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Mangel auf dem Immobilienmarkt führt auch zu steigenden Mietpreisen – Verband bekräftigt Kritik am städtischen Baurechtsamt.

Stuttgart - Eigentlich braucht der Stuttgarter keinen Professor eines Marktforschungsinstituts, um wissen, das auf dem Wohnungsmarkt etwas nicht stimmt. Aber jetzt bestätigt es auch die Herbst-Analyse von Stephan Kippes, die er im Auftrag des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) gemacht hat: „Eine sehr starke Nachfrage und eine Zurückhaltung bei potenziellen Immobilienverkäufern haben für eine deutliche Verknappung des Angebots geführt.“

Kippes nennt es einen Wohnungsmangel. Das Wort Wohnungsnot hält er für überzogen. Aber der Trend zeigt: Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, dürfte sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen. Die Gründe für das knappe Angebot sowie die gestiegene Nachfrage sind aus Sicht des IVD hausgemacht. „Bei den Baugenehmigungen und Fertigstellungen liegen wir dramatisch hinter dem zurück, was wir benötigten“, sagt Kippes. Aber die Wohnungsproblematik habe auch gesellschaftliche Ursachen. Ausschlaggebend sind drei Faktoren.

Es ist kein Geheimnis: Jeder zweite Stuttgarter lebt inzwischen alleine. Damit ist nicht nur der klassische Single gemeint, sondern die steigende Zahl von älteren Menschen, die alleine in recht großen Wohnungen leben.

Zudem wächst der individuelle Flächenbedarf. „Verschärft wird das Ganze durch einen Flächenfraß des Einzelnen“, sagt Professor Kippes: „Der steigende Flächenbedarf ist eine der Hauptursachen für Engpässe auf dem Wohnungsmarkt. Jeder gönnt sich immer mehr Wohnraum. Seit 1995 beansprucht jeder Stuttgarter fünf Quadratmeter mehr.“ Gleichzeitig wächst der Flächenbestand in der Stadt nicht mit. Laut Statistik gibt es 299 528 Wohneinheiten. Der Zuwachs seit 2001 beträgt nur 3,2 Prozent. Stuttgart hat im Vergleich zu Städten in der Region den geringsten Anstieg der Wohnfläche pro Einwohner. Im Vergleichszeitraum von 1995 bis 2011 wuchs der Wert von 35,2 m² pro Bürger auf 36,7 m².

Punkt drei: Immer mehr Menschen wollen in die Stadt. Ballungsräume sind im Trend. Mit einem Saldo von 6200 bei den Zuzugszahlen im Jahr 2011 steht Stuttgart im Landesvergleich an der Spitze. Fast so attraktiv ist Freiburg (plus 4470). Wohingegen das ländliche Freudenstadt 2011 einen Verlust von 953 Einwohnern beklagte.

All das wirkt sich auf die Preise aus. „Das Preisniveau bei den Eigentumswohnungen hat seit dem Frühjahr leicht angezogen“, sagt IVD-Ehrenmitglied Erich Hildenbrandt. Der Quadratmeter-Preis für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand mit einem guten Wohnwert kostet derzeit im Schnitt 2670 Euro pro Quadratmeter. Für eine neue muss man etwa 4250 Euro pro Quadratmeter anlegen. An diese Entwicklung ist der Mietmarkt gekoppelt. Fachmann Kippes spricht von einem „quantitativen Angebotsdefizit“. Mit anderen Worten: Es herrscht Mangel. Vor allem bei Objekten mit einfachem oder mittlerem Wohnwert in den Innenstadtlagen. Besonders kleinere und bezahlbare Wohnungen seien rar. Die Folge: steigende Mieten. Der IVD hat zwei Prozentpunkte seit dem Frühjahr festgestellt. In diesem Herbst müsse man für Altbauwohnungen mit elf Euro pro Quadratmeter Mietpreis rechnen, bei neuen Wohnungen mit 12,60 Euro.

Das bedeutet auch: Menschen mit wenig Geld werden vom Wohnungsmarkt abgekoppelt. Eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht. Das Hannoveraner Pestel-Institut stellt in der Studie „Perspektiven 2025“ für die Region Stuttgart fest: „Bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen kann somit eine kurzfristige Steigerung des Geschosswohnungsbaus ausgeschlossen werden.“

Erich Hildenbrandt nimmt daher auch die Kommune in die Pflicht. „Jetzt tun alle Politiker so, als würden wir wie von einem Tsunami von der Wohnungsnot überrollt, dabei habe ich schon im Jahr 2000 auf die Probleme hingewiesen.“ Am Pranger steht das Baurechtsamt. Trotz einer Personalaufstockung habe sich dort nichts geändert, sagt er. Das Amt sei nicht nur chronisch überlastet, sondern leide auch unter einer gewissen Mutlosigkeit: „Dort traut sich keiner etwas zu entscheiden, der normale Sachbearbeiter ruft sofort nach dem Chef. Anträge werden eher abgelehnt oder ans Regierungspräsidium weitergereicht“, sagt Hildenbrandt und erneuert seine Kritik vom Frühjahr.

Dabei wäre hier aus Sicht von Professor Kippes ein Ansatzpunkt, die Wohnungsproblematik in der Stadt zu lindern. Er gibt das Stichwort „sozialverträgliche Nachverdichtung“. Also den nachträglichen Ausbau von ungenutztem Raum. Zum Beispiel ein Dachgeschoss. „Doch wenn man bei der Antragstellung langwierig über ein Prozent Dachneigung verhandeln muss, sinkt das Interesse“, sagt Hildenbrandt.