Für einen rettenden Piks werden weite Wege in Kauf genommen – der Impftourismus boomt. (Symbolfoto) Foto: © sharryfoto – stock.adobe.com

Es geht weiter kreuz und quer durch das Land, um einen Impftermin zu bekommen. Der Impftourismus in Corona-Zeiten boomt weiterhin. Für einen lebensrettenden Piks nehmen die Menschen auch schon mal eine mehrstündige Anreise in Kauf. Was das Klima wohl dazu sagen würde?

Kreis Rottweil - Die Landesgartenschau ist noch in weiter Ferne. Außer teils guten Konzepten und intensiven Diskussionen beispielsweise über die plötzliche Idee eines weiteren Parkhauses in der Rottweiler Innenstadt gibt es sonst noch nichts zu sehen. Doch die Menschen strömen nach Rottweil, als sei man im Neckartal auf eine Goldmine gestoßen.

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Dabei steht in Rottweil wie in den anderen übrigen Stadt- und Landkreisen nur eines von 44 Impfzentren (KIZ). Und hier gibt es auch nur das, was in anderen Gegenden dieser Republik ebenso zu haben ist: zu wenig Impfstoff.

Logik können nur höher besoldete Ministerialbeamte nachvollziehen

Der Mangel an dem begehrten Stoff, der das Coronavirus eindämmen und besiegen soll, führt zu einer seltsamen Dynamik. Denn es ist ja beileibe nicht so, dass nur Rottweil ein Anziehungspunkt für die Impfwilligen wäre. Es geht wild durchs Land. Da die Suche nach einem freien Termin in den Kreisimpfzentrum einem Glücksspiel ähnelt, dessen Logik nur höher besoldete Ministerialbeamte nachvollziehen können, ist es inzwischen geübte Praxis, für eine Spritze mit dem Vakzin von Biontech, Astrazeneca oder Moderna auch schon mal hundert oder mehr Kilometer zu fahren. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie viel Kohlenstoffdioxid dadurch zusätzlich in die Luft geblasen wird und was das für das Klima bedeutet.

45 Prozent der Impfzentrumbesucher von Auswärts

Der Anteil an auswärtigen Personen, die das Kreisimpfzentrum in Rottweil aufsuchen, liegt bei 45 Prozent, teilt die Landkreisverwaltung auf Anfrage mit. Bei dem anhaltenden Impfinteresse und dem damit nicht korrespondierenden Angebot an Impfstoff seien eben viele Menschen bereit, eine weitere Fahrtstrecke für eine Impfung auf sich zu nehmen, heißt es zur Begründung. Die Verknappung des Stoffes führt also zu einer unerwartet hohen Reisetätigkeit.

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Ein Großteil der Auswärtigen kommt aus den angrenzenden Landkreisen, aber auch von Ludwigsburg, Freiburg, Baden-Baden oder Heilbronn aus hätten sich Impfberechtigte auf den Weg nach Rottweil gemacht.

Impfzentrum aktuell halb ausgelastet

Noch sei der Impfstoff knapp, räumt das Sozialministerium des Landes ein. Deshalb konzentriere man sich bei den Impfungen in den kommenden Wochen weiter auf die besonders schützenswerten Personengruppen und deshalb gelte bis auf Weiteres die Priorisierung. "Unser Ziel ist, im Sommer jedem Erwachsenen in Baden-Württemberg ein Impfangebot machen zu können", heißt es in einer Mitteilung des Ressorts.

Aktuell zeigt sich im Land ein neues Problem: Menschen in einem sozial schwachen Gefüge oder mit Migrationshintergrund werden von der Impfkampagne kaum bis gar nicht erreicht, so das Ministerium.

In dieser Woche werden rund 4250 Impfungen im KIZ in Rottweil erfolgen. Die Auslastung liege mangels Impfstoff aktuell bei rund 50 Prozent im Vergleich zum möglichen Volllastbetrieb, so der Landkreis gegenüber unserer Zeitung. Bis zum Ende dieser Woche werden insgesamt rund 45 000 Impfungen erfolgt sein (KIZ, Mobile Impfteams, Hausärzte), davon rund 9500 Zweitimpfungen.

Gute Impfquote im Landkreis

Das Land hat am Dienstag erstmals auf die Bewohner der Landkreise heruntergebrochene Impfquoten veröffentlicht. Danach liegt die Impfquote im Landkreis Rottweil bei 21,1 Prozent bei den Erstgeimpften und 6,5 Prozent Vollgeimpfte.

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Das sei im Gesamtvergleich, insbesondere verglichen mit ähnlichen Kreisen, ein sehr gutes Ergebnis für das Kreisimpfzentrum, betont die Landkreisverwaltung. In den Nachbarlandkreisen sehen die Quoten so aus: Tuttlingen 17,2 bei Erstgeimpften und 5,3 bei Vollgeimpften, Schwarzwald-Baar 17,7 und 6,1, Ortenau 25,4 und 9,5, Freudenstadt 15,0 und 5,1 sowie Zollernalb 21,2 und 5,9.

Keine indische Variante bisher im Landkreis

Übrigens: Die Ausbruchsgeschehen in Rottweil und Schiltach sind soweit stabil und flachen ab. Weitere Neuinfektionen konnten den beiden Hotspots nicht zugeordnet werden. Die derzeitigen Ausbruchsgeschehen seien soweit unter Kontrolle und in Bearbeitung. Eine Tendenz zu anderen Hotspots sei derzeit nicht erkennbar, heißt es auf Anfrage. Und auch diese Nachricht ist gut: Die indische Variante wurde im Landkreis Rottweil bisher noch nicht nachgewiesen.