Nahezu 120 Gäste verteilten sich in „Landelins Garten“ unter der großen, schattenspendenden Klosterlinde oder alternativ auf dem sonnenbeschienenen Wiesengrün. Sie lauschten dort den vielfältigen Klängen von „Laiva“.
In Ettenheimmünster erwartete die Besucher ein weiteres Konzert im Rahmen des Sommerfestivals „Jazz in den Gärten“, hinter dem wiederum die Initiative „Jazz am Schönberg“ aus dem Freiburger Raum steckt. „Laiva“ war das abendliche Programm betitelt. Zu hören waren dort der Violinist Felix Borel, der auch Mitglied auch im Baden-Badener SWR-Sinfonieorchester ist, und der bundesweit tätige Vibraphonist und Komponist Michael Kiedaisch. Verstärkung erhielten die beiden durch den Kontrabassisten Winfried Holzenkamp, der sich nach einem längeren Aufenthalt in Buenos Aires speziell dem Tango verschrieben hatte, sowie den in Freiburg geborenem Jazz-Schlagzeuger Michael Heidepriem.
„Laiva“ bedeutet auf Finnisch „Schiff“ und per solchem dürften ab 1913 auch die ersten Tangos von Südamerika bis hierher gelangt sein, um sich dann dort in einer meist finnisch-traurigen Variante fortzuentwickeln. Die meisten der in Ettenheimmünster zu hörenden Stücke hatte Kiedaisch selbst komponiert, so auch das einleitende „Lavendel“ als besondere Hommage an den lateinamerikanischen Tango mit imaginärer Schiffsreise durch Eisberge und schroffe Felsen bis nach Südamerika. Bei einer folgenden ersten freien Improvisation des aufeinander blendend eingespielten Quartetts sorgte dieses nicht nur für harmonische Töne, sondern überdies manche eingebauten Überraschungseffekte. Auch mit dem hölzernem „Woody Pecorino“ präsentierte sich das Quartett in bester Instrumentalklang-Ergänzung modernjazz-fetzig und stellenweise virtuos mit spannungsgeladenen Tonerlebnissen.
Auch eine elektronische Violine kam beim Konzert zum Einsatz
„Mond“ kam hingegen harmonisch und eher geruhsam als musikalische Ballade und Slow-Jazz daher – bis der Trabant dann musikalisch platzte. Auf die südamerikanische Erde ging es dann zurück, nun mal mit einem Rumba „Der weiße Nebel“ von Wolfgang Fernow mit speziellen Schlagzeug-Akzenten.
Gelegentlich nahezu marschmäßig kam hingegen ein herrliche Tango Nuevo des Argentiniers Astor Piazolla daher, als „Deus Xango“ mit entsprechenden Geigen-Anklängen an Gipsy à la Reinhardts erinnernd. Die von Borel mitgebrachte Violine war eine elektronische kurze, ganz ohne gewohnten Bauch und Schnecke, dennoch klang sie nicht minder zart und, wo es drauf ankam, virtuos gestrichen oder gezupft. Auch Kiedaisch brillierte hier mit einem dynamischen Zwischen-Solo auf seinen Vibrafon.
Nach der Konzentrationspause reiste das finnische Jazz-Schiff dann musikalisch Richtung Feuerland weiter zu „Alchimia“ und unerfüllbaren Seemanns-Sehnsüchten. Es folgte ein „Ban Dance“ als Kinderlied in Reminiszenz an Chaplins legendären Brötchentanz, dies in weiterer freier, tänzerischer Quartett-Improvisation mit begeisternden Soli sämtlicher Instrumentalisten.
Musikalische Reise endet mit Blues
Mit „Blaue Blume“ erklang ein Fantasiestück, ebenfalls von Kiedaisch mit zart-sehnsüchtiger E-Violine, tiefen, wehmütigen Bass-Streichtönen und kontrastierendem munterem Intermezzo per Vibraphon im gleitenden Glissando dargeboten. Schon zuvor hatte sich Schlagzeuger Heidepriem mehrfach per rasanten Soli bestens teils virtuos-temporeich empfohlen. Die imaginäre Tango-Jazzschiffsreise endete schließlich in Landelins Garten fulminant mit einem von Kiedaisch komponierten unaufgeregten „Blue Shoes“ als klassischem Blues.
Der verdiente Schlussapplaus bewies: Das Quartett war mit seinem Modern Jazz in hier Tango-Manier, der in keine herkömmlichen Genre-Schubladen zu quetschen ist, beim Gartenpublikum prächtig angekommen – samt durchgehend überzeugender instrumentaler Spitzenleistungen mit Jazz-Herzblut und Gruppengeist.
Nächstes Konzert
Auch die Familie Treiber als abermalige Konzert-Veranstalter zeigte sich glücklich über den erneuten Besucherzuspruch. Als nächstes stehen bei ihnen am Sonntag, 1. September, um 17.30 Uhr in ihrer eigenen Konzertreihe des Ettenheimmünsterer Landelingartens daselbst „Neele Pfleiderer & the Sound Voyage“ unter dem schattigen Lindenbaum. Dabei wird es mit dem Quintett abermals sehr jazzig zugehen, ob mit argentinischen, südafrikanischen oder australischen Anklängen.