Eine Mitarbeiterin der Balinger Covid-Intensivstation wird mit einer Bodycam ausgestattet. So entstand die Doku. Foto: Kaufmann

Drei Stunden mit Ärzten, Pflegern und Patienten auf der Covid-Station des Zollernalb Klinikums. Die RTL-Zwei-Dokumentation "In Echtzeit: Auf Corona-Station" berührt. Und macht betroffen.

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Balingen - Für die Dreharbeiten wurden Mitarbeiter des Klinikums mit Bodycams ausgestattet. Nur so ließ sich das Projekt unter Pandemiebedingungen umsetzen. Herausgekommen ist eine Dokumentation, die der Pandemie ein Gesicht gibt. Besser gesagt, viele Gesichter. Die Gesichter von Ärzten, Pflegern, Physiotherapeuten und Patienten. 

Hier geht's zum Beitrag in der RTL Zwei Mediathek

Etwa das von Andrea aus Meßstetten (von RTL als "Meßstätten" bezeichnet ), die in der ersten Welle erkrankte. Fast drei Wochen lag sie im künstlichen Koma. Als sie von ihrer Erkrankung berichtet, darüber, wie wichtig es war, vom Klinikpersonal Nachrichten von ihrer Familie übermittelt zu bekommen, kommen ihr die Tränen. 

Für solch persönliche Einblicke gibt es Lob von den Twitter-Nutzern:

Eine Nutzerin berichtet sogar von ihrer eigenen Erfahrung als Intensiv-Patientin:

Oder das Gesicht von Jürgen Reinhardt, dem ärztlichen Bereichsleiter der Intensivmedizin. Sichtlich mitgenommen schildert er die letzten Momente mit einem Patienten, bevor dieser ins künstliche Koma versetzt wurde. Er solle er seiner Familie - Frau, Kindern und Enkeln - sagen, dass er sie liebe, bittet der Mann - "ein total netter Kerl" - Reinhardt. Es werden seine letzten Worte sein. Zwei Wochen später muss Reinhardt diese letzte Botschaft der Frau seines Patienten überbringen. Der Mann hat es nicht geschafft. Mit der Witwe am Bett zu stehen, zu sagen, "ich habe noch eine Nachricht an Sie", das sei schrecklich gewesen, erzählt Reinhardt mit brüchiger Stimme. "Wir haben zusammen einfach geweint. Das geht mir heute noch nahe."

Aussagen wie diese berühren auch viele User:

Aber auch Oliver Kinder, Leitender Oberarzt der Zentralen Notaufnahme, gibt dem Klinik-Alltag ein Gesicht. Alle seien schockiert gewesen, wie rasch die erste Welle über das Klinikum hereingebrochen sei, sagt er. Nun, in der vierten Welle, mache sich beim Personal ein gewisser Verdruss breit. "Man mag einfach nicht schon wieder so viele Corona-Patienten sehen müssen." Nicht immer wieder mit Schicksalen konfrontiert werden, wie dem einer 18-Jährigen. Die junge Frau sei kerngesund gewesen, bevor sie sich mit Covid infizierte, berichtet Kinder. Mit schwerster Atemnot sei sie in die Klinik eingeliefert worden. Eine Stunde später habe sie auf der Intensiv beatmet werden müssen. Sechs Stunden später sei sie in eine Uniklinik verlegt worden. Weil ihre Lunge versagte habe, habe sie eine Ecmo-Therapie bekommen, also an eine künstliche Lunge angeschlossen werden müssen. "Das sind schon Schicksale, die nimmt man dann doch mit. Und da hat man auch zu knabbern."

Diese Nahbarkeit und der Einsatz für die Patienten nötigt einem großen Teil der Twitter-Gemeinde Respekt ab:

Und auch RTL Zwei erntet Respekt für das Format - viele Nutzer hätten dies dem Privatsender offenbar nicht zugetraut: 

Einzelnen Nutzern kritisieren aber auch die Werbeblöcke, werfen dem Sender Profitsucht vor:

Insbesondere eine Aussage von Chefarzt Boris Nohé bleibt haften. Zu denken, die Impfung sei eine persönliche Entscheidung, für die man persönlich das Risiko trage, sei eine Fehlannahme, sagt Nohé. In dem Maß, wie das Virus gerade grassiere, "beeinflusse ich durch meine Entscheidung erheblich das Risiko aller Menschen um mich herum." Und zwischenzeitlich, macht der Chefarzt deutlich, auch das Risiko an anderen Krankheiten erkrankter Patienten, noch adäquat versorgt zu werden. "Wir bekommen das noch hin, aber es wird immer schwieriger." Gerade bei Patienten mit zeitkritischen Erkrankungen wie Herzinfarkten oder Unfallopfern werde es immer herausfordernder, noch Kliniken mit freie Betten zu finden. "Deswegen ist meine Entscheidung als Mensch für oder gegen Impfung eben nicht mehr nur eine persönliche, sondern es betrifft alle."

Für diese Aussage erntet Nohé Zustimmung:

Ein bislang ungeimpfter User überlegt unter den Eindrücken der Doku sogar, sich doch impfen zu lassen:

Und während einige Twitter-User noch hoffen, dass möglichst viele Corona-Kritiker die Doku sehen...

... debattieren einige davon bereits unter einem Facebook-Post des Schwarzwälder Boten:  So schreibt ein Nutzer: "Von meinem Vater durfte ich mich nicht verabschieden, aber ein Fernsehteam darf da eine Doku für die Propaganda drehen? Ja, das wird sicher helfen, die Spaltung zu beenden." Ähnliche Kommentare gibt es einige, denen allerdings ein Missverständnis zugrunde liegt. Für die Dokumentation war eben gerade nicht über mehrere Tage ein Filmteam vor Ort, stattdessen wurden Mitarbeiter des Klinikums mit Bodycams ausgestattet, die Kameras liefen im Klinikalltag mit. 

Andere können das Thema Corona schlicht nicht mehr hören: "Man kann das Thema nicht mehr hören schon zwei Jahre und wahrscheinlich unendlich."

Doch so schnell wird die Pandemie kein Ende haben, macht Oliver Kinder in der TV-Dokumentation deutlich. "Ich glaube, dass Corona uns noch lange beschäftigen wird." Die Gesellschaft müsse lernen, mit dem Virus umzugehen. "Das schaffen wir auch." Jedoch müsse man künftig Wellen wie die aktuelle verhindern. "Diese Überbelastung des Pflegepersonals, der Ärtze diese unglaublich hohe Auslastung der Intensivstationen - das können wir alle nicht mehr lange durchhalten. Das schaffen wir in der Bevölkerung nicht, das schaffen wir in der Klinik nicht, das schaffen wir persönlich nicht."