Der 39-jährige Hauptangeklagte wird von einem Justizbeamten in den Gerichtssaal gebracht. Der Mann muss eine Haftstrafe über insgesamt neun Jahre antreten – wegen mehrfachem Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge und wegen bewaffneten Drogenhandels. Foto: Hartung

Am vierten Prozesstag sind im Drogenprozess am Landgericht Konstanz die Urteile gefallen. Der Hauptangeklagte muss wegen des Handels mit 1,6 Tonnen Drogen im Raum Donaueschingen für lange Zeit ins Gefängnis.

Donaueschingen/Konstanz - Am Ende war ein fünfter Verhandlungstag nicht mehr notwendig. Aufgrund der Geständnisse der Angeklagten zu Anfang des Prozesses konnte die Strafkammer des Landgerichts Konstanz bereits beim vierten Verhandlungstermin am Montagnachmittag ein Urteil im Prozess um Betäubungsmittelhandel mit über 1,6 Tonnen Drogen im Raum Donaueschingen verkünden.

Taten zwischen März 2018 und Februar 2021

Das Landgericht verurteilte den 39-jährigen Hauptangeklagten wegen mehrfachem Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge und wegen bewaffneten Drogenhandels zu einer Haftstrafe von insgesamt neun Jahren. Er hat im Zeitraum zwischen März 2018 und Februar 2021 Drogen im großen Stil im Raum Donaueschingen gehandelt.

Der 39-jährige Mitangeklagte, der ebenfalls in den Handel involviert gewesen ist, erhielt eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Beiden Verurteilten ordnete das Gericht an, im Laufe ihrer Haftzeit eine Drogentherapie zu machen.

Bewährung für zwei Mitangeklagte

Die anderen beiden Mitangeklagten, die 63-jährige Mutter des Hauptangeklagten und ein 44-Jähriger aus dem Raum Donaueschingen, erhielten wegen Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel jeweils eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Die Richter begründeten dies damit, dass die 63-jährige Mitangeklagte vom Drogenhandel ihres Sohnes gewusst, sogenannte Drogenbunker organisiert und den Hauptangeklagten zu Treffen mit Händlern gefahren habe.

Beim 44-jährigen Mitangeklagten berücksichtigten die Richter, dass dieser eine Wohnung für die Lagerung der Drogen des Hauptangeklagten zur Verfügung gestellt habe, selber aber nicht in Handel oder Bestellung involviert gewesen sei. Ihm wurde als Bewährungsauflage angeordnet, eine Drogentherapie zu machen. Er soll zudem einen Bewährungshelfer bekommen.

Staatsanwaltschaft fordert höhere Strafe

Vor Beschluss der Beweisaufnahme hatte die Staatsanwaltschaft ein deutlich höheres Strafmaß für alle Angeklagten gefordert. Doch die Vertreter der Strafkammer entschieden sich schließlich dafür, die Geständnisse der Angeklagten an den ersten Prozesstagen und der Tatsache, dass sie zuvor nicht vorbestraft waren, in das Urteil einfließen zu lassen.

Zudem hatte ein Drogengutachter dem 39-jährigen Hauptangeklagten, dem 39-jährigen Mitangeklagten und dem 44-jährigen Mitangeklagten gute Erfolgsaussichten für eine Drogentherapie attestiert. Auch dies sei laut Richter Dospil in das Urteil eingegangen.

Mehr als 8,5 Millionen Euro eingezogen

Im Rahmen des Urteils wurde zudem Geld eingezogen, dass die Angeklagten aufgrund des Betäubungsmittelhandels besessen haben. "Verbrechen darf sich nicht lohnen", begründete Dospil diesen Rechtsvorgang. Beim Hauptangeklagten handelt es sich um eine Summe von insgesamt 8,5 Millionen Euro. Beim 39-jährigen Mitangeklagten sind es 36.000 Euro und beim 44-jährigen Mitangeklagten fast 6000 Euro.

Bei den Plädoyers am Vormittag hatten mehrere Verteidiger und Staatsanwaltschaft noch darüber gestritten, inwiefern dieser Prozess "außergewöhnlich", "besonders" oder "nicht besonders" gewesen sei. Der Vorsitzende stellte bei der Urteilsverkündung klar, dass dieses Verfahren "durchaus besonders" gewesen sei. Der Grund: Die außergewöhnlich hohen Mengen der verkauften Drogen im genannten Zeitraum sowie die Auswertung von verschlüsselten Messenger-Daten, sogenannte Enchrochat-Daten.

"Das ist für viele Gerichte in Deutschland bislang rechtliches Neuland", so Dospil. Er betonte aber, dass man diese aufgrund der Geständnisse der Angeklagten nicht vertieft auswerten musste. "Das hätte noch deutlich mehr Prozesstage benötigt", sagte der Richter.

Info: Der Drogenprozess

Die Anklage: Dem Hauptangeklagten legte die Staatsanwaltschaft zur Last, in der Zeit von Juni 2018 bis Februar 2021 im Raum Donaueschingen in 50 Fällen mit größeren Mengen Betäubungsmittel gehandelt zu haben – über 1,6 Tonnen Drogen insgesamt. Die Staatsanwaltschaft belegte das mit einer langen Liste von Drogenkäufen und -verkäufen, viele davon im Wert in einem sechsstelligen Bereich.

Rolle der mutmaßlichen Komplizen: Der 39-jährige Mitangeklagte ist seit der Kindheit mit dem Hauptangeklagten befreundet. In Sachen Drogengeschäft habe er Teile der Vorräte des Hauptangeklagten an einen Freund weiterverkauft, der damit eigenen Handel betrieben habe. Einen Schlüssel und freien Zugang zu den Drogenlagern soll dieser aber nicht gehabt haben.

Der 63-jährigen Mutter des Hauptangeklagten wurde zur Last gelegt, von den Geschäften ihres Sohnes gewusst zu haben und ihn unterstützt zu haben. Es ging unter anderem um das Überlassen des gemeinsamen Autos und Unterstützung bei der Anmietung einer Garage, um Drogen zwischenzulagern.

Der 44-jährige Mitangeklagte soll dem Haupttäter ein Stockwerk in seinem Haus frei zugänglich überlassen haben, um Drogen in Metallspinden und einer Kühltruhe zu bunkern. Als Gegenleistung dafür sei er mit Drogen für den Eigenkonsum versorgt worden.