Ob Bad Teinach-Zavelstein seinem Wahlsystem für die Kommunalwahl 2024 treu bleiben sollte – das sorgte plötzlich für viel Diskussion im Rat.
Ein auf den ersten Blick unspektakulärer Tagesordnungspunkt war letztlich Zündstoff für ein kleines Spektakel in der Mehrzweckhalle in Bad Teinach-Zavelstein. Eigentlich sollten die Räte mit Blick auf die anstehende Kommunalwahl 2024 festlegen, welchem Stadtteil wie viele Sitze im Gremium zustehen. Denn genau das bedingt die sogenannte Unechte Teilortswahl – ein Wahlsystem, das dafür sorgt, dass jedem Orts- beziehungsweise Stadtteil eine bestimmte Anzahl an Sitzen garantiert wird.
Es ist ein Überbleibsel der Gemeindereform aus den 1970er-Jahren, bei der sich puzzleartig aus kleinen, selbstständigen Kommunen größere gebildet haben. In diesem Zuge erwachte auch 1975 aus Bad Teinach, Zavelstein, Sommenhardt, Rötenbach, Emberg, Schmieh und Kentheim die Stadt Bad Teinach-Zavelstein.
Denkanstoß Jetzt, fast 50 Jahre später, sind die Stadtteile wohl zusammengewachsen. Und trotzdem sorgt das Wahlsystem noch dafür, dass mindestens ein Vertreter aus jedem der sieben Stadtteile im Gemeinderat sitzt – zumindest noch. Denn Stadtrat Jochen Krauß (Bürger für Bürger) entfachte mit einem Denkanstoß eine Debatte um die Abschaffung der unechten Teilortswahl: „Wollen wir über das Thema reden?“ Und das wollten die Räte. Es schien, als würde Krauß ein Thema ansprechen, das auch anderen Kollegen auf der Zunge lag.
„Kirchtumdenken“ überwinden
So plädierte Johannes Schaible (Unabhängige Bürgerliste) dafür, das „Kirchtumdenken“ endlich zu überwinden und das Wahlsystem zu ändern. Und bevor die Diskussion so richtig in Fahrt kam, machte Krauß noch mal deutlich, was er bezwecken wolle: Die Haltung seiner Kollegen herausfinden – ob man über eine Abschaffung abstimmen könne oder die unechte Teilortswahl „eine heilige Kuh ist, die nie geschlachtet werden sollte“.
Keine Entscheidung Schnell wurde klar, dass die ursprüngliche Vorlage zur Sitzverteilung nach der Wahl 2024 vom Tisch war. Zumindest bis entschieden ist, ob Bad Teinach Zavelstein überhaupt weiter an dem System festhält. Es war zwar unmöglich, diese Entscheidung in der Sitzung zu fällen, da die Abschaffung schlicht und einfach nicht auf der Tagesordnung stand. An einer lebhaften Diskussion hinderte das die Räte aber nicht. Ingrid Siemers (Bürger für Bürger) befürchtete, dass viele Bürger einen Ansprechpartner aus ihrem Stadtteil vermissen könnten, sollte die unechte Teilortswahl zum Erliegen kommen.
Alle Bürger repräsentiert
Auch Silvia Seyfried (Bürger für Bürger) hatte Bedenken über die Reaktion der Bevölkerung: Die Mitglieder seien über das Kirchturmdenken hinweg, „aber ob das die Bürger sind, die wählen, da bin ich nicht sicher“. Für Schaible ein haltloses Argument, dem er entgegnete: Die Bad Teinacher könnten ja trotzdem die Kandidaten aus Bad Teinach wählen – wie in jedem Stadtteil. Man müsse es deutlicher ansprechen, dass auch ohne unechte Teilortswahl alle Bürger repräsentiert seien – das war Andrea Masts (Unabhängige Bürgerliste) Anliegen.
Gespalten Und da schnell ersichtlich wurde, dass das Gremium gespalten ist und kontrovers diskutiert wurde, stimmte Bürgermeister Markus Wendel zu, das Thema in der kommenden Sitzung auf die Tagesordnung zu stellen. Bei der Diskussion hielt sich der Verwaltungschef weitestgehend raus. Und doch räumte er immer wieder ein: „Die Argumente werden nicht anders werden“. Das Gremium hätte auch die Möglichkeit, sich dazu zu entscheiden, die Abschaffung erst ab 2025 in Kraft zu setzen – „und dann ist es klar, wo die Reise hingeht“. Bei all den Befürwortungen einer Änderung ist die unechte Teilortswahl aber noch lange nicht vom Tisch. Ob das überhaupt noch möglich ist für die Wahl 2024 und ob sich dann an der Größe des jetzt 15-köpfigen Gremiums etwas ändern würde – diese Fragen werden wohl in der Oktober-Sitzung geklärt.