Der Weiler Metzgermeister Joachim „Jogi“ Lederer holte erfolgreich Auszubildende aus Indien. Die Stadt Weil tut es ihm nun nach und wirbt in Indien um Erzieherinnen.
Über den Stand des Projekts „Nachwuchsgewinnung aus Indien für die Weiler Kitas“ informierte sich der indische Generalkonsul Shatrughna Sinha bei einer Stippvisite in Weil am Rhein am Mittwoch.
Sein Weg führte ihn in die Metzgerei Lederer, deren Inhaber Joachim „Jogi“ mit seiner Initiative, junge Leute aus Indien für den Metzgerberuf auszubilden, deutschlandweit Furore gemacht hat.
Mit Oberbürgermeisterin Diana Stöcker, Handirk von Ungern-Sternberg vom Freiburger Unternehmen „India Works“ und Lederer tauschten er und der indische Handelskonsul Amir Bashir sich anschließend im Hadid-Pavillon auf dem Weiler LGS-Gelände über die Gewinnung von Fachkräftenachwuchs in Indien aus.
In Indien, einem der bevölkerungsreichsten Staaten der Erde, gebe es viele junge Leute, holte Generalkonsul Sinha dort in seiner Antwort auf die Frage nach der indischen Perspektive etwas weiter aus.
Viele darunter seien sehr motiviert, im Ausland ihr Glück zu suchen, dort Arbeit aufzunehmen und Erfahrungen zu sammeln, sagte er. Dabei gehe es weniger darum, dass diese jungen Menschen in Indien von Arbeitslosigkeit betroffen wären, unterstrich er. Es gebe einfach sehr viele junge, ambitionierte Menschen. „Das Interesse für Jobmöglichkeiten in Deutschland steigt.“
Hunderte indische Fachkräfte sind bereits in Baden-Württemberg
Bei großen deutschen Unternehmen wie Bosch oder BMW sei die Nachfrage nach Fachkräften aus Indien groß, erklärte Sinha. Schwieriger sei es, das Vertrauen der kleineren Unternehmen und Handwerksbetriebe zu gewinnen, sagte er. „Jogi Lederer ist da ein Vorbild für viele.“
600 Fachkräfte oder künftige Fachkräfte sind nach Auskunft von Aditi Banerjee, Gründerin von „Magic Billion“ und Ko-Geschäftsführerin von „India Works“, auf dem Wege der gezielten Anwerbung von Auszubildenden bereits nach Deutschland gekommen – der Großteil davon nach Baden-Württemberg.
Es könnten noch viel mehr werden
Allein rund 250 seien es im Fleischerhandwerk, was ganz wesentlich der entsprechenden Initiative Jogi Lederers und seiner Mitstreiter aus der Fleischerinnung, aber auch der Handwerkskammer Freiburg und des indischen Unternehmens „Magic Billion“ zu verdanken sei.
Die Zahl könnte noch größer werden, unterstrich der Generalkonsul. Ziel sei, Brücken zu schlagen zwischen Indien und Deutschland. Vielleicht auch, eines Tages von der Erfahrungen junger Inder, die später in ihr Heimatland zurückkehren, profitieren zu können.
Projekt zur Gewinnung von Erzieherinnen schreitet voran
Banerjee berichtete anschließend über den Stand der Dinge bei dem in enger Zusammenarbeit in Weil am Rhein entwickelten Fachkräftegewinnungsprojekt für Erzieherinnen aus Indien. Mit vereinten Kräften von „India Works“ und der Stadtverwaltung wurde ein Komplettpaket von der Auswahl geeigneter Kandidatinnen über Sprachkurse und Einreiseformalitäten bis hin zur abgeschlossenen berufsbegleitenden Erzieherinnen-Ausbildung (PIA) geschnürt, das „Weiler Modell“.
Diesem haben sich bereits umliegende Kommunen sowie ein kirchlicher Träger angeschlossen. Es lägen bereits um die 150 Bewerbungen interessierter junger Leute aus Indien vor. Die ersten Bewerbungsgespräche könnten Banerjee zufolge Mitte November geführt werden.
„Die Besten der Besten im Blick“
Um das Projekt zu einem Leuchtturm werden zu lassen, wolle man die „Besten der Besten“ finden, versprach sie. An die Kandidatinnen werden hohe Ansprüche gestellt: Sie müssen mindestens ein Jahr akademische Ausbildung im pädagogischen Bereich durchlaufen und sechs Monate praktisch gearbeitet haben. Getestet werde außerdem ihre Belastungsfähigkeit. Erst in Indien und dann auch in Deutschland müssen sie Deutsch-Sprachkurse durchlaufen.
Im März sei eine Delegationsreise nach Indien geplant, an der sie, die Geschäftsführer von India Works sowie Vertreter der Kita-Träger teilnehmen, informierte Stöcker. Dort wolle man sich ein Bild von dem konkreten Ablauf des Anwerbeverfahrens machen.