Redakteur Jonas Köhler startete am Montag gegen 10 Uhr mit einem E-Bike am Lahrer Rathausplatz Richtung Seelbach. Foto: Schabel

Das Mietradsystem in und um Lahr wächst immer weiter. Rund 100 Drahtesel stehen in der Stadt verteilt zur Verfügung. Taugt ein Leihpedelec als Alternative zum Auto? Unsere Redaktion hat’s ausprobiert und ist einmal nach Seelbach und zurück geradelt.

21 Mobilitätsstationen gibt es im Lahrer Stadtgebiet, zehn weitere sollen bis Herbst folgen. Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau baut das Mietradsystem stetig aus.

 

So gibt es nun auch in Seelbach und Wittelbach Ausleihstellen, am Montagvormittag wurden diese offiziell eingeweiht.

Doch wie funktioniert das System? Wir haben den Test gemacht und sind von Lahr aus per Leihrad nach Seelbach und zurück gefahren.

Ein wenig Vorbereitung ist nötig

Der erste Schritt ist die Installation der Nextbike-App. Ohne Smartphone ist das Leihradfahren tatsächlich nicht möglich. In der App lege ich ein Profil an, an persönlichen Daten wird lediglich meine Telefonnummer verlangt. Es folgt eine Probezahlung von einem Euro, um das gewünschte Bezahlsystem – in meinem Fall Paypal – freizuschalten. Dann kann es theoretisch losgehen.

Die Ausleihe ist denkbar einfach

Bevor ich mich am Montagvormittag auf dem Weg nach Seelbach mache, schaue ich auf die Karte in der App. Diese zeigt alle Mobilitätsstationen im Umkreis an und wie viele Räder dort gerade frei sind. Ich klicke die Station auf dem Rathausplatz an und sehe: Es sind elf Standardräder und ein von mir avisiertes E-Bike mit 97 Prozent Akkuladung verfügbar. Das sollte reichen. Ich reserviere mir dieses Rad – nun kann es für 15 Minuten niemand anderes ausleihen. Genug Zeit, um den kurzen Fußweg zu absolvieren.

Ein Blick aufs Handy zeigt – einer App sei Dank – alle Mobilitätsstationen im Umkreis und wie viele Räder dort frei sind. Foto: Lienhard

Vor Ort finde ich das reservierte Pedelec – auch aufgrund der sechsstelligen Nummer, mit der die Drahtesel unterschieden werden – schnell. Ich zücke mein Handy und scanne über den Button „Rad ausleihen“ den QR-Code am Fahrrad. Schon springt das Schloss auf, ich schwinge mich auf den Sattel und trete in die Pedale. Denkbar schnell und simpel.

Die Strecke lässt sich sehr gut fahren

Das Fahrgefühl auf dem Rad, das mich bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde elektrisch unterstützt, ist angenehm. Ich trete locker und spüre dennoch dass ich schnell vorankomme. Auf den Radwegen ist am Montag wenig los. Ich fahre ohne Unterbrechungen, abbremsen muss ich nur für einige wenige scharfe Kurven etwa beim Herzzentrum oder vor der Schutterbrücke kurz vorm Wohnmobilstellplatz in den Breitmatten. Der Elektromotor hilft mir jedoch dabei, schnell wieder auf Tempo zu kommen.

Nach nicht einmal zehn Minuten habe ich Kuhbach schon durchquert. Nun entlang der Schutter macht mir nicht nur das Fahren an sich sondern auch das Betrachten der Landschaft Spaß. Nach einer Viertelstunde erreiche ich den Reit- und Fahrverein Reichenbach und lasse damit das Lahrer Stadtgebiet hinter mir. Vier Minuten später habe ich mein Ziel am Seelbacher Rathaus erreicht. 19 Minuten – damit war ich wohl schneller als mit dem Auto. Ich plane sonst nämlich – erst recht seit Tempo 30 auf der B 415 – 25 Minuten ein.

In Seelbach und Wittelbach wurden am Montag die Mobilitätsstationen eingeweiht. Auch Bürgermeister Michael Moser hatte Spaß auf dem Pedelec. Foto: Köhler

Die Rückgabe funktioniert ebenfalls problemlos

In Seelbach angekommen pausiere ich zunächst die Ausleihe – ganz einfach per Klick auf dem Handy – und schließe das Rad ab. Das funktioniert überall – nicht nur an einer Mobilitätsstation. Für den Rückweg nach dem Termin entriegele ich mein Rad wieder. Leider hat es angefangen zu regnen, an den Händen friert es mich ganz schön. Um der Nässe schnell zu entkommen, will ich Gas geben und stelle fest: Hier kommt das Pedelec mit seinen drei Gängen an die Grenzen. Viel mehr Tempo als geschätzte 30 Kilometer pro Stunde lässt sich nicht machen.

Etwas durchgefroren komme ich – erneut nach 19 Minuten – wieder am Lahrer Rathausplatz an. Mein Rad klinke ich einfach in die Station – es war gerade noch ein Platz frei – ein. Dort lädt es nun wieder voll und wartet auf den nächsten Fahrer. Ist eine Station einmal voll, kann man das Rad problemlos in unmittelbarer Nähe abstellen. Der Anbieter erkennt dank GPS, wo es zurückgegeben wurde und berechnet keine Gebühr. Beendet man die Ausleihe nämlich nicht an einer Mobilitätsstation sondern etwa bei sich zu Hause wird ein Servicebeitrag für den Rücktransport in Höhe von 20 Euro fällig.

Die Kosten fürs einmalige Fahren sind beachtlich

Die knapp zweistündige Ausleihe kostet mich 8,50 Euro. 2,50 Euro werden für die erste halbe Stunde berechnet, pro weitere angefangene 30 Minuten kommen zwei Euro hinzu. Der Betrag ist jedoch auf zwölf Euro pro Ausleihe gedeckelt. Wer die Strecke Lahr-Seelbach regelmäßig mit dem Leihpedelec fährt, kommt mit dem Monatstarif (zwölf Euro) oder dem Jahrestarif (48 Euro) günstiger weg. Denn in beiden Tarifen ist die erste halbe Stunde Nutzung kostenlos – und länger braucht man für die Strecke nicht. Die Nutzer müssen nur daran denken, die Leihe anders als ich nicht zu pausieren, sondern vollständig zu beenden und für den Rückweg eine neue zu beginnen.

Das Fazit fällt sehr positiv aus

Der Trip mit dem Mietrad hat mich überzeugt. Vor allem hat mich überrascht, wie komfortabel Ausleihe und Fahrt unterm Strich sind. Für Termine in Seelbach werde ich künftig häufiger auf das Rad zurückgreifen. Denn es ist für mich kein Zeitverlust, macht Spaß und ist gesund.

Stadt ist sehr zufrieden

Mit der Nutzung des Mietradsystems und der Entwicklung der Ausleihzahlen zeigt sich das Rathaus auf Anfrage unserer Redaktion „sehr zufrieden“. Die rund 100 Räder seien im vergangenen Jahr gut 15 500 Mal ausgeliehen worden – ein Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zu 2023. Vor allem die Verdichtung des Stationsnetztes – es kommen immer wieder Ausleihstellen hinzu – wirke sich positiv aus.