Wie geht es in der Pflege nach dem 16. März mit ungeimpften Personal weiter? Die Politik gibt Vorgaben, hat aber keine Antworten auf drängende Fragen der Personalverantwortlichen. Foto: © Pixel-Shot – stock.adobe.com

Die Impfpflicht für Personal in der Pflege sehen mehrere verantwortliche Chefs der Branche als gesellschaftspolitischen Sprengstoff – sollte die allgemeine Impfpflicht nicht kommen. Das treibt einige der Verantwortlichen um, denn: Es gibt viele Fragen und keine Antworten.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Ab dem 15. März gilt in Deutschland eine Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal. Dies haben Bundestag und Bundesrat mit Blick auf die ernste Lage hinsichtlich der vierten Welle am 10. Dezember beschlossen. Inhalt des Gesetzes ist auch, dass die Chefs der Pflegeeinrichtungen ab dem 16. März dazu verpflichtet sind, den Gesundheitsämtern zu melden, wenn Mitarbeiter der jeweiligen Einrichtung über keinen vollständigen Impfschutz verfügen, so die gemeinsame Erklärung von Stationären Einrichtungen St. Michael, Donaueschingen; Christoph-Blumhardt-Haus, Königsfeld; St. Lioba, Villingen-Schwenningen und Hirschhalde, Bad Dürrheim sowie der ambulanten Pflegediensten Betreuung und Pflege zuhause Curanum, Bad Dürrheim; Diakonie ambulant und evangelische Altenhilfe, St. Georgen. Ebenso sind sie verpflichtet, auf Anforderungen das ärztliche Zeugnis vorzulegen, warum ein Arbeitnehmer nicht geimpft werden kann, wenn Zweifel an der Echtheit oder an der inhaltlichen Richtigkeit bestehe.

Impfpflicht ja – aber mittelfristig für alle

Ohne Zweifel: Die Impfung sei wichtig, und von allen Verantwortlichen in dem Pressegespräch wird sie begrüßt, mit einer Einschränkung, es müsse die allgemeine Impfpflicht folgen, sonst mache es keinen Sinn. Man sieht auch die allgemeine als weniger angreifbar vor Gericht an.

Die Qualität der Hygienekonzepte in der Alten- und Krankenpflege sei hoch. Stefanie Feiß von der Hirschhalde nennt hier nochmals das Tragen der FFP-2 Masken beim Dienst und auf die täglichen Tests. In dem Zusammenhang verweist sie auf Angehörige, die nichtgeimpft auf Besuch kommen – sie müssten sich zwar testen bevor sie die Einrichtungen betreten würden, aber hier gehe eine Gefahr aus. Zudem seien Bewohner auch in der Stadt unterwegs. Sie nennt hierbei auch den Einzelhandel, in dem ein viel höherer täglicher Personenkontakt bestehe mit geringerem Hygienekonzept. Ein weiteres kommt hinzu: Neue Bewohner seien teilweise nicht geimpft, weil sich niemand darum gekümmert habe. Markus Bonserio (St. Michael) sieht insgesamt Ungerechtigkeiten.

Unklar was mit Ungeimpften Mitarbeiter passiert

Was nach dem 16. März passiere sei völlig offen, erklärt Michael Stöffelmeier, Chef der Caritas, die das Altenstift St. Lioba betreibt. Und dabei meint er nicht nur die Pflegekräfte, es betrifft auch die Mitarbeiter im hauswirtschaftlichen Bereich. Denn würde man beim Gesundheitsamt nachfragen, wie viel Ermessensspielraum bestehe, wüsste man dort auch nicht, wie das in knapp zwei Monaten aussehe. Stöffelmeier befürchtet, dass dies erst am 14. März klar werde. Es ist "eine völlig unerträgliche Situation, da wir keine Handlungsperspektiven haben", erklärt er. Susanne Kumpfert von der Diakonie ergänzt: "Wir brauchen verlässliche Vorgaben, wie es für uns weitergehen wird und wie wir Mitarbeiter beschäftigen können, die zum 15. März nicht geimpft sind."

Insgesamt ist man sich einig, die Impfpflicht kann zu folgendem Szenario führen: Nichtgeimpfte wandern ab in andere Berufe, der Pflegenotstand wird größer und aus diesem resultierend kann die Nachfrage nicht mehr befriedigt werden und die Qualität der Pflege werde leiden.

Ängste ernst nehmen

Eine Prämie, um bis jetzt noch unwillige zu ködern, lehnt die Runde ab, dann würden die Zögernden belohnt, und man müsste sie allen zahlen, die sich bis jetzt impfen ließen. Aber Tobias Weymann vom Christoph-Blumhard-Haus in Königsfeld spricht eines aus: "Die Zeit der einfühlsamen Gespräche ist vorbei." Und ergänzt: "Ich möchte keine Ängste kleinreden oder wegreden." Doch gebe es auch solche, die das Impfen ablehnen, weil man es vorschreibt. Bonserio ergänzt: "Ich werde niemanden zwingen, sich etwas spritzen zu lassen, aber es ist sinnvoll."

Was passiert aber nun zum 16. März mit den nicht geimpften Mitarbeitern? Das Gesundheitsamt hat die Aufgabe, den Sachverhalt zu prüfen, es kann eine ärztliche Untersuchung anordnen, ob die betroffene Person aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus geimpft werden kann. Es ist auch berechtigt die Eignung zur Ausübung einer Tätigkeit in Berufen des Gesundheitssystems zu entziehen. Doch auch hier steht gleich ein Aber. Denn das heißt noch lange nicht, dass der Arbeitgeber darüber in Kenntnis gesetzt wird. Wie das der Arbeitgeber erfahre, sei völlig unklar, so Stöffelmeier. Eine Kündigung kann auch nicht so einfach ausgesprochen werden. Er beschreibt den Ablauf der weiteren Schritte. Zunächst werde es zu einer Freistellung ohne Lohnfortzahlung kommen. Nach vier Wochen verliere der Arbeitnehmer den Krankenversicherungsschutz.

Eklatante Auswirkungen

Alle Einrichtungen zusammengenommen betrifft es rund zehn Prozent des Personals über alle Bereiche verteilt, von der Reinigungskraft über die Küchenmitarbeiter, Verwaltung bis hin zu den Pflegemitarbeitern. Das höre sich zunächst nach nicht viel an, doch in der Branche kämpfe man um jeden Mitarbeiter. "Jede Person, die fehlt, hat eklatante Auswirkungen", erklärt Kumpfert. Und die anwesenden Einrichtungsleiter hoffen, dass man sich bei einer Suche nach neuem Personal nicht gegenseitig ausspiele.

Unklar ist beispielsweise, was in einem solchen Fall geschehe: In einem der Einrichtungen arbeitet eine Frau, die würde sich gerne impfen lassen, hatte aber bei anderen Impfungen schon gesundheitliche Reaktionen, und sie hat einfach Angst. So etwas müsse man ernst nehmen, zeigen sich alle einig.

Bei den Impfverweigerern sehen alle am Gespräch beteiligten Einrichtungs- und Pflegedienstverantwortlichen, dass man mit reden nicht mehr weiterkomme. "An Aufklärung mangelt es nicht", so Stöffelmeier und erhielt dafür Zustimmung. Aber es könne auch nicht sein, dass die Politik etwas vorgebe und keine Antworten auf aufkommende Fragen habe.