Die Planungen zur Umwandlung des ehemaligen Kasernenareals zu einem Interkommunalen Industrie- und Gewerbepark sind fortgeschritten. Die Planungen der Landesregierung, die Landeserstaufnahemstelle zu reaktivieren behindern das weitere Vorgehen. Foto: Kästle

Der Rahmenplan für den Interkommunalen Industrie- und Gewerbepark Zollernalb steht, doch noch immer steht die Reaktivierung der Meßstetter LEA im Raum. Was, wenn das Land vertragsbrüchig wird?

Meßstetten - Im November hatte die Landesregierung öffentlich gemacht, dass sie vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen eine Reaktivierung der Landeserstaufnahme erwägt, in der von 2014 bis Oktober 2017 Tausende von Geflüchteten untergekommen waren. Der Zweckverband sowie die beteiligten Kommunen sprachen sich darauf unmissverständlich gegen die Pläne der Landesregierung aus und beriefen sich auf den Vertrag vom Juli 2016, der eine Reaktivierung eigentlich ausschließt. Solange die finale Entscheidung der Landesregierung aussteht, tritt das Projekt Interkommunaler Industrie- und Gewerbepark auf der Stelle.

 

Eine Koexistenz ist ausgeschlossen

Warum? Eine mögliche Reaktivierung, und sei es nur eine auf Zeit, würde die Voraussetzungen für die Umwandlung des Areals grundlegend verändern, erklärte der Stuttgarter Planer Gerd Baldauf – online – in der Sitzung des Zweckverbands, dem außer Meßstetten die Städte Albstadt und Balingen sowie die Gemeinden Nusplingen und Obernheim angehören. Die aktuelle Planung, die, so betonte Frank Schroft, Meßstettens Bürgermeister und Zweckverbandsvorsitzender, längst stehe und nicht erst nach dem Vorstoß des Landes aus dem Hut gezaubert worden sei, sieht ausschließlich eine industrielle und gewerbliche Nutzung vor, keineswegs aber Wohnhäuser oder Einzelhandel vor. Baldauf hält eine Koexistenz von Unternehmen und eine Landeserstaufnahmestelle auf dem Areal für unmöglich und befürchtet dass potenzielle Interessenten bei einer Entscheidung pro LEA abspringen könnten.

Teile der Infrastruktur sind verwendbar

Die Planungen sind mittlerweile weit fortgeschritten. Im Zuge einer Bestandsaufnahme wurde überprüft, in welchem Zustand Kanäle, Straßen und Gebäude auf dem 64 Hektar großen Gelände sind und was unter ökologischen Gesichtspunkten bei der Bebauung zu beachten ist. Das Resultat: Teile der Infrastruktur der ehemaligen Zollernalb-Kaserne sind für das Industrie- und Gewerbegebiet durchaus verwendbar; von den 49 Bestandsgebäuden können laut Baldauf einige durchaus einige einer anderen Nutzung zugeführt werden; viele Gebäude seien laufend instand gehalten werden.

Mit der technischen Infrastruktur hat sich unterdessen das Büro Mayer Ingenieure aus Böblingen beschäftigt. Die Haupterschließungsstraßen des Areals, resümierte Baldauf, seien in gutem Zustand und sehr belastbar; sie könnten als Industrie- und Gewerbestraßen genutzt, die Nebenstraßen entsprechend ertüchtigt werden. Das Wasserleitungsnetz hingegen könne nur unter bestimmten Voraussetzungen weiter genutzt werden und auch das nicht in vollem Umfang; es müsse entsprechend aufgerüstet werden. Ähnlich sei es um das Kanalnetz bestellt; nur Teile könnten eventuell weiter genutzt werden. Der Aufwand für den Umbau sei aber in beiden Fällen vertretbar.

Das Fernwärmenetz stammt aus den 1960er-Jahren und ist an seine Grenzen gelangt, die Weiternutzung abhängig vom Zustand der Energiezentrale und dem Verlauf der für die neuen Gebäude erforderlichen Leitungen. Immerhin befinden die bestehenden Fernwärmeleitungen größtenteils in Bereichen, in denen Gebäude geplant sind. "Wir gehen davon aus, dass sich auf dem Areal moderne Betriebe ansiedeln werden, die energieeffizient arbeiten", erklärte Baldauf.

Wälder werden "verlegt"

Besondere Beachtung schenken müssen die Planer auch den benachbarten Wäldern und den "Waldinseln" im Kasernengebiet. Der einzuhaltende Mindestabstand beträgt 30 Meter; das, so Baldauf, bringe eine deutliche Nutzungseinschränkung mit sich. Auch die innerörtlichen Baumflächen, so klein sie seien, beschnitten die Flächen. Den innergebietlichen Wald könne man immerhin "tauschen" und als Entschädigung für die Rodung von 4,5 Hektar Wald einen ähnlich großen, schlechter nutzbaren Bereich auf dem Gelände aufforsten. Derzeit würden Gespräche und Verhandlungen mit dem Forst geführt.

Auch die Altlasten auf dem ehemaligen Militärareal sind unter die Lupe genommen worden. Kontaminationen wurden unter anderem nahe der Heizzentrale, der Fernmelde-Werkstatt, der ehemaligen Tankstelle, des Schießplatzes und des Betriebsstofflagers festgestellt.

Erster Interessent steht fest

Wie geht es weiter? Es muss ein Rahmenprogramm erarbeitet und als Grundlage für die Parzellierung eine Art Raster über das Gelände gelegt werden. Laut Baldauf ist das nicht ganz einfach, weil man die Flächenanforderungen ja noch nicht kenne; im Interesse der Vermarktung der Flächen müsse so flexibel wie möglich geplant werden. Ein Interessent steht übrigens bereits fest: Die MVV Umwelt GmbH mit Sitz in Mannheim will auf dem Geißbühl eine Bioabfallvergärungsanlage bauen. Des weiteren muss der Bebauungsplan erstellt werden. Die Grunderwerbsverhandlungen zwischen dem Zweckverband und der Bundesimmobilienanstalt (BImA), der die Flächen des ehemaligen Kasernenareals gehören, sind im Gange; den Zweckverband vertritt dabei die Stadt Meßstetten als größte Anteilshaberin. Weitere Flächen sind in privaten Besitz. Das Sportgelände, das auf dem Geißbühl entsteht, wird von der Planung nicht tangiert.

Entscheidung bringt Planungssicherheit

So oder so, am wichtigsten ist zunächst Klarheit: Wird die Landeserstaufnahmeeinrichtung reaktiviert oder nicht? Die Mitglieder des Zweckverbands appellieren an die Landesregierung, zeitnah eine Entscheidung zu treffen. "Wir wollen und können starten und Vollgas geben, aber dürfen nicht", klagte Frank Schroft, und Albstadts Oberbürgermeister Klaus Konzelmann pflichtete bei: "Das sind Bremsklötze, die uns vor den Karren geworfen werden. Wir hängen in der Luft."