleiben, fatale Folgen für Sulz haben könnte. Bahnexperte Morlok: „Fordern sie ein, dass Sulz nicht abgehängt wird.“

Was sagt Sulz Hauptamtsleiter? Harmut Walter: „Das sind sehr interessant Einblicke. Uns geht es darum, den Bahnhof Sulz zu erhalten und die beste Bahnanbindung für die Bürger zu haben. Unser Augenmerk gilt dabei auch dem Schülerverkehr Richtung Süden.“