Zahlreiche Menschen in der Region sind bereits von der Influenzawelle betroffen. Foto: terovesalainen – stock.adobe.com

Wegen Coronavirus trotz steigener Zahlen aus Bewusstsein verdrängt. Patienten konsultieren häufiger Arzt.

Oberndorf - Während das Thema Coronavirus allgegenwärtig ist, ist es um eine andere Erkrankung still geworden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Virusgrippe, auch bekannt als Influenza, deshalb weniger aggressiv ist als in den Vorjahren. Wir haben uns bei den Gesundheitsämtern in der Region umgehört.

"Bei unserem Gesundheitsamt wurden bisher besonders viele Grippefälle in dieser Saison gemeldet", erklärt Sabine Eisele vom Landratsamt Freundenstadt. "Bisher haben wir insgesamt 133 Fälle. Bis zur Kalenderwoche neun waren es 93 Grippefälle. Im vergangenen Jahr gab es zur gleichen Zeit nur 52", sagt sie. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl des Landkreises sind in dieser Saison bisher 0,1 Prozent der Bevölkerung an Grippe erkrankt. Zahlen zu Todesfällen kann das Landratsamt derzeit nicht vorlegen.

Bereits einen Todesfall im Kreis Calw

Ähnlich sieht es auch in anderen Landkreisen aus. "Der Abteilung Gesundheit und Versorgung wurden im Zeitraum Januar bis März 2019 insgesamt 368 Grippeerkrankungen gemeldet", verrät Anja Härtel vom Landratsamt Calw. "In  dieser Saison, ebenfalls zwischen Januar und März, wurden uns bisher 343 bestätigte Influenza-Fälle mitgeteilt." Das machen 0,2 Prozent Erkrankte im Kreis Calw. Todesfälle aufgrund der Influenza gab es diese sowie vergangene Saison jeweils einen.

Im Kreis Rottweil hat sich die Zahl der Grippefälle zum jetzigen Stand im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Während es in der Saison 2019 bis zur Kalenderwoche elf lediglich 224 Influenza-Erkrankungen gab, sind es bis zur diesjährigen Kalenderwoche elf schon 425 Grippe-Fälle, wie das dortige Landratsamt auf Anfrage bestätigte. Im Kreis Rottweil sind diese Saison bisher damit 0,3 Prozent der Menschen betroffen. Ein Todesfall war bislang darunter. In den vergangenen beiden Jahren gab es jeweils zwei Todesopfer im Landkreis.

Gravierende Zahlen im Zollernalbkreis

Besonders gravierend sind die Zahlen im Zollernalbkreis. "In der Saison 2019 gab es bis zum 19. Februar nur 90 Fälle", sagt Marisa Hahn vom Landratsamt. "Im aktuellen Jahr waren es, ebenfalls bis zum 19. Februar, schon ganze 292 Grippe-Infektionen." Damit hat der Zollernalbkreis in der aktuellen Grippe-Saison bis zum 19. Februar eine Quote von 0,15 Prozent. Zahlen zu Todesfällen kann das Landratsamt derzeit nicht vorlegen.

Das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis gibt bekannt, dass es in der Saison 2020 bislang 313 Grippe-Fälle gab. Das sind nach bisherigem Stand 0,15 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landkreises - also eine ähnliche Quote wie im Zollernalbkreis. In der Saison des vergangenen Jahres waren es insgesamt 441 Betroffene Personen. Todesfälle gibt es in diesem Jahr noch keine.

Anstieg wegen vermehrter Arztbesuche

"Der Grund, weshalb die Grippezahlen in den Landkreisen in dieser Saison höher sind als sonst, könnte auch daran liegen, dass in Statistiken nur die gemeldeten Fälle auftreten", erklärt Kai Sonntag von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. "Gemeldet werden kann nur, was auch diagnostiziert wurde."

Wegen der Angst um Corona melde sich in diesem Jahr so mancher Patient mit Erkältungs-Symptomen beim Arzt, der diesen sonst überhaupt nicht aufgesucht hätte. Mit Grippesymptomen sei es übrigens immer empfehlenswert, vorher beim Arzt anzurufen und sich anzukündigen. Natürlich dürfe man dann aber zum Arzt gehen.

Corona "andere Situation als Grippe"

"Verdacht auf Corona dagegen ist etwas anderes", merkt Sonntag an. "Dass man damit nicht die Arztpraxis besuchen sollte, hat zwei Gründe. Der Arzt entscheidet, ob er einen Abstrich macht, oder ob der anderswo gemacht werden muss. Im Zweifelsfall kann sich der Patient dann den Weg zur Praxis sparen." Der zweite, noch wichtigere Grund sei, dass die Praxis aufgrund der Ansteckungsgefahr mit dem neuartigen Virus geschlossen werden müsse, sollte der Test positiv ausfallen. "Wir haben hier also eine andere Situation als mit der Grippe."

Ein Verdacht auf Corona bestehe dann, wenn jemand grippeähnliche Symptome habe und zuvor entweder in einem Risikogebiet war oder Kontakt zu einer mit Corona infizierten Person hatte. "Ist dieser Fall nicht gegeben, wird bei den Symptomen von einer Grippe ausgegangen."

Nicht zu verwechseln mit grippalem Infekt

Unterscheiden müsse man auch zwischen der Grippe, also Influenza, und einem grippalen Infekt. "Die echte Grippe ist eine schwere Erkrankung, die jährlich viele Todesopfer fordert. Der grippale Infekt, der im Volksmund ebenfalls Grippe genannt wird, ist eine etwas heftigere Erkältung." Das komme zu dieser Jahreszeit sehr häufig vor. "Noch dazu kommen im Winter vermehrt Patienten mit normalen Erkältungen zum Arzt." Und das mache die Differenzierung nicht gerade einfacher.

Eines ist auf alle Fälle klar: Mit dem Aufkommen der neuen Krankheit verschwinden die Altbekannten nicht.