Mit den Mitgliedern des Zweckverbands „Interkommunaler Industrie- und Gewerbepark Meßstetten“ um den Vorsitzenden Frank Schroft und Geschäftsführerin (Dritte von rechts) haben die Ministerinnen Nicole Hoffmeister-Kraut und Nicole Razavi (von rechts) über die künftige Ausrichtung des Standorts gesprochen. Foto: Martin Kistner

Gleich zwei Landesministerinnen haben am Freitagnachmittag den Meßstetter Geißbühl besucht, sich über den Stand der Dinge in Sachen Interkommunaler Industrie- und Gewerbepark Zollernalb informiert – und die Weichen für Nachhaltigkeit gestellt.

Auch das kann man unter der Rubrik Stadtortvorteile verbuchen: eine Landtagsabgeordnete, die gleichzeitig auch noch Ministerin ist und ihrer Kabinettskollegin aus Göppingen so lange keine Ruhe lässt, bis diese die erbetene Unterschrift leistet: Am 21. Dezember hatte Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, grünes Licht für eine seit zwei Jahren ausstehende Regionalplanänderung gegeben und damit die Weichen für neue Industrie- und Gewerbeflächen auf dem Meßstetter Geißbühl gestellt.

Zweieinhalb Monate später, am Freitag, waren sie und Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut fort und haben sich gemeinsam das „Weihnachtsgeschenk“ angeschaut.

Die Grundstücksverhandlungen sollen noch 2023 abgeschlossen werden

Was ist Stand der Dinge? Die Regionalplanänderung ist durch, Razavis Haus hat Förderung in 1,6 Millionen Euro bewilligt, und die „sehr konkreten“ Grundstücksverhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sind im Gange – Frank Schroft, Meßstetter Bürgermeister und als Zweckverbandsvorsitzender Gastgeber der beiden Ministerinnen, gibt sich zuversichtlich, dass sie noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können.

Warum nicht schon früher? – Das Thema ist alt! Weil sich, wie Albstadts Oberbürgermeister Klaus Konzelmann, der mit seinen Amtskollegen Helmut Reitemann aus Balingen und Jörg Alisch aus Nusplingen gekommen war, mit der Gründung des Zweckverbands von fünf Gemeinden kurz vor dem Abschluss die Voraussetzungen geändert hatten: Für Meßstetten hätte ein Teil des einstigen Kasernengeländes genügt, für fünf Gemeinden, darunter zwei Mittelzentren, nicht.

„Wohl dem, der solche Flächen hat!“

Zurück auf „Los“! 55 Hektar groß ist das Gelände, rechnet man Wald, Doline, Biotop und den Zwickel, den die BImA für den Bundesforst behält, ab, bleiben, 38 Hektar. „Wohl dem, der solche Flächen hat“, seufzte Razavi, die im Landtag des Wahlkreis Göppingen vertritt.

Die Planung erläuterte Verbandsgeschäftsführerin Heike Bartenbach: Das neue Industrie- und Gewerbegebiet soll hohen ökologischen Ansprüchen gerecht werden; vorgesehen sind Nachverdichtung, Erzeugung und Nutzung regenerativer Energie, ein Mobilitätsmanagement, das den Transportaufwand minimiert, CO2-Reduzierung, Begrünung, Nutzung regionaler Baustoffe, Recycling und was der Dinge mehr sind – Hoffmeister-Kraut warf noch das Stichwort Wasserstoff ein. Den hat Bartenbach auf der Rechnung, aber dafür braucht es Strom, der erst noch organisiert sein will.

Die Mannheimer Firma könnte es sich noch anders überlegen

Wer soll sich auf dem Geißbühl niederlassen? Zukunftsträchtige Industriefirmen, wenn es nach Reitemann geht, aufstrebende Unternehmen aus dem Bereich Elektromobilität oder Spezialisten für Umwelttechnologie – die Mannheimer Firma MVV will eine Bioabfallvergärungsanlage auf dem früheren Kasernengelände bauen, innovativ und garantiert geruchsneutral. Noch – sollte es allzu lange dauern, bis der Interkommunale Industriepark bezugsfertig ist – könnte sie es sich anders überlegen.

Das ist die große Sorge der Bürgermeister wie auch der Ministerinnen: Baden-Württemberg droht gegenüber der Konkurrenz in Brandenburg oder den neuerdings regelrecht subventionswütigen USA ins Hintertreffen zu geraten: zu hohe Kosten, zu viel Bürokratie – „wir drohen zu verspielen, was wir uns erarbeitet haben“, sagt Nicole Razavi.

Alle brauchen Wohnraum

Ein weiteres großes Problem, das ebenfalls zur Sprache kam, ist ihr schon deshalb bewusst, weil es im Namen ihres Ministeriums auftaucht: Wohnen. Die Beschäftigten der Unternehmen auf dem Geißbühl, die jungen Ukrainerinnen und Ukrainer, die der deutschen Demografie durchaus gut täten, und nicht zuletzt die längst ansässigen Einheimischen – alle brauchen Wohnraum und werden sich nur gegen die Ballungszentren und für die ländliche Provinz entscheiden, wenn die ihnen etwas Besseres bieten kann.

Die große Teuerung bei den Grundstücken, Baumaterialien und Krediten droht den „Motor“ – so Razavi – zum ungünstigsten Zeitpunkt abzuwürgen. „Wir müssen ihn unbedingt am Laufen halten.“ Ihre Gastgeber sehen das genauso.