Wer neue Mitglieder gewinnen will, muss mit Natur pur und guter Infrastruktur punkten.
Schönbuch - Donnerstagvormittag, Golfclub Schönbuch bei Holzgerlingen: Auf der Driving Range üben zwei Golfspieler den Abschlag, ansonsten unterbricht nur das Klappern eines Tabletts und das weit entfernte Surren eines Rasenmähers die Ruhe. „Setzen Sie sich bitte hierhin, dann können Sie den Platz besser sehen”, empfiehlt Reiner Horlacher, Geschäftsführer des Golfplatzes Schönbuch.
Die 130 Hektar große Anlage ist wirklich eine Augenweide. „Manche Leute meinen ja, dass so viel Fläche für so ein paar Golfspieler einfach zu viel Flächenverbrauch ist”, kommt Horlacher gleich zur Sache. Tatsächlich würden aber nur rund 40 Prozent der Fläche für das Golfen genutzt. Der Rest sei Landschaftsschutz, ergänzt er. Für ihn und den Geschäftsführer des baden-württembergischen Golfverbandes, Rainer Gehring, ist der Golfplatz mit seiner 18- und 9-Loch-Anlage deshalb auch ein Gewinn für die Ökologie und die Naherholung. Horlacher weiter: „Früher war hier nur Acker. Da ist keiner spazieren gegangen.” Heute sei das Gebiet ein beliebtes Naherholungsziel in der Region.
Als anfangs der 80er Jahre mit den Erfolgen des deutschen Golfprofis Bernhard Langer auch Deutschland von einer gewissen Golfeuphorie erfasst wurde, kam es auch in Baden-Württemberg zu zahlreichen Golfplatzprojekten. Nicht alle Plätze sind in den zurückliegenden 30 Jahren über die Planungsphase hinausgekommen, andere mussten zwischenzeitlich sogar aufgeben oder erlebten ein finanzielles Desaster.
Professor Siegfried Kunz glaubt, dass man mit einem Golfplatz „nicht wirklich reich” werden kann, auch wenn es den einen oder anderen Platz in der Region gebe, der rein kommerziell ausgerichtet sei. Der Präsident des Golf-Clubs Sonnenbühl bei Reutlingen musste erleben, wie vor einiger Zeit die private Betreibergesellschaft seines Golfplatzes mit 3,6 Millionen Euro Schulden pleiteging, weil die Kapitaldecke des Unternehmens zu dünn war. Danach übernahm der Golfclub das Land und die Liegenschaften zu einem Preis, der einschließlich aller Nebenkosten etwas höher lag als der des Verkehrswertgutachtens im Insolvenzverfahren. „Das war ein finanzieller wie arbeitsreicher Kraftakt”, stellt Kunz im Nachhinein fest.
Anders als in den Vereinigten Staaten, wo sich Golfplätze in der Regel über den Verkauf von Wohneigentum am Rande der Golfplätze finanzieren, steht und fällt das Betreibermodell eines Golfplatzes in Deutschland in der Regel mit der Anzahl der zahlenden Golfspieler. Das war in den ersten Jahren des Golfsports in Deutschland noch ganz anders, erinnert sich Professor Kunz. In den 50er und 60er Jahren gab es genug Geld, so einen Club auch mit wenigen Leuten auf die Beine zu stellen. In den 80er Jahren sah es schon anders aus. Da musste das Kapital für die dringend benötigten neuen Golfplätze schon von Investoren eingesammelt werden, die auch noch etwas dabei verdienen wollten. Je nach Ausstattung und Modell waren schon damals mehrere Millionen D-Mark für den Grundstückserwerb und die Bauten notwendig, bevor überhaupt der erste Golfer abschlagen konnte.
Seite 2: Grünflächenpflege größter Posten im Etat
Hinzu kommen die jährlichen Betriebskosten für den laufenden Unterhalt eines Golfplatzes. Größter Posten im Etat ist dabei jedes Jahr die Grünflächenpflege, das sogenannte Greenkeeping. Zwischen 45 und 55 Prozent des Gesamtetats eines Golfplatzes fließen nach Angaben des Baden-Württembergischen Golfverbandes in diese Position ein. Für einen durchschnittlichen Golfplatz bedeutet das zwischen 300 000 und 500 000 Euro an jährlichen Fixkosten neben den Kosten für die Grundstückspacht oder Zins und Tilgung für Grundstück und Gebäude. „Natürlich können Sie beim Greenkeeping auch sparen”, so Geschäftsführer Horlacher, „letztendlich ist das aber eine Frage, wie hoch Sie den Pflegestandard des Platzes ansetzen wollen.” Die meisten der 95 Golfplätze in Baden-Württemberg kommen mittlerweile finanziell gut über die Runden, weiß Verbandsgeschäftsführer Gehring. Allerdings gelte auch für Golfplätze das Gleiche wie für alle anderen Immobilien. „Es kommt immer auch auf die Lage an.” Das sieht auch Siegfried Kunz so. „Der Golfspieler muss den Golfplatz in einer halben Stunde bis maximal 40 Minuten von zu Hause erreichen können.”
Hier profitierten vor allem stadtnahe Anlagen in Metropolregionen, während Golfplätze in strukturschwachen Regionen immer wieder zu kämpfen hätten, ist die Erfahrung von BWGV-Geschäftsführer Gehring. Für die Akzeptanz eines Golfplatzes spielt nach Meinung von Professor Kunz vor allem der Faktor Natur eine wichtige Rolle. Je schöner die Anlage, um so größer sei auch der Erholungseffekt, glaubt er.
Um den Ansprüchen gerecht zu werden, haben die Golfplatzbetreiber in den letzten Jahren dazulernen müssen. Wo früher Clubvorstände sich ehrenamtlich um den Golfplatz kümmerten, managen heute hauptamtliche Geschäftsführer den im Durchschnitt eine Million Euro großen Etat eines Golfplatzbetriebes. „Wir verstehen uns als moderne Dienstleister, die wirtschaftliche und sportliche Interessen in Einklang bringen müssen”, erläutert Reiner Horlacher. Das ist nicht immer ganz einfach.
Zum Beispiel dann, wenn die Bedürfnisse der zahlenden Mitglieder und der Gastronomie in Einklang gebracht werden müssen. Viele der Restaurationsbetriebe auf den Golfplätzen sind verpachtet. Jetzt können die wenigsten Gastronomen von den Golfern allein leben. Um an zusätzliche Einnahmen zu kommen, nehmen diese dann auch Konfirmationen, Geburtstagsfeiern und Hochzeiten an. Das führt bei Hochbetrieb am Wochenende zu Konflikten mit den Mitgliedern, weshalb einige Clubs dazu übergegangen sind, die Gastronomie wieder in Eigenregie zu führen.
Seite 3: Fast alle Clubs suchen neue Mitglieder
Das Geld für den Betrieb eines Golfclubs kommt zum größten Teil von den Mitgliedern, die im Schnitt pro Jahr zwischen 1000 und 1500 Euro bezahlen. Hinzu kommen je nach Club noch Aufnahmegebühren und ein einmaliger Investitionskostenzuschuss für den Club. Kinder und Jugendliche sind in vielen Golfclubs von diesen Kosten befreit oder zahlen nur einen geringen Jahresbeitrag, der auch nicht höher als in einem anderen Sportverein sei, erläutert der BWGV-Geschäftsführer. Andere Einnahmequellen für die Vereine sind Golfturniere und Sponsorenveranstaltungen.
Sorgen bereitet den Golfclubs die zunehmende Überalterung der Mitglieder. „Die Gründergeneration ist jetzt im Rentenalter”, stellt Siegfried Kunz nüchtern fest. „Es gibt fast keinen Club, der nicht neue Mitglieder sucht”, ist auch die Erfahrung von Rainer Gehring. Um neue Mitglieder an den Sport heranzuführen, findet man neben den traditionellen 18-Loch-Anlagen immer öfter noch eine oder mehrere 9-Loch-Anlagen, die als öffentliche Golfplätze ausgelegt sind, wie beispielsweise auf dem Golfplatz Schönbuch bei Holzgerlingen.
Dort kann jeder mit Platzreife spielen. Für Rainer Gehring sind diese kleinen Plätze ohnehin die Zukunft. „Viele berufstätige Menschen, denen der Golfsport Spaß macht, haben heute gar nicht mehr die Zeit, 18-Loch am Stück zu spielen.” Und so mancher angehende Golfer sei auf einem 9-Loch-Platz erst so richtig auf den Geschmack gekommen.