Der Kreisgeschichtsverein unternahm eine Reise in die Landesgeschichte. Anlaufschwierigkeiten folgte eine gelungene Exkursion auf die Schwäbische Alb.
Die Jahresfahrt des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) startete an der ersten Haltestelle des Reisebusses am Calmbacher Lindenplatz mit erheblicher Verspätung. Sie wurde aber dennoch für die meisten Teilnehmer zu einer gelungenen Exkursion in die Geschichte Württembergs. Einige Teilnehmer waren schon abgesprungen, als der bestellte Omnibus 45 Minuten später an der ersten Abfahrtstelle eintraf.
Man war schon mitten im Organisieren von Fahrgemeinschaften und hätte sich ein paar Minuten später so auf den Weg gemacht. Immerhin 36 anstatt der mehr als 40 Mitglieder erfuhren auf dem „Albgut“ des Biosphärengebiets Münsingen und in der ehemaligen zeitweiligen württembergischen Residenz Bad Urach allerhand historisch Interessantes und Wissenswertes.
Über den 1895 unter König Wilhelm II. gegründeten Truppenübungsplatz im Biosphärengebiet Münsingen hörten die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt von den Alb-Guides Rita Goller und Karl Kast, dass von einst 250 Gebäuden noch 134 bestehen. Der Platz und die unter Denkmalschutz stehenden Häuser auf diesem sind heute in privater Hand und gehören dem Nudelfabrikanten Franz Tress. Verschiedene Manufakturen und Hotels belegen einen guten Teil der alten Soldatenunterkünfte mit dem Namen „Altes Lager“.
Gelände so groß wie 10.000 Fußballfelder
Das gesamte Gelände umfasst fast 70 Quadratkilometer, was etwa 10 000 Fußballfeldern entspricht. „Als nächstes sollen die rund 4000 Fensterläden gestrichen werden“, wusste Rita Goller.
Das Gelände diente vor 130 Jahren zunächst dem württembergischen Militär, später der Reichswehr, der Wehrmacht, nach dem Zweiten Weltkrieg den französischen Streitkräften und schließlich der Bundeswehr. Diese war dort ab 1957 vertreten, übernahm 1992 nach Abzug der Franzosen alles. Ende 2005 wurde die militärische Anlage als solche geschlossen und an den heutigen Eigentümer zu einem symbolischen Preis verkauft.
Um das Gelände, auf dem in den Anfangszeiten bis zu 15 000 Soldaten mit 4000 Pferden übten, führt eine späteren Zwecken dienende 38 Kilometer lange Panzerstraße. Teilweise wird diese heute von Daimler und dem Baumaschinenhersteller Liebherr genutzt.
Ein Rundgang folgte durch das um 1260 württembergisch gewordene Bad Urach. Das Städtchen war von 1442 bis 1482 Residenz von Württemberg-Urach, zu dem damals das Gebiet um Calw gehörte. Wegen eines Erbstreits zwischen den Brüdern Ulrich V., der in Württemberg-Stuttgart regierte, und Ludwig I. war die Grafschaft geteilt.
Der in Urach geborene Eberhard im Bart verstand es, im Münsinger Vertrag die beiden Länder wieder zu vereinigen. Er gründete 1477 von Urach aus auch die Universität Tübingen. Allerhand erinnert in der Stadt an seine Regierungszeit im gespaltenen Land, das nach der Wiedervereinigung durch den bei Klerus und Fürsten angesehenen Regenten 1495 zum Herzogtum erhoben wurde.
Dank zollte KGV-Vereinschef Tobias Roller den Helfern bei der Organisation, zu denen sich auch Kurt Pfrommer mit Informationen zur bereisten Gegend etwa über den Bodenlosen See oder die Wasserfällen gesellte.
Bad ist Urach erst seit 1983
„Seit wann ist Urach Bad?“, war eine Frage, die bei der KGV-Jahresfahrt aufkam. Während die Bäder im Kreis Calw mit Ausnahme von Bad Herrenalb seit mehreren Jahrhunderten bestehen, wurde in Urach das dort 58 Grad heiß aus dem Boden kommende Thermalwasser erst 1970 erschlossen und das Prädikat Bad floss 1983 in den Namen. Aber Bad Urach schreibt nicht nur in der Wärme des Quellwassers eine höhere Zahl, als die Bäder im Kreis Calw, sondern laut statistischem Landesamt 2024 auch mit den über 373.000 Übernachtungen, wo für Bad Herrenalb rund 305.000, Bad Liebenzell 147.000, Bad Teinach-Zavelstein 118.000 und Bad Wildbad 184.000 gezählt wurden.